Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen Alters für schwerbehinderte Menschen. Auslegung eines Antrags
Orientierungssatz
1.Maßgebliche Vorschrift für den Rentenbeginn des Klägers ist § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI, der auch im Rahmen von § 236 a Satz 1 Nr. 2 SGB VI a. F. Anwendung findet (BSG, Urteil vom 26. Juli 2007, B 13 R 44/06 R, zitiert nach juris).
2.Für den angegangenen Leistungsträger muss aus dem Rentenantrag erkennbar sein, dass und welche Sozialleistung der Antragsteller begehrt. Ein einmal gestellter Rentenantrag ist grundsätzlich auf die dem Versicherten nach Lage des Sachverhalts günstigste Leistung gerichtet (so genanntes “Günstigkeitsprinzip„).
3.Hat der Kläger sowohl in dem Kurzformularantrag vom 20. Juni 2001 als auch in dem von ihm am 16. August 2001 unterschriebenen Antrag auf Versichertenrente nach dem Formular R 100 der Beklagten lediglich eine “Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit (EM-Rente)„ bzw. eine “Rente wegen Erwerbsminderung„ beantragt, indem er nur diese beiden Rentenarten in den jeweiligen Vordrucken ankreuzte, obwohl beide Vordrucke auch Kästchen für die weiteren Rentenarten, auch eine Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und Schwerbehinderung/Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit enthalten, war nach dem gemäß § 133 BGB maßgeblichen Empfängerhorizont der Beklagten erkennbar, dass der Kläger gerade keine Altersrente anstrebte.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. August 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der 1942 geborene Kläger begehrt von der Beklagten einen früheren Beginn seiner Altersrente für schwerbehinderte Menschen, nämlich ab der Vollendung seines 60. Lebensjahres.
Auf Antrag des Klägers vom 02. November 1999 bei der Landesversicherungsanstalt Berlin, der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte), hatte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Juni 2000 dem Kläger für die Zeit ab 01. November 1999 - nach einem Versicherungsfall vom 02. Juni 1998 - eine Rente wegen Berufsunfähigkeit gewährt; ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit war abgelehnt worden. Die Rente war für die Zeit ab 01. Dezember 1999 wegen Überschreitens des zulässigen Hinzuverdienstes (Arbeitslosengeld ab November 1999) nicht ausgezahlt worden.
Nach Beendigung seines Krankengeldbezuges (29. November 1999) hatte der Kläger ab dem 30. November 1999 Arbeitslosengeld erhalten, das er bis zum 16. Juli 2002 bezog.
Am 20. Juni 2001 erschien der Kläger in der Auskunfts- und Beratungsstelle der Beklagten Berlin-Mitte und beantragte auf einem verkürzten Formvordruck eine “Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit (EM-Rente)„. Ihm wurden Vordrucke hierfür ausgehändigt.
Mit einem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 25. Juni 2001 bescheinigte die Beklagte, dass der Kläger dem Grunde nach die Voraussetzungen für eine Altersrente mit einem frühest- möglichen Rentenbeginn ohne Rentenabschläge nach § 236 a SGB VI ab 01. März 2002 erfülle, da er am 16. November 2000 berufsunfähig gewesen sei.
Am 18. August 2001 ging bei der Beklagten der Formularvordruck R 100 “Antrag auf Versichertenrente aus der Rentenversicherung der Arbeiter„ ausgefüllt und unterschrieben vom Kläger ein. Als “Beantragte Rente„ ist in dem Vordruck “Rente wegen Erwerbsminderung„ angekreuzt, nicht die - u. a. - ebenfalls vorgesehene “Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres für Versicherte, die berufs- oder erwerbsunfähig sind„. Ein in der Rubrik “Beantragte Rente„ angekreuztes Kästchen “Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres„ ist durchgestrichen. Im Übrigen sind in dem Vordruck sowohl die Fragen “Bei einem Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung„ als auch solche “Bei Antrag auf Altersrente„ durch Ankreuzen von Kästchen beantwortet. Der Kläger gab in dem Vordruck auch seinen Bezug von Arbeitslosengeld an. Die Frage, ob der Rentenantragstellung eine Aufforderung des Arbeitsamtes zugrunde liege, beantwortete er nicht.
Mit Bescheid der Beklagten vom 02. Oktober 2001 wurde der Antrag abgelehnt, weil eine volle Erwerbsminderung nicht vorliege. Es bestehe weiterhin ein Anspruch auf die bisher bezogene Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Mit dem am 29. Oktober 2001 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch bat der Kläger, “nochmals den Antrag auf Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit zu prüfen„ unter Beiziehung ärztlicher Unterlagen.
Mit Schreiben vom 31. Januar 2002 informierte die Beklagte den Kläger wie folgt:
“Sie beziehen derzeit eine Rente wegen Berufsunfähigkeit und vollenden demnächst das 60. Lebensjahr. Sie haben dann möglicherweise einen - höheren - Anspruch auf vorgezogene Altersrente, wenn die Wartezeit sowie weitere persönliche und besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen erfüllt sind und bestimmte Hinzuverdienstgrenzen nicht überschritten werden. Die vorgezogene Altersrente wird - ggf. vermindert um einen Ren...