Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einer im Krankenhaus tätigen Krankenpflegerin

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

2. Ist eine ausgebildete Krankenschwester in der stationären Krankenpflege in einem Krankenhaus tätig, erhält sie ein festes monatliches Entgelt, ist sie in die Organisation des Krankenhauses eingegliedert und weisungsgebunden und hat sie ein unternehmerisches Risiko nicht zu tragen, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.

3. Allein die Tatsache, dass die Vergütung doppelt so hoch als das Arbeitsentgelt eines vergleichbar eingesetzten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist, führt nicht zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 28. Oktober 2016 und der Bescheid der Beklagten vom 27. November 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2016 geändert und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit für die Klägerin am 28. März 2014, am 04. April, 10. April 2014, am 01. Mai, am 08. bis 10. Mai, am 24. Mai 2014, am 12. und 13. August 2014, am 28. und 29. März 2015, am 09. April, 23. und 28. April 2015, am 13. und 14. Juni 2015 nicht der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt 3/4, die Beklagte trägt 1/4 der Kosten des Verfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1) in allen Zweigen der Sozialversicherung wegen Beschäftigung bei der Klägerin an einzelnen Tagen zwischen dem 28. März 2014 und dem 14. Juni 2015 versicherungspflichtig war.

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), mit Sitz in, betreibt als Krankenhausträger die sowie das (), zwei nach dem Landeskrankenhausplan zugelassene Krankenhäuser.

Die 1970 geborene Beigeladene zu 1) ist ausgebildete Krankenschwester und staatlich anerkannte Gesundheits- und Krankenpflegerin für Intensivmedizin und Anästhesie. Sie ist seit 1995 im fest angestellt, 2014/2015 im Umfang von wöchentlich 29,25 Stunden. Die Beigeladene zu 1) hatte sich auf einem Online-Portal einer Vermittlungsagentur für selbstständige medizinische Fachkräfte, die deutschlandweit arbeitet, registriert.

Die Beigeladene zu 1) erbrachte im Auftrag der Klägerin für diese Leistungen der stationären Krankenpflege in den beiden o.g. Krankenhäusern. Dazu schlossen beide, beginnend ab dem 28. März 2014, insgesamt 15 inhaltlich gleichlautende Dienstleistungsvereinbarungen (DV) über entsprechende einzelne Tätigkeitszeiträume, teilweise im Umfang von acht Stunden (zu leisten als Nachtschicht), teilweise auch an zwei aufeinanderfolgenden Kalendertagen (bzw. entsprechenden Nächten). Vereinbarte Einsatzorte und als “Auftraggeber„ mitgenannt waren nach den Einzel-DV entweder das oder die . Die Auftragsvergabe für die Einzeleinsätze erfolgte, indem sich die Beigeladene zu 1) auf dem Online-Portal auf Auftragsangebote, d.h. einzelne zeitlich näher bestimmte Einsätze, meldete, welche die Klägerin ihrerseits dort zuvor eingestellt hatte. Die Vermittlungsagentur gab die Meldungen der Beigeladenen zu 1) an die Klägerin weiter, diese konnte dann via E-Mail oder SMS - unter Vermittlung von den Einsatzterminen der Beigeladenen zu 1) gegenüber bestätigen. Diese schloss dann mit der Klägerin die schriftlichen Verträge über die Einsätze. Die von der Beigeladenen zu 1) geleisteten Einsätze bestätigte die Klinik, vertreten z.B. durch die Leitung der Station, auf einem “Dienstleistungsnachweis„ schriftlich gegenüber der Beigeladenen zu 1), den diese an die Vermittlungsagentur weiterleitete. Die Vermittlungsagentur erstellte die Rechnung an die Klägerin im Namen der Beigeladenen zu 1) als Serviceleistung.

Die einzelnen Zeiträume betrafen konkret:

Datum 

Arbeitszeit (Uhr)

Ort/Einsatzbereich

28.03.2014

06:00 bis 14.30

Achenbach Khs./ ITS

28. + 29.03.2014

22:00 bis 06:30

Spreewaldklinik/ ITS

04.04.2014

13:30 bis 22:00

Achenbach Khs./ ITS

09.04.2014

06:00 bis 14.30

Spreewaldklinik/ ITS

10.04.2014

21:45 bis 06:15

Achenbach Khs./ ITS

23.04.2014

22:00 bis 06:30

Spreewaldklinik/ ITS

02.05.2014

21:45 bis 06:15

Achenbach Khs./ ITS

08. + 09.05.2014

06:00 bis 14.30

Achenbach Khs./ ITS

10.05.2014

06:00 bis 12:00

Achenbach Khs./ ITS

12. + 13.08.2014

07:00 bis 15.30

Achenbach Khs./ Anästhesie

28. + 29.0...

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