Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Genehmigungsfiktion. befundgestützter Leistungsantrag
Leitsatz (amtlich)
Der Eintritt der Fiktionswirkung gem § 13 Abs 3a SGB 5 setzt einen befundgestützten Leistungsantrag des Versicherten voraus.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Juli 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme für eine Operation.
Die Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Mit Schreiben vom 24. Juni 2015 beantragte sie bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Bauchdeckenstraffung und Brustvergrößerung. Sie verwies darauf, dass sie nach der Geburt ihrer Kinder zunächst stark Gewicht zugenommen habe, das sie in letzter Zeit auf Anraten diverser Ärzte wieder reduziert habe. Seitdem seien ihre Brüste und ihr Bauch nur noch herunterhängende Hautlappen. Weil sie ihre Hautreizungen einigermaßen im Griff habe, verfüge sie nicht über ärztliche Atteste. Der bestehende Zustand mit den Hautlappen würde sie aber an der Teilnahme am Leben außerhalb ihrer Familie hindern. Sie beziehe seit 2012 Erwerbsunfähigkeitsrente wegen einer psychischen Störung. Diese habe sich durch die Ausbildung der Hautlappen nicht gebessert. Falls die Beklagte weitere Darlegungen, Formulare oder Fotos benötige werde um kurze Mitteilung gebeten.
Die Beklagte fertigte ein Schreiben vom 07. Juli 2015, in dem sie von der Klägerin für eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) einen Arztbericht, eine Fotodokumentation, eine Verordnung von Krankenhausbehandlung sowie Angaben zu Körpergröße und -gewicht einschließlich des Gewichtsverlaufs der letzten zwei Jahre sowie eine gegebenenfalls vorhandene Bescheinigung über eine dermatologische Behandlung anforderte. In einem weiteren Schreiben vom 3. September 2015 setzte die Beklagte eine Frist bis zum 30. September 2015 und wies darauf hin, dass eine Sozialleistung gemäß § 66 Sozialgesetzbuch Erstes Buch versagt werden könne, wenn der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkomme. Mit Bescheid vom 06. Oktober 2015 versagte die Beklagte dann der Klägerin die beantragte Kostenübernahme, weil sie ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei.
Die Klägerin legte mit Schreiben vom 12. Oktober 2015 Widerspruch ein. Das Schreiben, mit dem sie zur Mitwirkung aufgefordert worden sei, habe sie nicht erhalten. Sie werde nach Zugang des Schreibens ihrer Mitwirkungspflicht nachkommen.
Am 14. Dezember 2015 ist bei dem Sozialgericht Berlin die vorliegende Klage eingegangen. Unter Hinweis auf die in § 13 Abs. 3a Satz 6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) angeordnete Fiktionswirkung hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung der beantragten Mammaaugmentation und Abdominoplastik begehrt.
Die Beklagte hat den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2016 zurückgewiesen. Ihre Leistungspflicht setze das Vorliegen einer Krankheit voraus. Das habe nicht geprüft werden können, weil die Klägerin ihre Mitwirkung verweigere.
Das Sozialgericht hat die Klägerin aufgefordert, an der weiteren medizinischen Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Der Rechtsauffassung, wonach die beantragte Leistung bereits als genehmigt zu gelten habe, werde nicht gefolgt. § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V beschränke sich auf einen Kostenerstattungsanspruch. Die Klägerin hat dazu erklärt, dass angesichts des Eingreifens der Genehmigungsfiktion eine weitere Sachaufklärung nicht nötig sei. Daraufhin hat das Sozialgericht die Klage durch Urteil vom 08 Juli 2016 abgewiesen. Die Ablehnung des Antrages wegen fehlender Mitwirkung sei rechtmäßig. Die Beklagte habe das Recht, die Notwendigkeit der geplanten Versorgung begutachten zu lassen, woraus die Pflicht der Versicherten folge, gegebenenfalls an einer persönlichen Untersuchung mitzuwirken. Die Klägerin sei aber bei ihrer Auffassung geblieben, dass eine Begutachtung nicht erforderlich sei. Die Notwendigkeit einer Begutachtung sei aber nicht deswegen entfallen, weil der Antrag bereits als genehmigt gelten würde. Zwar sei die Frist des § 13 Abs. 3a SGB V bei der Entscheidung der Beklagten vom 06. Oktober 2015 bereits abgelaufen gewesen. Indessen sei der von der Klägerin gestellte Antrag nicht hinreichend bestimmt gewesen, so dass die Genehmigungsfiktion nicht habe eingreifen können. Der Antrag lasse bereits den Umfang der beabsichtigten Bauchdeckenstraffung und Brustvergrößerung nicht erkennen. Auch sei nicht ersichtlich, ob die Maßnahme stationär oder ambulant durchgeführt werden und welcher Leistungserbringer tätig werden solle. Es könne offenbleiben, ob die Klägerin, die den Antrag ohne fachliche Befürwortung durch einen Arzt gestellt habe, den Eingriff für erforderlich halten durfte. Auch könne offenbleiben, ob die beantragte Maßnahme im konkreten Fa...