nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Berlin (Entscheidung vom 08.10.1998; Aktenzeichen S 76 P 250/97)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Oktober 1998 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit ist die Gewährung von Pflegegeld.

Die am 7. Januar 1994 geborene Klägerin beantragte durch ihre Mutter am 15. August 1996 die Gewährung von Pflegegeld. Die Beklagte veranlasste daraufhin die Erstellung eines Pflege-gutachtens durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). In ihrem Gut-achten vom 19. November 1996 stellte die Kinderärztin Dr. S. folgende pflegebegründende Diagnosen:

statomotorische Retardierung bei ehemaligem Frühgeborenen (35. SSW),

Zustand nach Korrektur bei Gastrodusis (richtig: Gastroschisis).

Sie kam zu dem Ergebnis, dass der Hilfebedarf des Kindes bei den gewöhnlichen alltäglichen Verrichtungen im Vergleich zu einem gleichaltrigen gesunden Kind erhöht sei. Die zeitlichen Voraussetzungen zur Gewährung von Leistungen nach § 15 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) würden jedoch nicht erfüllt.

Die Beklagte lehnte daraufhin durch Bescheid vom 26. November 1996 die Gewährung von Pflegegeld ab.

Auf den Widerspruch der Klägerin holte die Beklagte eine erneute gutachterliche Stellungnah-me von Dr. S. ein. Diese führte aus, im Bereich der Körperpflege und der Ernährung sei der Hilfebedarf im Wesentlichen altersgerecht. Bei der Körperpflege seien die Verrichtungen durch die Notwendigkeit von Heben und Tragen erschwert. Das Aufstehen und Zubettgehen müssten von der Kindesmutter vollständig übernommen werden. Diese Verrichtungen seien erschwert durch die Notwendigkeit des Hineinhebens des Kindes ins Bett und des Heraushebens. Das An- und Auskleiden werde von der Mutter übernommen. Das gelte allerdings auch bei einem gleichaltrigen gesunden Kind. Beim Stehen und Gehen sei Hilfe notwendig. Dieser Hilfebedarf sei jedoch nach dem Willen des Gesetzgebers nur im Zusammenhang mit den gesetzlich vorge-gebenen Verrichtungen zu werten und bereits als Erschwerung der Verrichtungen in die Be-gutachtung eingeflossen. Soweit es um das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung ge-he, bei der die Klägerin begleitet werden müsse, sei zu beachten, dass nicht alle diese Beglei-tungen berücksichtigungsfähig seien, sondern nur solche, die zum Besuch bei Ärzten und Therapeuten vorgenommen würden. Insgesamt sei der Hilfebedarf durch die ständige Notwendigkeit von Heben und Tragen des Kindes in den Verrichtungen erschwert. Die zeitlichen Voraussetzungen zur Gewährung von Leistungen nach § 15 SGB XI würden jedoch nicht erfüllt.

Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 9. Mai 1997 zurückgewiesen.

Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht ein Pflegegutachten der Ärztin Dr. B. eingeholt. In diesem Gutachten vom 5. Januar 1998 stellte die Sachverständige folgende Diag-nosen:

Entwicklungsstörungen eines ehemals Frühgeborenen mit Fehlhaltung

und Schwäche der Beine und Füße, sowie Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen (infantile Cerebralparese),

Zustand nach operativem Verschluss eines Bauchwanddefekts (Gastroschisis),

Augenfehlstellung (Strabismus).

Der erforderliche Pflegeaufwand betrage im Bereich der Körperpflege für das Waschen mor-gens und abends 25 Minuten, für das Baden zweimal in der Woche 10 Minuten, für die Zahn-pflege zweimal täglich 12 Minuten, für das Kämmen zweimal täglich 10 Minuten und für die Darm- und Blasenentleerung vier- bis fünfmal täglich 25 Minuten. Im Bereich der Ernährung betrage der Hilfebedarf für das mundgerechte Zubereiten von drei bis vier Mahlzeiten 10 Minuten. Im Bereich der Mobilität für das Aufstehen und Zubettgehen 2 Minuten, für das An- und Auskleiden morgens und abends vor dem Kitabesuch 35 Minuten. Für das Verlassen des Hauses zweimal pro Monat 2 Minuten. Insgesamt im Bereich der Mobilität betrage der Pflegeaufwand 39 Minuten. Für die hauswirtschaftlichen Verrichtungen bestehe kein Pflege-mehraufwand. Insgesamt ergebe sich eine tägliche Gesamtpflegezeit von 131 Minuten. In den Begutachtungsrichtlinien werde für ein dreijähriges Kind ein maximaler natürlicher Pflegebe-darf im Grundpflegebereich von 150 Minuten angegeben, bei vierjährigen Kindern liege dieser Wert bei 135 Minuten. Die bei der Klägerin durchgeführte Pflege liege noch im Bereich des Zeitbedarfs, der für gesunde Kinder maximal erforderlich sei.

Zu diesem Gutachten hat die Klägerin am 3. Februar 1998 Stellung genommen. Sie hat ausge-führt, der Pflegemehrbedarf betrage beim Waschen 15 Minuten, beim Baden/Duschen 2 Minu-ten, beim Zähneputzen 6 Minuten, beim Toilettengang 20 Minuten, bei der Nahrungszuberei-tung 10 Minuten, beim An- und Auskleiden 40 Minuten, beim Gehen und Stehen 5 Minuten, für den Weg zur Kita 40 Minuten, für das Treppensteigen 10 Minuten. Da der Pflegemehrbe-darf über 90 Minuten täglich liege, stehe ihr ein Pflegegeld zu.

Hierzu hat sich die Sachvers...

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