nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Berlin (Entscheidung vom 23.03.1998; Aktenzeichen S 19 An 1170/97) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. März 1998 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Gewährung einer Waisenrente aus der Versicherung des W.
Die Klägerin, geboren 1985 in M., ist das Stiefkind des Versicherten. Der Versicherte - geboren 1915 - heiratete 1984 in Berlin eine Frau (1945 geboren in M.), die die Klägerin 1992 als Kind annahm. Bereits seit 1987 lebte die Klägerin in der Wohnung des Versicherten und seiner Ehefrau. Der Versicherte befand sich vom 20. Mai bis zum 20. Juni 1996 in stationärer Behandlung im H.-Krankenhaus B., wo er wegen "zunehmender Schwäche" aufgenommen wurde und in einem deutlich reduzierten Allgemeinzustand "nach mehreren Schlaganfällen" (Bericht vom 10. Juli 1996) war. Im ärztlichen Gutachten zur Pflegebedürftigkeit am 18. Juni 1996 heißt es, dass mit einer Besserung der Pflegebedürftigkeit - Stufe II - nicht zu rechnen sei. Er wurde anschließend in den Senioren-Wohnpark E. verlegt, wo er am ... September 1996 verstarb. Seit dem 21. Juni 1996 war er in diesem Seniorenheim polizeilich gemeldet. Er bezog von der Beklagten eine Altersrente von 2.196,26 DM monatlich (Rentenanpassung zum 1. Juli 1996) sowie eine Rente der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder von zuletzt 604,97 DM monatlich. Laut Schreiben der Betriebskrankenkasse Berlin vom 3. September 1999 bekam er Pflegegeld der Stufe II seit April 1995 (800,- DM im Monat).
Im Oktober 1996 beantragte die Mutter Waisenrente für die Klägerin. Mit Bescheid vom 20. November 1996 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab und führte zur Begründung aus, sie könne als Stiefkind keine Waisenrente erhalten, weil "keine häusliche Gemeinschaft zwischen dem Versicherten und dem Kind" zum Zeitpunkt des Todes bestanden habe. Im Widerspruchsverfahren trug die Mutter der Klägerin vor, die Klägerin sei 1987 nach Deutschland in die eheliche Wohnung gekommen, sie hätten vom Einkommen des Versicherten gelebt, sie selbst sei seit 1990 nicht mehr berufstätig gewesen. Der Versicherte sei bis Juni 1996 auch in der gemeinsamen Wohnung gemeldet und wohnhaft gewesen, und erst durch die Verschlimmerung seines Leidens sei es ihr nicht mehr möglich gewesen, ihn alleine zu pflegen. Der Wechsel ins Seniorenheim sei aufgrund des Gesundheitszustandes notwendig geworden. Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 1997 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, Anspruchsvoraussetzung für die Waisenrente an Stiefkinder sei ausschließlich die "Haushaltsaufnahme". Unter dem Begriff der Aufnahme in den Haushalt verstehe die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Eingliederung in die Familiengemeinschaft mit einem dort begründeten Betreuungs- und Erziehungsverhältnis familienhafter Art, die nicht notwendig die volle, überwiegende oder wesentliche Unterhaltsgewährung mit einschließe. Von einem solchen Betreuungs- und Erziehungsverhältnis könne ab 21. Juni 1996 nicht mehr gesprochen werden, als der Versicherte in das Pflegeheim verlegt worden sei, wo er auch polizeilich gemeldet gewesen sei.
Im anschließenden Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen: Ihre Mutter und sie lebten seit über 110 Monaten mit dem Versicherten im gemeinsamen Haushalt, so dass die drei Monate im Pflegeheim nicht die häusliche Gemeinschaft hätten aufheben können. Gemeinsam hätten sie auch bis zum Tode des Versicherten von dessen Rente gelebt; die polizeiliche Ummeldung sei auf Betreiben des Pflegeheimes vorgenommen worden, um die Zahlung durch Sozialamt und Krankenkasse sicherzustellen. Die Klägerin hat beantragt, den Bescheid vom 20. November 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Halbwaisenrente ab 1. Oktober 1996 zu gewähren.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 23. März 1998 der Klägerin nach § 48 Abs. 3 Nr. 1 des 6. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) die begehrte Rente zugesprochen. Das Tatbestandsmerkmal des gemeinsamen Haushalts sei trotz des dreimonatigen Pflegeheimaufenthaltes des Versicherten noch erfüllt. Neben dem im Pflegeheim begründeten neuen Lebensmittelpunkt des Versicherten habe sein bisheriger Lebensmittelpunkt mit seiner Ehefrau und der Klägerin fortbestanden. Der Umstand, dass allein das Krankenhaus die Verlegung in ein Pflegeheim veranlasst habe, könne keine Aufhebung des Lebensmittelpunktes in der ehelichen Wohnung herbeiführen. Obwohl im vorliegenden Fall eine Verbesserung des Gesundheitszustandes des Versicherten wohl nicht zu erwarten gewesen sei, könne dennoch aufgrund der Kürze des Aufenthaltes im Pflegeheim nicht von einer Aufhebung der Haushaltsaufnahme ausgegangen werden. Es sei unbeachtlich, dass der...