Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuordnung einer in der DDR zurückgelegten Militärzeit zur knappschaftlichen Rentenversicherung

 

Orientierungssatz

Zur Zuordnung einer von September 1957 bis November 1959 in der DDR zurückgelegten Militärdienstzeit (freiwillig längerdienender Soldat auf Zeit) zur knappschaftlichen Rentenversicherung, wenn vor und nach der Militärzeit eine bergbauliche Tätigkeit ausgeübt wurde.

 

Tatbestand

Streitig ist die Leistungsgruppeneinstufung der Militärzeit des Klägers nach dem Fremdrentengesetz (FRG).

Der ... 1940 geborene Kläger durchlief vom 1. September 1954 bis zum 31. August 1957 im VEB Steinkohlenwerk Deutschland, ... Erzgebirge eine Berglehre, die er mit der Prüfung als Hauer abschloss (Erwerb des Hauerscheins). Vom 1. September 1957 bis 30. November 1959 war er in der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR versicherungspflichtig beschäftigt, nach den Feststellungen der Beklagten bis zum 31. Mai 1959 als Soldat und vom 1. Juni 1959 an als Gefreiter. Vom 2. Dezember 1959 bis März 1973 arbeitete er als Hauer, danach als Angestellter und seit März 1974 als Gebäudereiniger. Am 22. März 1986 siedelte er nach Berlin (West) über.

Auf seinen Antrag vom 10. April 1986 gewährte die Beklagte dem Kläger durch "Vorschuss"-Rentenbescheid vom 26. Januar 1988 vorläufig vom 30. September 1987 an Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 46 Reichsknappschaftsgesetz (RKG). Im Bescheidzusatz hieß es u.a., wegen eines fraglichen vorhergehenden Anspruchs auf Verletztengeld sei es zur Zeit noch nicht möglich, über den Rentenbeginn abschließend zu entscheiden. Die Beklagte berücksichtigte die DDR-Beitragszeiten des Klägers in dem Bescheid als Beitragszeiten nach § 17 (Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) FRG (in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung). Dabei ordnete sie die Zeiten als Berglehrling und als Hauer der knappschaftlichen Rentenversicherung, hingegen die dazwischen liegende Militärzeit (9/57 bis 11/59) der Rentenversicherung der Angestellten zu, und zwar für die Zeit vom 1. September 1957 bis zum 28. Februar 1959 (18 Monate) der Leistungsgruppe 5 der Angestellten (einfacher Dienst) und für die Zeit vom 1. März 1959 bis zum 30. November 1959 (9 Monate) der Leistungsgruppe 4 der Angestellten (abgeschlossene Berufsausbildung). In der Rechtsmittelbelehrung hieß es, der Bescheid könne mit Ausnahme des Rentenbeginns mit dem Widerspruch angefochten werden. Der Bescheid wurde nicht angefochten.

Durch Bescheid vom 14. November 1989 wies die Beklagte die Rentenbeträge für die Zeit vom 1. April 1986 an aus und stellte zugleich fest, dass ein Anspruch auf Verletztengeld nicht gegeben sei. In der Rechtsmittelbelehrung hieß es, gegen den Bescheid könne hinsichtlich der Rentenhöhe Widerspruch erhoben werden.

Die vom Kläger mit dem Widerspruch u.a. angefochtene Zuordnung der Militärzeit erläuterte die Beklagte unter dem 2. Februar 1990 mit dem Hinweis auf die damalige Stellung des Klägers als "freiwillig längerdienender Soldat auf Zeit". Die allgemeine Wehrpflicht sei in der DDR erst durch Gesetz vom 24. Januar 1962 eingeführt worden. Die Dienstzeit sei nach Maßgabe des FRG der Rentenversicherung der Angestellten zuzuordnen gewesen. Eine höhere Bewertung als geschehen sei ausgeschlossen, weil der Kläger lediglich den Mannschaftsdienstgraden angehört habe.

Der Kläger erwiderte, nach dem Erwerb des Hauerscheins habe er die Absicht gehabt, auf der Bergakademie in F zu studieren. Wie alle Studienbewerber habe er sich schriftlich verpflichten müssen, freiwillig 2 Jahre bei der NVA zu dienen. Die Bezeichnung als "freiwillig längerdienender Soldat auf Zeit" betreffe diesen Zeitraum. Entsprechend habe er auch gedient (gut 2 Jahre). Nach Abschluss der Dienstzeit sei ihm eine Tätigkeit bei der Wismut AG angeboten worden, zu der er sich dann wegen der guten Bezahlung entschlossen habe. Die "erzwungene" Dienstzeit bei der NVA sei somit der beruflichen Tätigkeit als Hauer zuzurechnen.

Durch Widerspruchsbescheid vom 1. März 1990 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. November 1989 "betreffend (die) endgültige Feststellung der Gesamtrente wegen Berufsunfähigkeit" zurück. Hinsichtlich der Wehrdienstzeit nahm sie zunächst Bezug auf ihr Schreiben vom 2. Februar 1990 und führte weiter aus: Die freiwillige Dienstzeit in der NVA könne nicht der knappschaftlichen Rentenversicherung zugeordnet oder gar als Hauerarbeit bewertet werden. Für die Anrechnung der in der DDR zurückgelegten Versicherungszeiten gälten die Vorschriften des FRG. Diesem Gesetz liege der Eingliederungsgedanke zugrunde. Der betreffende Personenkreis solle so gestellt werden, als hätte er seine Tätigkeit im Bundesgebiet ausgeübt. Nach den im Bundesgebiet geltenden Vorschriften (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 RKG) würden in der knappschaftlichen Rentenversicherung nur Personen versichert, die vor einer Wehrdienstleistung im Sinne des § 4 Abs. 1 Wehrpflichtgesetz zuletzt in der knappschaftlichen Rentenversicherung versichert gewesen seien. Personen, die im Bund...

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