Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. berufliche Rehabilitation. persönliche Voraussetzungen. Beurteilung der Erwerbsfähigkeit. letzte ausgeübte Tätigkeit. Gärtnereigehilfin
Orientierungssatz
1. Die Frage, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen zur Rehabilitation vorliegen, unterliegt nicht dem Ermessen des Rentenversicherungsträgers, sondern ist Tat- und Rechtsfrage, die der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl BSG vom 14.3.1979 - 1 RA 43/78 = BSGE 48, 74 = SozR 2200 § 1237a Nr 6).
2. Wurde langjährig eine bestimmte ungelernte Tätigkeit (hier Gärtnereigehilfin) verrichtet, ist (auch) die letzte Berufstätigkeit als Maßstab für die Frage der erheblichen Minderung iS von § 10 SGB 6 zu berücksichtigen.
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Die Klägerin ist ... 1957 geboren. Sie absolvierte vom 1. September 1973 bis 15. Juli 1975 eine Ausbildung zur Filmkopierfacharbeiterin und war anschließend bis Juni 1989 in diesem Beruf tätig. Danach war sie von Ende Juni 1989 bis 31. Dezember 1991 Mitarbeiterin in einer Kantine. Vom März bis Mai 1992 war sie als Saisonkraft Gärtnergehilfin. Danach arbeitete sie von Juni 1992 bis 30. September 1993 als Bürokraft. Zuletzt war sie vom 14 Februar 1994 bis 30. Juni 2000 wieder als Gärtnergehilfin tätig. Das Arbeitsverhältnis endete wegen Auflösung der Gärtnerei. Danach war sie arbeitslos, während des Verfahrens war sie noch einmal vom 1. November 2003 bis 21. Mai 2004 als Floristin bei Blume 2000 beschäftigt.
Am 19. Oktober 2000 stellte sie einen Antrag auf berufsfördernde Leistungen. Dazu legte sie einen Röntgenbefund der Lendenwirbelsäule vom 2. Juni 1997, einen Magnetresonanztomografie - MRT - -Befund des rechten Knies vom 12. April 2000 und einen Entlassungsbericht des Krankenhauses Hellersdorf vom 21. Juni 2000 vor.
Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch die Ärztin Dr. W. Sie stellte die Diagnosen
Zustand nach Arthroskopie des rechten Kniegelenkes in 6/2000,
Zustand nach konservativ behandeltem Bandscheibenvorfall L5/S1 1997, anlagebedingter enger Spinalkanal bei L4 bis S1.
Damit sei die Klägerin vollsichtig einsetzbar für leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne anhaltendes Knien, Hocken, Bücken und ohne schweres Heben von Lasten. Die Tätigkeit als Gärtnergehilfin könne sie nicht wieder aufnehmen (Gutachten vom 6. Februar 2001).
Darauf lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 19. März 2001 ab. Sie legte die Voraussetzungen des § 10 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VI - dar und führte aus, die Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei nicht erheblich gefährdet oder gemindert, weil sie in der Lage sei, eine zumutbare Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiterhin auszuüben.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2001 zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben (eingegangen am 19. Juni 2001) und vorgetragen, ihre gesundheitlichen Einschränkungen seien nicht ausreichend gewürdigt worden. Im Übrigen sei ihr bei einer Begutachtung im Auftrag des Arbeitsamtes gesagt worden, dass Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation geboten seien. Sie hat einen aktuellen MRT-Befund der Lendenwirbelsäule vom 17. September 2001 eingereicht.
Das Sozialgericht hat Befundberichte des Arztes für Neurochirurgie Dr. S vom 14. Januar 2002 (mit einem MRT-Befund der HWS vom 24. August 2001), der Fachärztin für Orthopädie Dr. T vom 23. Februar 2001 und der Internistin Dr. F vom 16. Juni 2003 eingeholt. Ferner hat es die Akten der Bundesanstalt für Arbeit mit einem ärztlichen Gutachten vom 25. Dezember 2000 beigezogen.
Mit Urteil vom 8. Oktober 2004 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Antrag der Klägerin erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. Es hat zur Begründung ausgeführt, Rechtsgrundlage sei gemäß § 301 Abs. 1 SGB VI § 9 in Verbindung mit § 10 und § 11 SGB VI in der bis zum 30. Juni 2001 geltenden Fassung. Die Klägerin sei in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert. Abzustellen sei dabei auf den bisherigen Beruf der Versicherten; es genüge eine Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit in diesem bisherigen Beruf (Hinweis auf BSG SozR 2200 § 1237a Nr. 6). Hierbei werde aber nicht nur auf die letzte Tätigkeit abgestellt, sondern auf die wesentlichen im bisherigen Erwerbsleben der Versicherten ausgeübten Berufe: Ihren zuletzt vor der Antragstellung ausgeübten Beruf als Gärtnergehilfin könne die Klägerin nicht mehr ausüben. Hiervon ausgehend sei die Klägerin in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert. Auch den erlernten Beruf als Filmkopiefacharbeiterin könne sie aufgrund der Allergieerkrankung nicht mehr ausüben. Die Tätigkeiten als Kantinenleiterin und als Bürokraft seien für die Beurteilung des bisherigen Berufs nicht heranzuziehen. Insofern ergäben sich auch Zweifel daran, dass die Klägerin mit i...