Orientierungssatz
Die Beendigung der Ausbildung nach WGSVG § 10a Abs 2 Alt 2 ist iS eines Abschlusses dieser Ausbildung zu verstehen:
Bei der Auslegung des WGSVG § 10a Abs 2 Alt 2 ist die durch WGSVG § 1 bestimmte Zielsetzung des Gesetzes zu beachten, das für Versicherte gilt, die als Verfolgte durch die Verfolgung Schaden in der Sozialversicherung erlitten haben; deshalb kann auch bei WGSVG § 10a nicht auf jede Beziehung zur Sozialversicherung verzichtet werden. Durch den Abs 2 dieser Vorschrift werden vielmehr zwei Tatbestände geregelt, bei deren Vorliegen vermutet wird, daß die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Tätigkeit verzögert wurde und damit auch ein Schaden in der Sozialversicherung eintrat. Die Vorschrift knüpft dabei an die Regelungen des BEG an. Die erste Alternative besagt, daß nur dann eine Nachentrichtung möglich ist, wenn ein Ausbildungsschaden iS des BEG vorliegt und deswegen eine Entschädigung nach BEG § 116 oder § 118 rechtskräftig oder unanfechtbar zuerkannt worden ist. Wäre durch die Regelung beabsichtigt worden, jeden Ausbildungsschaden in seinen möglichen sozialversicherungsrechtlichen Folgen zu ersetzen so wäre es überflüssig gewesen, eine Entscheidung über die Entschädigung zur Voraussetzung zu machen. Ein Ausbildungsschaden iS des BEG § 115, der Voraussetzung für eine Entschädigung nach BEG § 116 oder § 118 ist, kann nur vorliegen, wenn Verfolgungsmaßnahmen während der Ausbildung eingesetzt haben und diese hierdurch unterbrochen wurde. Wenn demgegenüber in der zweiten Alternative des WGSVG § 10a Abs 2 gefordert wird, daß die Verfolgungsmaßnahme innerhalb von 12 Monaten nach Beendigung der Ausbildung begonnen hat, so kann dies deshalb nur bedeuten, daß die Ausbildung abgeschlossen sein muß. Sonst wäre auch der Fall, daß jemand seine Ausbildung freiwillig abgebrochen hat und erst später die Verfolgung eingesetzt hat, von dieser Vorschrift erfaßt. In diesem Fall wäre ein Schaden in der Sozialversicherung nicht ersichtlich, so daß dies dem Ziel des Gesetzes nicht entsprechen kann. Der Gesetzeszweck erfüllt sich nur dann, wenn man WGSVG § 10a Abs 2 so versteht, daß die erste Alternative den Abbruch der Ausbildung, die zweite Alternative die Beendigung iS eines Abschlusses der Ausbildung behandelt, - eine Differenzierung, die so auch in den BEG §§ 114 und 115 vorgenommen wird. Wenn für den Fall des Abbruchs der Ausbildung weitergehende Voraussetzungen gefordert werden, so entspricht auch das der Zielsetzung des Gesetzes. Der Verfolgte, der sich noch in der Ausbildung befand, war noch weiter davon entfernt, sozialversicherungspflichtig zu werden, als derjenige, der seine Ausbildung abgeschlossen und ohne die Verfolgung voraussichtlich eine versicherungspflichtige Tätigkeit aufgenommen hätte. Durch die in der ersten Alternative geforderten zusätzlichen Voraussetzungen wird zwar das Recht zur Nachentrichtung auf eine bestimmte Personengruppe beschränkt. Der hierdurch bewirkte Ausschluß eines Teils der Verfolgten ist aber nicht willkürlich, sondern entspricht der Systematik des Entschädigungsrechts. Die ausgeschlossenen Personen haben nach dem BEG keinen Anspruch auf Ersatz eines Ausbildungsschadens. Andererseits besteht bei den anspruchsberechtigten Verfolgten naturgemäß dadurch eine Beziehung zur deutschen Sozialversicherung, daß bei ihnen durch die geforderte Beziehung zum ehemaligen Reich oder zur Bundesrepublik Deutschland iS des BEG § 4 zumindest die spätere Möglichkeit der Beitragsentrichtung gegeben war.
Fundstellen