Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusatzversorgung der technischen Intelligenz. persönliche Voraussetzungen. Diplom-Chemiker. Verschuldenskosten. Zusatzversorgung der technischen Intelligenz der DDR für Diplomchemiker
Leitsatz (redaktionell)
1. In der DDR gehörten Diplomchemiker nicht zur Berufsgruppe mit Anspruch auf Zusatzversorgung der technischen Intelligenz.
2. Ob auf die Rentenberechnung Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem der DDR anzurechnen sind, richtet sich nach dem Recht und den Ausführungsbestimmungen der DDR. Dabei ist das Sprachverständnis der DDR zugrunde zu legen. Die Auslegung erfolgt jedoch nach den Kriterien des Bundesrechts, insbesondere unter Beachtung des Gleichheitssatzes. Auslegung und Rechtsanwendung durch Stellen der DDR sind nicht maßgeblich.
3. Verschuldenskosten wegen der Fortführung der Berufung können auferlegt werden, wenn die Berufung offensichtlich unbegründet ist und sie von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss.
Normenkette
AAÜG § 1 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2, § 5 Abs. 1 S. 1, § 8 Abs. 1 S. 1, § 8 Anl. 1 Nr. 1; 2. DB zur VO-AVItech-DDR § 1 Abs. 1 S. 1; IngVO-DDR § 1; SGB VI § 149 Abs. 5; SGG § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; BVerfGG § 34 Abs. 2
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Neuruppin vom 27. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten; dem Kläger werden Verschuldenskosten in Höhe von 225,- € auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, die Zeiträume vom 05. November 1973 bis 30. April 1974 und vom 10. November 1975 bis zum 24. Mai 1976 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Der 1951 geborene Kläger schloss am 01. Juni 1973 das Studium der Chemie, Fachstudienrichtung Verfahrenschemie ab. Durch Urkunde der Technische Hochschule für Chemie “Carl Sch.„ Leuna-Merseburg wurde ihm am 01. September 1973 der akademischen Grad “Diplom-Chemiker„ verliehen.
In der Zeit vom 05. November 1973 bis 30. April 1974 und vom 10. November 1975 bis zum 24. Mai 1976 war er nach eigenen Angaben als Schichtingenieur im VEB Isolierwerk Z tätig. Vom 02. Mai 1974 bis zum 31. Oktober 1975 leistete er Grundwehrdienst. Ab dem 25. Mai 1976 nahm er dann eine Tätigkeit an der Akademie der Wissenschaften der DDR auf, die er nach seinen Angaben bis Dezember 1990 ausübte.
Eine Versorgungszusage wurde ihm nicht erteilt; er hat auch nicht vorgetragen, einen einzelvertraglichen Anspruch auf eine derartige Zusage gehabt zu haben. Der Freiwilligen-Zusatzrenten-Versicherung (FZR) trat der Kläger nach eigenen Angaben nicht bei.
Am 23. Januar 2006 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften für die Zeit von Mai 1976 bis Dezember 1990 für das Zusatzversorgungssystem der Nr. 5 der Anlage 1 zum AAÜG für eine Tätigkeit als Technologe und Giftbeauftragter an der Akademie der Wissenschaften der DDR. Am 01. Juni 2006 stellte er ergänzend zur Niederschrift bei der Beklagten den Antrag, auch die Zeiten vom 05. November 1973 bis 30. April 1974 und 10. November 1975 bis 24. Mai 1976 als Zusatzversorgungszeiten zu berücksichtigen und zu überführen.
Mit Bescheid vom 19. Juli 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Oktober 2006 stellte die Beklagte die Anwendbarkeit des AAÜG nach § 1 AAÜG für den Kläger und die Zeit vom 25. Mai 1976 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der wissenschaftlichen Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften zu Berlin und der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin sowie die während dieser Zeiten erzielten Entgelte fest. Seinen Antrag vom 01. Juni 2006, die Beschäftigungszeiten vom 05. November 1973 bis 30. April 1974 und vom 10. November 1975 bis zum 24. Mai 1976 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem System der zusätzlichen Altersversorgung gemäß Anlage 1 zum AAÜG festzustellen, lehnte sie hingegen ab. Es habe keine positive Versorgungszusage zu Zeiten der DDR bestanden. Auch habe der Versicherte keinen Anspruch darauf gehabt. Er sei schon nicht zur Führung des Titels eines Ingenieurs berechtigt gewesen.
Mit seiner hiergegen am 25. Oktober 2006 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass er die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVItech erfüllt habe. Ein Diplom-Chemiker sei von der Ausbildung her dem Ingenieur gleichgestellt gewesen. Im streitgegenständlichen Zeitraum sei er als Schichtingenieur tätig gewesen und habe Aufgaben wahrgenommen, die dem Tätigkeitsbild eines Ingenieurs entsprächen. Für diese Planstelle sei ursprünglich ein Diplomingenie...