Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes. ständige Rechtsprechung iS von § 330 Abs 1 SGB 3. Konkursausfallgeld. Betriebsübergang nach Beendigung eines Vertragsverhältnisses bei Verpachtung eines Theaters
Orientierungssatz
Eine "ständige Rechtsprechung" iS des § 330 Abs 1 SGB 3 ist dann anzunehmen, wenn dazu entsprechende Erkenntnisse des für das Rechtsgebiet, dem die fragliche Norm zuzurechnen ist, typischerweise zuständigen obersten Gerichtshof des Bundes vorliegen. Dies ist für die dem Arbeitsrecht zuzuordnende Vorschrift des § 613a BGB das Bundesarbeitsgericht. Dem Entstehen einer "ständigen Rechtsprechung" iS des § 330 Abs 1 SGB 3 steht nicht entgegen, dass sich das Bundessozialgericht und insbesondere dessen für das Arbeitsförderungsrecht zuständige Senate sich zu der maßgebenden Rechtsfrage bislang nicht geäußert haben (hier hinsichtlich der Rücknahme des Verwaltungsaktes über die Gewährung von Konkursausfallgeld bei Betriebsübergang nach Beendigung eines Vertragsverhältnisses bei Verpachtung eines Theaters).
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger begehrt -- im "Zugunstenverfahren" -- die Gewährung von Konkursausfallgeld.
Der 1965 geborene Kläger war am M-Theater als Tänzer beschäftigt. Dieses Theater bzw. seine Spiel- und Werkstätten hatte das Land B durch einen Überlassungs- und einen Pachtvertrag ab dem 1. August 1996 der M-Theater Betriebsgesellschaft mbH (Arbeitgeberin) überlassen. Zum 31. Juli 1997 kündigte das Land B den Überlassungs- und den Pachtvertrag.
Am 25. Juli 1997 beantragte die Arbeitgeberin (durch ihren Liquidator) die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens.
Der Kläger beantragte am 14. August 1997, ihm Konkursausfallgeld zu gewähren. Offenbar am 19. August 1997 meldete er sich arbeitslos und beantragte, ihm Arbeitslosengeld zu gewähren.
Am 16. Oktober 1997 wurde das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der Arbeitgeberin eröffnet. Der Gesamtvollstreckungsverwalter kündigte dem Kläger zum 30. November 1997.
Für die Zeit vom 1. August bis 15. Oktober 1997 erhielt der Kläger kein Arbeitsentgelt. Die Beklagte gewährte ihm Arbeitslosengeld ab dem 19. August 1997 in Höhe von 56,60 DM täglich.
Gegenüber dem Land B machte der Kläger den Fortbestand seines durch den Gesamtvollstreckungsverwalter gekündigten Arbeitsverhältnisses geltend.
Mit Bescheid vom 30. Januar 1998 lehnte die Beklagte die Gewährung von Konkursausfallgeld ab, da infolge der Kündigung des Pachtvertrages zum 31. Juli 1997 nach § 613 a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) der Betrieb vor dem Insolvenztag (16. Oktober 1997) auf das Land B übergegangen sei. Die von ihm geltend gemachten Lohnforderungen seien nicht vor dem Zeitpunkt des Betriebsüberganges entstanden. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 20. September 1999 schloss der Kläger mit dem Land B einen Vergleich, wonach beide Parteien einig seien, "dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Gemeinschuldnerin aufgrund fristgemäßer Kündigung des Gesamtvollstreckungsverwalters aus betriebsbedingten Gründen mit dem 30.11.1997 geendet (habe)". Der Kläger erklärte weiter, dass er vorsorglich einem etwaigen Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf das Land widerspreche, das wegen der vom Gesamtvollstreckungsverwalter veranlassten Kündigung an den Kläger eine Abfindung in Höhe von 4.221,-- DM brutto zu zahlen versprach.
Durch ein am 23. September 1999 verkündetes Urteil (8 AZR 166/99) entschied das Bundesarbeitsgericht im Fall einer beim M-Theater als Verwaltungsleiterin beschäftigten Klägerin, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht infolge eines Betriebsüberganges auf das Land B übergegangen sei.
Den vom Kläger am 9. November 1999 gestellten Antrag auf Rücknahme der Ablehnung der Gewährung von Konkursausfallgeld lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. April 2000 ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 2000 zurück, da nach § 152 Abs. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) bzw. § 330 Abs. 1 des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB III) unanfechtbar gewordene rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte, die auf einer Rechtsnorm beruhten, die in ständiger Rechtsprechung anders als durch das Arbeitsamt ausgelegt worden sei, nur für die Zeit nach der Entstehung der ständigen Rechtsprechung aufgehoben werden könnten. Erstmals habe das Bundesarbeitsgericht zu der hier fraglichen Rechtsnorm (§ 613 a BGB) am 18. März 1999 entschieden, dass bei Beendigung des Pachtvertrages nur dann ein Betriebsübergang auf den Verpächter eintrete, wenn dieser den Betrieb tatsächlich weiterführe. Die entsprechende ständige Rechtsprechung sei erst an diesem Tag entstanden. Die Ablehnung beziehe sich jedoch auf davorliegende Zeiträume.
Die am 17. Mai 2000 erhobene Klage hat das Sozialgericht durch Urteil vom 20. November 2000 abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass die Beklagte bei ihrer Ablehnung der Gewährung von Konkursausfallgel...