Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsausbildungsbeihilfe. Einkommensanrechnung. Einkommen aus Nebentätigkeit. Berücksichtigung von Änderungen nach der Bewilligungsentscheidung
Orientierungssatz
Der Bewilligungsbescheid kann abweichend von § 71 Abs 2 S 2 Nr 1 SGB 3 nach § 48 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB 10 aufgehoben werden, wenn Einkünfte aus einer Nebentätigkeit zusätzlich zur Ausbildungsvergütung nach § 71 SGB 3 angerechnet wurden, dieses Nebeneinkommen aber nach der Bewilligung der Berufsausbildungsbeihilfe weggefallen ist.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. November 2004 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch für das Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob bei der Berechnung der der Klägerin für den Zeitraum 1. Februar 2004 bis 31. März 2005 bewilligten Berufsausbildungsbeihilfe eigenes Einkommen aus einer Nebentätigkeit als Übungsleiterin zu berücksichtigen ist.
Die 1981 geborene Klägerin schloss im Jahre 2002 ihre schulische Ausbildung ab. Seit dem 29. September 2003 und bis einschließlich 28. September 2006 absolviert sie eine Berufsausbildung zur Veranstaltungskauffrau. Am 29. September 2003 beantragte sie bei der Beklagten die Bewilligung einer Berufsausbildungsbeihilfe. Sie gab an, im ersten Ausbildungsjahr eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 250,00 Euro, im zweiten von 262,50 Euro und im dritten von 275,63 Euro voraussichtlich zu beziehen. Außerdem erklärte sie, aus einer nebenberuflichen Tätigkeit als Übungsleiterin im Zeitraum von 18 Monaten ab Beginn der Ausbildung, vom 1. Oktober 2003 bis zum 31. März 2005, Einkünfte in Höhe von insgesamt 3600,00 Euro (entsprechend 200,00 Euro monatlich) erzielen zu werden.
Mit Bescheid vom 5. Dezember 2003 bewilligte die Beklagte der Klägerin Berufsausbildungsbeihilfe zunächst für die Zeit vom 1. Oktober 2003 bis zum 31. März 2005 in Höhe von monatlich 71,00 Euro. Im Rahmen der Berechnung legte die Beklagte dabei eigenes Einkommen der Klägerin in Höhe von 367,61 Euro zu Grunde. Bei der Berechnung des Anrechnungsbetrages hatte die Beklagte die auf den 18-Monatszeitraum entfallende Ausbildungsvergütung zugrunde gelegt und von dem Einkommen aus der Übungsleitertätigkeit (200,00 Euro) einen Freibetrag in Höhe von 87,00 Euro abgezogen. Dieser Bewilligungsbescheid wurde bestandskräftig.
Mit Antrag vom 27. Januar 2004 bat die Klägerin um eine Neuberechnung ihrer Berufsausbildungsbeihilfe, weil sie ihre Nebentätigkeit als Übungsleiterin in Folge gesundheitlicher Probleme aufgeben müsse. Mit Bescheid vom 28. Januar 2004 lehnte die Beklagte dies ab. Gemäß § 71 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III sei bei Errechnung des anrechenbaren Einkommens nämlich das Einkommen des Auszubildenden maßgebend, das zum Zeitpunkt der Antragstellung absehbar sei; Änderungen seien nur bis zum Zeitpunkt der Entscheidung - vorliegend also bis zum 5. Dezember 2003 - zu berücksichtigen. Daraus folge, dass Änderungen nach der Entscheidung über den Antrag nicht berücksichtigt werden dürften. Eine Änderung nach den allgemeinen Aufhebungsvorschriften der §§ 44 und 48 SGB X komme nicht in Betracht. Die in § 71 SGB III enthaltene Regelung sei nämlich eine Spezialvorschrift, die den allgemeinen Regelungen vorgehe.
In ihrem hiergegen erhobenen Widerspruch trug die Klägerin erneut vor, ihre Nebentätigkeit aus schwerwiegenden gesundheitlichen Gründen ab dem 1. Februar 2004 nicht mehr ausüben zu können. Damit sei ihr monatliches Einkommen um durchschnittlich 200,00 Euro geringer. Von dem Ausbildungsgehalt in Höhe von 250,00 Euro und der Berufsausbildungsbeihilfe in Höhe von 71,00 Euro könne sie nicht leben.
Mit Bescheid vom 24. Februar 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und hielt an ihrer Auffassung fest, dass § 71 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III es verbiete, Einkommensentwicklungen nach Erlass des Bewilligungsbescheides - hier: 5. Dezember 2003 - zu berücksichtigen. Entscheidend dürfe allein das zu erwartende Einkommen bei Antragstellung sein.
Mit der am 22. März 2004 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Ein Bandscheibenvorfall verhindere ihre weitere Tätigkeit als Übungsleiterin. Die maßgebliche Änderung ihrer Einkommensverhältnisse müsse die Beklagte durch eine Neuberechnung ab Februar 2004 berücksichtigen. Sie sei ja auch gehalten, positive Veränderungen ihres Einkommens anzugeben. Ihre schlechte Stellung aufgrund der Erkrankung stelle eine soziale Ungerechtigkeit dar und belaste sie außerordentlich stark. Sie wisse einfach nicht mehr, wie sie ihr Leben gestalten solle. Auch das Sozialamt könne ihr nicht helfen und verweise sie auf die Berufsausbildungsbeihilfe. Dies sei ihr bei einer Vorsprache im Sozialamt ausdrücklich mitgeteilt und auch schriftlich bestätigt worden. Damit habe das Sozialamt auch Recht, denn sie habe ja einen vorrangigen Anspruch auf Berufsausbildun...