Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunfts- und Heizkosten. Ermittlung der Angemessenheitsgrenze für Zweipersonenhaushalt anhand des Berliner Mietspiegels. Wohnflächengrenze. Betriebskosten. Kostensenkungsaufforderung. Zumutbarkeit des Wohnungswechsels. Alleinerziehende. Unterkunftskosten. Heizkosten. Angemessenheit. Zweipersonenhaushalt. Mietspiegel. Kostensenkung. Aufforderung. Zumutbarkeit. Wohnungswechsel
Orientierungssatz
1. Die Angemessenheit der Unterkunftskosten in Berlin richtet sich nach der im sozialen Wohnungsbau anerkannten Wohnraumgröße und nach dem sich aus der Berliner Mietspiegeltabelle 2007 ergebenden durchschnittlichen Mittelwert für einfache Wohnlagen und Ausstattungen für Neu- und Altbauten.
2. Für einen Zweipersonenhaushalt ist somit in Berlin eine Wohnfläche von 60 qm und eine Nettokaltmiete von 273 Euro als angemessen anzusehen.
3. Zur Ermittlung der durchschnittlichen kalten Betriebskosten und Heizkosten.
4. Zur Zumutbarkeit des Wohnungswechsels einer Alleinerziehenden mit einem 2-jährigen Kind nach Kostensenkungsaufforderung.
Normenkette
SGB II §§ 7, 9, 22
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerinnen gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 03. April 2008 wird zurückgewiesen.
Die Berufung der Klägerinnen gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 23. April 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für beide Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerinnen begehren von dem Beklagten höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), hier die Übernahme höherer Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 620,--€ monatlich für die Zeit vom 1. April 2007 bis 31. März 2008.
Die 19.. geborene Klägerin zu 1) und ihre 19.. geborene Tochter, die Klägerin zu 2) bewohnen unter der aus dem Rubrum ersichtlichen Anschrift seit dem 1. Oktober 2003 eine 91 qm große Zweizimmerwohnung, für die sie ab Januar 2006 eine Bruttowarmmiete von 620,-- Euro monatlich zu entrichten hatten. Die Klägerin zu 1) bezog von der Bundesagentur für Arbeit bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe. Im März 2007 erhielten die Klägerinnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 1.031,00 EUR, wobei der Beklagte insgesamt Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 620,00 EUR monatlich anerkannte (Bescheid vom 22. September 2006; Änderungsbescheid vom 22. Januar 2007).
Mit Schreiben vom 08. Juni 2006 teilte der Beklagte den Klägerinnen mit, dass nach den ihm vorliegenden Unterlagen die jetzige Miete nicht angemessen sei, wobei angemessen sei bei einem 2-Personen-Haushalt eine Bruttowarmmiete in Höhe von 444,00 EUR, und gab ihnen gleichzeitig Gelegenheit zur Stellungnahme.
Mit Schreiben vom 21. Juni 2006 bat die Klägerin zu 1), von Maßnahmen zur Senkung der Mietbelastung abzusehen, da sie seit März dieses Jahres wieder bei der ZBF als arbeitsuchend gemeldet sei und sie außerdem zur Wiedereingliederung in ihren Beruf als Regisseurin zurzeit einen Kurzfilm produziere, der im Februar im Rahmen eines Berlinale Projekts laufen solle. Sie habe sich fest vorgenommen, wieder voll in den Beruf einzusteigen, wenn ihre Tochter 2 Jahre alt sei (März 2007) und sie dann eine dementsprechende Betreuungsmöglichkeit habe. Wenn sie sich jetzt um eine neue Wohnung bemühen und einen Umzug organisieren müsste, würde es sowohl ihre Bewerbungsbemühungen als auch ihr Filmprojekt gefährden.
Mit Bescheid vom 30. Juni 2006 teilte der Beklagte der Klägerin zu 1) mit, dass die tatsächlichen Aufwendungen ihrer Unterkunft nur noch bis zum 31. Dezember 2006 anerkannt und übernommen werden könnten. Für die Zeit nach dem 31. Dezember 2006 würden nur noch die Richtwerte für angemessene Kosten der Unterkunft in Höhe von 444,00 EUR monatlich anerkannt werden. Mit ihrem mit Schreiben vom 13. Juli 2006 erhobenen Widerspruch (Eingang bei dem Beklagten: 17. Juli 2006) bat die Klägerin zu 1) zu prüfen, ob eine Überschreitung der Wohnungskosten um 10 % in ihrem Falle übernommen werden könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 07. Februar 2007 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Bruttowarmmiete in Höhe von 620,00 EUR entspreche nicht den Angemessenheitskriterien der AV-Wohnen, sodass die Klägerinnen zur Senkung der Unterkunftskosten haben aufgefordert werden können.
Mit Schreiben vom 02. März 2007 teilte die Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen dem Beklagten mit, dass die mit Bescheid vom 30. Juni 2006 statuierte Umzugspflicht entsprechend § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht bestehe, denn es liege ein atypischer Fall vor, der die Verlängerung der Umzugsfrist rechtfertige. Es sei nämlich absehbar, dass die Klägerin zu 1) demnächst Einkünfte erzielen werde, die es ihr ermöglichen würden, den Arbeitslosengeld-II-Bezug zu beenden. In ihrer Wohnumgebung habe sich die Klägerin zu 1) zudem zwischenze...