Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Zulassungsbeschränkung. Einteilung. Berlin. Planungsbereich. Zuständigkeit. Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen. Kassenärztliche Vereinigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Einteilung Berlins in Planungsbereiche durch Abschn 2 Nr 5 S 3 Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte verstoßen gegen § 99 Abs 1 und 2 SGB 5 und § 12 Ärzte-ZV.

2. §§ 92 Abs 1 S 2 Nr 9, 101 Abs 1 S 5 SGB 5 enthalten keine Rechtsgrundlage für den Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen, eine regionale Bedarfsplanung selbst vorzunehmen; die Aufstellung eines regionalen Bedarfsplans als Grundlage von Zulassungsbeschränkungen ist gemäß § 99 Abs 1 SGB 5 vielmehr Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung.

3. Zur Einteilung Berlins in Planungsbereiche, die den Berliner Verwaltungsbezirken entsprechen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, die Verlegung des Vertragsarztsitzes des Klägers von B St nach B-S zu genehmigen.

Der 1963 geborene und seit 1994 approbierte Kläger ist seit dem 1. September 1995 als praktischer Arzt/Arzt für Allgemeinmedizin mit Arztsitz im Verwaltungsbezirk B St zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Anfang 1996 verlegte der Kläger seinen Arztsitz von B St, nach B-S, in das Haus seiner Mutter; diese ist dort ebenfalls als praktische Ärztin tätig und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Den Antrag des Klägers, die Verlegung seines Vertragsarztsitzes zu genehmigen, lehnte der Zulassungsausschuss für Ärzte unter Mitwirkung des Herrn Sch als Vertreter der Krankenkassen mit Beschluss vom 17. April 1996 mit der Begründung ab, der Planungsbereich S sei gesperrt. Der Landesausschuss für Ärzte und Krankenkassen habe am 23. August 1993 im Planungsbereich S für die Arztgruppe praktische Ärzte/Ärzte für Allgemeinmedizin wegen Überversorgung Zulassungsbeschränkungen angeordnet. Eine Änderung sei nicht eingetreten. Da der Antrag des Klägers am 12. April 1996 eingegangen sei, habe der Zulassungsausschuss bei seiner Entscheidung die Anordnung des Landesausschusses berücksichtigen müssen. Der Antrag habe auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer nur geringfügigen räumlichen Veränderung genehmigt werden dürfen. Zum einen sei die Rechtslage, ob die Überschreitung der Bezirksgrenze unschädlich sei, wenn es sich nur um eine geringfügige Verlegung des Arztsitzes gehandelt habe, noch nicht endgültig entschieden. Zum anderen betrage die Entfernung zwischen dem alten und dem neuen Arztsitz mehr als 1 km, so dass der Einzugsbereich der neuen Arztpraxis ein anderer sei als der der alten Arztpraxis. Die Verlegung der Praxis komme damit einer Neugründung nahe.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch im Wesentlichen mit der Begründung, dass eine Gliederung des Zulassungsbezirkes B in Planungsbereiche, die den Verwaltungsbezirken entsprächen, rechtswidrig sei. Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Beschluss vom 14. August 1996 zurück. Zur Begründung führte er aus: Nach § 24 Abs. 4 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) habe der Zulassungsausschuss den Antrag eines Vertragsarztes auf Verlegung seines Vertragsarztsitzes zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung nicht entgegenstünden. Solche Gründe seien im vorliegenden Fall gegeben, weil der Planungsbereich S, in den der Kläger seinen Arztsitz verlegen wolle, wegen Überversorgung durch Beschlüsse des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen für den Bereich der praktischen Ärzte gesperrt sei (letzter Beschluss vom 29. Mai 1996). Der Grad der Überversorgung in Schöneberg betrage 178,1 v.H. Dagegen bestehe für den Planungsbereich St, in dem der Kläger zugelassen sei, keine Zulassungssperre für praktische Ärzte. Der Zulassungsausschuss für Ärzte habe daher mit dem angefochtenen Beschluss die Genehmigung zur Verlegung des Arztsitzes in den Planungsbereich S zu Recht abgelehnt. Denn die Bildung von Planungsbereichen entsprechend den B Verwaltungsbezirken sei rechtmäßig. In Nr. 5 der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte) in der Fassung vom 9. März 1993 werde bestimmt, dass für das Land Berlin Planungsbereiche die Bezirke seien. Da es in Berlin keine Stadt- und Landkreise gebe, habe der Bundesausschuss für das Land Berlin nach einer vernünftigen Regelung suchen müssen, die dem Sinn und Zweck des Gesetzes entspreche. Hieran sei er durch die "Sollvorschrift" nicht gehindert gewesen; sie eröffne ein gebundenes Ermessen. In atypischen Fällen dürfe die Behörde eine von der Sollvorschrift abweichende Regelung treffen. Ein solcher Fall liege hier vor, weil der "typische Fall" des § 101 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch -SGB V- (Festlegung der Planungsbereiche entsprechend den Stadt- und Landkreisen) in Berlin nicht zu realisieren gewesen wäre. Es habe daher im Ermessen des Bundesausschu...

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