Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschäftigungssuche. Eigenbemühung des Arbeitslosen. Hinweis des Arbeitsamtes. Konkretisierung. Bestimmtheitsgebot
Orientierungssatz
1. Der Gesetzestext des § 119 Abs 1 Nr 1 SGB 3 dürfte mangels hinreichender Konkretisierung lediglich durch Auslegung unter Zuhilfenahme anderer Vorschriften den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebotes (Art 20 GG) genügen.
2. Auch bei dem nach § 119 Abs 5 S 1 SGB 3 vorgesehenen Hinweis auf die Verpflichtung des Arbeitslosen reicht nicht die bloße Wiedergabe des Gesetzestextes des § 119 Abs 1 Nr 1 SGB 3 aus, vielmehr sind konkrete Erläuterungen erforderlich, wenn das Arbeitsamt aus einer Verletzung der Pflichten leistungsrechtliche Folgen herleiten will.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beklagte gewährte dem ... 1944 geborenen Kläger bis zum 13. Juni 1997 Arbeitslosengeld und im Anschluss daran Arbeitslosenhilfe. Seit dem 3. November 1997 erhielt er für die Teilnahme an einer bis zum 9. Oktober 1998 dauernden beruflichen Bildungsmaßnahme Unterhaltsgeld sowie danach bis zum 9. Januar 1999 Anschluss-Unterhaltsgeld. In dem -- offenbar nach am 10. Januar 1999 erfolgter Arbeitslosmeldung und mündlicher Antragstellung eingereichten -- schriftlichen Antrag auf Arbeitslosenhilfe mit Datum vom 2. Februar 1999 verneinte er die vorgedruckte Frage 4f "Ich bin bereit, alle Möglichkeiten zu nutzen, um eine Beschäftigungslosigkeit zu beenden", wobei er "alle" unterstrich. Ferner ergänzte er die entsprechende Erklärung dahingehend, dass er das "Merkblatt 1 für Arbeitslose" nicht erhalten und davon keine Kenntnis genommen habe. Diesen Antrag reichte ihm die Beklagte zurück "mit der Bitte, den Punkt 4f zu überdenken und ggf. zu ändern". Gleichwohl gab ihn der Kläger in der bisherigen Form erneut ab. Daraufhin lehnte die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe mit Bescheid vom 26. Februar 1999 ab, weil der Kläger erklärt habe, nicht bereit zu sein, alle Möglichkeiten zu nutzen, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Damit stehe er der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung, sei nicht arbeitslos und habe keinen Leistungsanspruch.
In seinem Widerspruch trug der Kläger vor, er habe den Antragsvordruck ohne Anleitung und Merkblatt erhalten, ferner habe ihm kein Mitarbeiter des Arbeitsamtes die Begriffe "alle Möglichkeiten" erklären können oder wollen. Er sei seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit und beschäftigungssuchend.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Bescheid vom 28. April 1999 zurück, weil der Kläger erklärt habe, nicht bereit zu sein, alle Möglichkeiten zu nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Seine Annahme, damit werde seine Verbrechensbereitschaft verlangt, sei unzutreffend. In dem Merkblatt 1 für Arbeitslose, das der Kläger bei seiner früheren Antragstellung am 26. Oktober 1998 erhalten habe, sei im Abschnitt 2 der Begriff "alle Möglichkeiten" erläutert. Daraus gehe eindeutig hervor, dass es sich ausschließlich um Eigenbemühungen wie Auswertung von Stellenanzeigen und Bewerbungen handele. Im Übrigen hätte ihm bei einfachster Überlegung klar sein müssen, dass die Beklagte die Arbeitslosen nicht zur Verbrechensausübung anleite. Aus seinen Ausführungen werde deutlich, dass er sich eingehend mit der Frage befasst und sie bewusst verneint und damit seine fehlende Bereitschaft zu Eigenbemühungen dokumentiert habe.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben und vorgetragen, das von ihm ausgefüllte Arbeitslosenhilfe-Antrags-Formblatt habe keine Erklärungen zu Punkt 4f enthalten, das Merkblatt nur allgemein auf "Eigenbemühungen" hingewiesen. Die ihm vorliegende Anleitung zu einem entsprechenden Arbeitslosenhilfe-Formblatt enthalte keinen Punkt 4f.
Vor dem Sozialgericht hat der Kläger am 8. September 1999 erklärt, er habe unter der Frage verstanden, dass er sich um Arbeit bemühen werde.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 8. September 1999 abgewiesen und zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen sowie ergänzend ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, weil er nicht bereit sei, alle Möglichkeiten zu nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Das habe er trotz Merkblatts verneint. Er habe diese Frage auch durchaus so verstanden, wie sie zu verstehen sei. Trotz Aufforderung der Beklagten habe er seinen Standpunkt nicht geändert. Da es sich bei der Verfügbarkeitserklärung um eine Tatsachenerklärung handele, könne sie auch nicht rückwirkend hergestellt werden; der Kläger müsse sich an seiner Erklärung festhalten lassen.
Gegen das ihm am 8. Oktober 1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 27. Oktober 1999 erhobene Berufung des Klägers, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Er trägt vor, auch vom Sozialgericht sei nicht geklärt worden, was mit der Formulierung "alle Möglichkeiten nutzen und nutzen will" gemeint sei. Die Formulierung sei weder in den Merkblättern noch durch ...