Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe des Unterhaltsgeldes. maßgebende Lohnsteuerklasse. Hinweispflicht. Herstellungsanspruch
Orientierungssatz
1. Wurde bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes im Rahmen der Zweckmäßigkeitsprüfung des § 113 Abs 2 S 2 AFG eine fiktive Steuerklasse zugrunde gelegt, und kann diese bei dem anschließenden Unterhaltsgeld nicht berücksichtigt werden, so hat die Bundesanstalt für Arbeit (BA) gemäß § 14 SGB 1 auf diesen Umstand hinzuweisen.
2. Bei Verletzung der Hinweispflicht kann die BA im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches verpflichtet sein, auch bei der Berechnung des Unterhaltsgeldes von der fiktiven Lohnsteuerklasse auszugehen.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des Unterhaltsgeldes (Uhg).
Der 1945 geborene Kläger bezog vom 1. September 1995 an Arbeitslosengeld (Alg) auf der Grundlage eines Bemessungsentgeltes von 1.760,-- DM in Höhe von 721,20 DM wöchentlich (Leistungsgruppe C, erhöhter Leistungssatz). Zum 1. Januar 1996 änderte der verheiratete Kläger seine Steuerklasse von III in Steuerklasse V. Die Beklagte nahm eine Zweckmäßigkeitsprüfung des Steuerklassenwechsels vor und bewilligte mit Änderungsbescheid vom 26. Januar 1996 vom 16. Januar 1996 an Alg in Höhe von 602,40 DM. Dies entsprach dem erhöhten Leistungssatz und der Leistungsgruppe A (Lohnsteuerklasse IV).
Wegen der Teilnahme an einer Fortbildungsmaßnahme vom 11. März 1996 an bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 8. März 1996 Uhg auf der Grundlage eines Bemessungsentgeltes von 1.760,-- DM, der Leistungsgruppe D (Lohnsteuerklasse V) und einem erhöhten Leistungssatz in Höhe von 418,20 DM.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. April 1996 zurück. Soweit die Höhe der Leistung von der auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Lohnsteuerklasse abhänge, sei die Lohnsteuerklasse maßgebend, die zu Beginn des Kalenderjahres eingetragen gewesen sei, in dem der Anspruch entstanden sei. Für den am 11. März 1996 entstandenen Anspruch auf Uhg sei die für 1996 eingetragene Lohnsteuerklasse V maßgeblich.
Die dagegen vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhobene Klage hatte Erfolg. Das SG verurteilte die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 8. März 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. April 1996, dem Kläger für die Zeit vom 11. März bis 31. Oktober 1996 Uhg nach Leistungsgruppe A zu bewilligen. Da die Bemessung des Uhg an das zuletzt erzielte Arbeitsentgelt und damit über § 111 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) an die steuerliche Belastung des Arbeitsentgeltes anknüpfe, umfasse der in § 44 Abs. 8 AFG angeordnete Verweis auch die Vorschrift des § 113 AFG, die den Zusammenhang zwischen Lohnsteuerklasse und Leistungsgruppe regele. Mit den in § 113 Abs. 2 AFG getroffenen Regelungen wolle der Gesetzgeber einerseits einer ungerechtfertigten Beeinflussung der Leistungshöhe durch einen willkürlichen Steuerklassenwechsel entgegenwirken, andererseits vermeiden, daß ein Steuerklassenwechsel nach Verlust von Einkommen stets zu einer niedrigeren Steuerklasse und damit zu einer für den Arbeitslosen ungünstigeren Leistungsgruppe führe. Ausgehend davon lasse sich die Fortgeltung der Leistungsgruppe A für den Uhg-Bezug damit begründen, daß wegen des fortlaufenden Leistungsbezuges § 113 Abs. 2 Satz 4 AFG anzuwenden sei. Bei einem fortlaufenden Leistungsbezug stünden Besonderheiten des Uhg im Anschluß an Alg der von der Beklagten vorgenommenen Leistungsbemessung entgegen. Nach § 44 Abs. 3 Nr. 1 AFG bemesse sich das Uhg bei Teilnehmern, die unmittelbar vor Eintritt in die Maßnahme Alg bezogen hätten, mindestens nach dem Arbeitsentgelt, nachdem das Alg zuletzt bemessen worden sei. Damit solle ausdrücklich ausgeschlossen werden, daß durch Eintritt in die Bildungsmaßnahme eine geringere Leistung bezogen wird.
Mit der hiergegen gerichteten Berufung macht die Beklagte geltend, daß der Kläger erst im Jahre 1996, als die Lohnsteuerklasse V eingetragen gewesen sei, einen Anspruch auf Uhg erworben habe. Bei der Bewilligung des Uhg sei mindestens das Arbeitsentgelt der Bemessung zugrunde gelegt worden, nach dem das Alg zuletzt bemessen worden sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. November 1996 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akten des SG -- S 58 Ar 1427/96 --) und der Leistungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger in dem geltend gemachten Zeitraum Uhg nach Leistungsgruppe A zu bewilligen.
Nach § 44 Abs. 1 AFG kann Teilnehmern an Maßnahmen zur beruflichen Fortbildung mit ganztägigem Unterricht -- wie das beim Kläger der Fall gewesen ist -- Uhg gewährt werden. Das Uhg beträgt nach...