Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Befreiung von der Versicherungspflicht eines Rechtsanwalts. Beschäftigungsbezogenheit bei durch einen Formularbescheid erteilter Befreiung. Arbeitgeberwechsel
Orientierungssatz
1. Der Verwaltungsakt über die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht in einem Formularbescheid bezieht sich nicht auf den Beruf als solchen oder einen bestimmten Beschäftigungstypus, sondern lediglich auf die konkret ausgeübte Beschäftigung (vgl BSG vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R = BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, vom 22.3.2018 - B 5 RE 5/16 R = SozR 4-2600 § 6 Nr 16, vom 28.6.2018 - B 5 RE 2/17 R = SozR 4-2600 § 6 Nr 17 sowie vom 13.12.2018 - B 5 RE 1/18 R = BSGE 127, 147 = SozR 4-2600 § 6 Nr 18 und B 5 RE 3/18 R = SozR 4-2600 § 6 Nr 19). Aufgrund des so zu verstehenden Regelungsgehalts entfaltet der Verwaltungsakt mit Beendigung der konkreten Beschäftigung keine Rechtswirkungen mehr.
2. Die gleichlautenden Formulierungen in Formularbescheiden schließen eine Geltung der Befreiung für Folgebeschäftigungen demnach aus (Anschluss an BSG vom 13.12.2018 - B 5 RE 1/18 R aaO und B 5 RE 3/18 R aaO).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger aufgrund eines Bescheids der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; Rechtsvorgängerin der Beklagten) vom 27. Juni 2000 für seine bei der Beigeladenen zu 2) - einer Bank - ausgeübte Beschäftigung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist.
Der 1964 geborene Kläger ist Volljurist. Er ist seit Ende der 1990er Jahre Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer Berlin sowie der von dem Beigeladenen zu 1) betriebenen berufsständischen Versorgungseinrichtung.
Ab dem 1. April 2000 war der Kläger als Rechtsanwalt bei der Kanzlei K & S angestellt.
Am 26. Mai 2000 stellte der Kläger unter Hinweis auf seine Rechtsanwaltstätigkeit für die vorgenannte Kanzlei bei der BfA einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Mit Bescheid vom 27. Juni 2000 befreite die BfA den Kläger nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ab dem 1. April 2000 von der Rentenversicherungspflicht. Der formularmäßig gestaltete Bescheid lautet nach der Grußformel wie folgt:
„Auf Ihren Antrag werden Sie von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit.
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Eingangsdatum des Befreiungsantrags |
26.05.2000 |
Beginn des Beschäftigungsverhältnisses bzw. der derzeitigen Versicherungspflicht |
01.04.2000 |
Art der Beschäftigung (…) |
Rechtsanwalt |
Beginn der Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung (…) |
01.04.2000 |
Versorgungseinrichtung Versorgungswerk der Rechtsanwälte Berlin 14163 Berlin |
Beginn der Befreiung 1. April 2000 |
(…) Die Befreiung gilt für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung unter Beibehaltung der Pflichtmitgliedschaft in der jeweiligen Berufskammer, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu zahlen wären. Die Wirkung der Befreiung ist grundsätzlich auf die jeweilige berufsständische Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt.
Die Befreiung erstreckt sich, sofern die Pflichtmitgliedschaft in der Berufskammer weiterhin besteht, auch auf andere nicht berufsständische versicherungspflichtige Beschäftigungen oder Tätigkeiten, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt sind und Sie insoweit satzungsgemäß verpflichtet sind, einkommensbezogene Beiträge zur Versorgungseinrichtung zu zahlen.“
Es folgen die Rechtsbehelfsbelehrung und anschließend der Text:
„Die BfA hat bei Wegfall der Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches aufzuheben.
Sie sind daher verpflichtet, der BfA die Umstände anzuzeigen, die zum Wegfall der Voraussetzungen für die Befreiung führen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn
- die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung endet
- die Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer endet
- Versorgungsabgaben nicht mehr in der dem Einkommen entsprechenden Höhe zu entrichten sind.
Die Befreiung endet erst mit der förmlichen Aufhebung durch die BfA.
Die als Anlage beigefügte Durchschrift dieses Bescheides ist dem jeweiligen Arbeitgeber bzw. der Stelle auszuhändigen, die sonst zur Zahlung der Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung der Angestellten verpflichtet wäre.
Falls Sie inzwischen Ihren Arbeitgeber gewechselt haben, bitten wir den früheren (vorherigen) Arbeitgeber von der Befreiung zu verständi...