Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Anwartschaftszeit. rückwirkende Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente

 

Orientierungssatz

Der Begründung der Anwartschaftszeit auf Arbeitslosengeld dienen nicht Zeiten der Beitragsentrichtung gemäß § 186 Abs 1 S 1, für die nachträglich ein Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente zugebilligt wurde.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 21.06.2001; Aktenzeichen B 7 AL 66/00 R)

 

Tatbestand

Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld (Alg).

Die ... 1964 geborene Klägerin war seit Januar 1985 als kaufmännische Angestellte (Verkäuferin/Kassiererin) beschäftigt. Arbeitsentgelt erhielt sie seit dem 4. Mai 1992 wegen arbeitsunfähiger Erkrankung nicht mehr. Für die Zeit vom 6. Mai 1992 bis 1. Juli 1994 bezog die Klägerin Krankengeld. Vom 17. September bis 15. Oktober 1992 nahm die Klägerin an einem stationären Heilverfahren der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) teil. Mit Bescheid vom 27. Juni 1994 bewilligte die BfA der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit mit Rentenbeginn am 16. Oktober 1992 bis zum 31. März 1995 bei Eintritt des Versicherungsfalles am 25. März 1992. Den Antrag der Klägerin vom September 1994 auf Weitergewährung der Rente lehnte die BfA mit Bescheid vom 10. April 1995 ab. Nach zusprechendem Urteil im hiergegen erhobenen Klageverfahren erklärte die BfA in dem von ihr dagegen angestrengten Berufungsverfahren (L 16 RA 9/97) im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. Januar 2000, sie werde wegen des Grundsatzes "Rehabilitation vor Rente" der Klägerin nunmehr berufsfördernde Leistungen gewähren.

Bereits am 10. April 1995 hatte sich die Klägerin arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld beantragt.

Mit Bescheid vom 2. Juni 1995 lehnte die Beklagte den Antrag auf Leistungen ab, da die Klägerin erklärt habe, dass sie arbeitsunfähig sei und weiterhin bleibe. Die Ausnahmeregelung des § 105 a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) treffe auf die Klägerin nicht zu, da über ihren Rentenantrag endgültig entschieden worden sei. Damit stehe die Klägerin der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung und habe keinen Leistungsanspruch. Den hiergegen, unter Hinweis auf ihre infolge Krankheit weiterhin bestehende Arbeitsunfähigkeit bei weiterbestehendem Arbeitsverhältnis als Kassiererin im Supermarkt, erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 1995 zurück. Die jetzige Untersuchung der Klägerin durch die BfA belege, dass die Klägerin in der Lage sei, eine zumutbare Beschäftigung als Bürohilfskraft vollschichtig auszuüben. Dies sei mit dem Bescheid vom 10. April 1995 entschieden worden.

Hiergegen hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Berlin Klage erhoben und vorgetragen, ihr stehe Alg gemäß § 105 a AFG zu. Sie sei weiterhin arbeitsunfähig krank, und das Arbeitsverhältnis als Kassiererin bestehe fort.

Mit Bescheid vom 26. Oktober 1995 hat die Beklagte die Entscheidung vom 2. Juni 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 1995 gemäß § 44 des Zehnten Buches/Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben und die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Gewährung von Alg nunmehr damit begründet, dass die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei. Die Klägerin habe innerhalb der letzten drei Jahre, die vor dem Tag lägen, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Bezug von Alg erfüllt seien, nicht 360 Kalendertage in einer beitragspflichtigen Beschäftigung gestanden bzw. Zeiten zurückgelegt, die der Beitragspflicht gleichgestellt seien. Innerhalb der Dreijahresfrist habe die Klägerin bis 5. Mai 1992 (36 Kalendertage) in einer beitragspflichtigen Beschäftigung gestanden. Vom 6. Mai 1992 bis 15. Oktober 1992 habe Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung nach § 186 Abs. 1 Satz 1 AFG (163 Kalendertage) bestanden. Ab 16. Oktober 1992 habe Beitragsfreiheit zur Arbeitslosenversicherung nach § 169 c Nr. 2 AFG bestanden, weil der Klägerin ein Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente zugebilligt worden sei. Insgesamt habe die Klägerin somit lediglich 199 Kalendertage beitragspflichtige bzw. gleichgestellte Zeiten zurückgelegt, so dass die Anwartschaftszeit nicht erfüllt und daher ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gegeben sei (§§ 100, 104 AFG). Der Bescheid werde gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Gegenstand des Verfahrens.

Mit Verfügung vom 20. November 1995 erkannte die Beklagte einen Anspruch auf originäre Arbeitslosenhilfe der Klägerin ab 10. April 1995 für die Dauer von 312 Tagen gemäß § 135a AFG an.

Mit Gerichtsbescheid vom 7. August 1997 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe sich am 10. April 1995 arbeitslos gemeldet und Alg beantragt. Es könne dahinstehen, ob sie trotz des noch bestehenden Arbeitsverhältnisses arbeitslos und trotz ihrer arbeitsunfähigen Erkrankungen verfügbar gewesen sei bzw. ob § 105 a AFG eingreife, sie habe jedenfalls nicht die Anwartschaftszeit nach § 104 Abs. 1 Satz 1 AFG erfüllt. Die nach § 104 Abs. 3 AFG drei Jahre umfassende Rahmenf...

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