Leitsatz (amtlich)
Die Grundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz wird bei der Gewährung von Sozialhilfe nicht als Einkommen berücksichtigt. Sie bleibt ebenso anrechnungsfrei wie die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin begehrt vom Beklagten die vollständige Auszahlung des Nachzahlungsbetrages ihrer Beschädigtenrente nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG), von dem der Beklagte den vom Beigeladenen geltend gemachten Erstattungsanspruch wegen geleisteter Sozialhilfe in Abzug gebracht hat.
Die Klägerin wurde am 18. Februar 1991 Opfer einer Straftat des versuchten Totschlags. Ihr damaliger Lebensgefährte (L), den sie im Juli 1989 nach seiner Haftentlassung am 5. Juni 1989 kennengelernt hatte, war bereits im Zeitraum von 1962 bis 1975 insgesamt 9 Jahre in Strafhaft gewesen und wurde am 24. Februar 1976 wegen einer Straftat des gemeinschaftlichen Mordes in Tateinheit mit gemeinschaftlichem schwerem Raub zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt, die er voll verbüßte. Am 18. Februar 1991 stach L. die Klägerin mit mehreren Messerstichen nieder und verletzte sie lebensgefährlich. Mit Urteil des Landgerichts Berlin vom 12. September 1991 erhielt L. wegen dieser Tat eine Freiheitsstrafe von 7 Jahren wegen versuchten Totschlags.
Aufgrund dieser Straftat stellte die Klägerin am 7. November 1991 einen Antrag auf Versorgung nach dem OEG i.V.m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Sie erhielt von dem Beigeladenen u.a. ab dem 1. Dezember 1991 Sozialhilfe, u.a. als laufende Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe des Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand von 483,00 DM monatlich ab dem 1. Dezember 1991, von 509,00 DM ab dem 1. Juli 1992 und von 519,00 DM ab dem 1. Juli 1993.
Nach medizinischen Ermittlungen bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 23. August 1993 eine Rente nach dem OEG i.V.m. dem BVG ab dem 1. Februar 1991 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v.H. wegen straftatbedingt verschlimmerter psychoreaktiver Störungen, einem Hornersyndrom links sowie Narben und orthopädischen Beschwerden als Folgen der Straftat. Die laufende Rentenleistung in Höhe von 205,00 DM monatlich begann ab dem 1. Oktober 1993. Für den Zeitraum vom 1. Februar 1991 bis zum 30. September 1993 stellte der Beklagte eine Nachzahlung von 6.152,00 DM fest. Wegen der Einzelheiten des Rechenwerkes wird auf den Bescheid vom 23. August 1993 Bezug genommen, mit welchem der Klägerin auch mitgeteilt wurde, daß dieser Betrag wegen eventueller Erstattungsansprüche des Beigeladenen einbehalten würde. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. Am 27. Oktober 1993 meldete der Beigeladene einen Erstattungsanspruch in Höhe von 4.297,00 DM für die Zeit vom 1. Dezember 1991 bis 30. September 1993 an, da für diesen Zeitraum Sozialhilfe mindestens in Höhe der Rente geleistet worden sei.
Mit Schreiben vom 2. November 1993 stellte der Beklagte eine Nachzahlung von 1.855,00 DM fest, da vom Gesamtnachzahlungsbetrag von 6.152,00 DM 4.297,00 DM zur Tilgung des Erstattungsanspruches an den Beigeladenen überwiesen werden müßten. Einwendungen gegen den Erstattungsanspruch müßten bei dem Beigeladenen geltend gemacht werden. Mit ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch machte die Klägerin geltend, daß sie mit der Auszahlung des Betrages von 4.297,00 DM an den Beigeladenen nicht einverstanden sei, da ihr die gesamte Nachzahlung zustehe.
Dem Widerspruch blieb mit zurückweisendem Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 1994 der Erfolg versagt. Zur Begründung führte der Beklagte aus, daß er dem Beigeladenen gemäß § 104 Sozialgesetzbuch X (SGB X) erstattungspflichtig sei, weil der Beigeladene als nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht habe. Der Beigeladene sei nur nachrangig zur Leistung verpflichtet gewesen, da § 76 Abs. 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) die Berücksichtigung der Rente nach dem OEG als Einkommen bei der Gewährung von Sozialhilfe vorschreibe.
Mit der zum Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin weiter die Auszahlung des vollständigen Nachzahlungsbetrages beansprucht, da die Grundrente nach dem OEG nach § 76 Abs. 1 BSHG ebensowenig als Einkommen zu berücksichtigen sei wie die Grundrente nach dem BVG. Mit Beschluß vom 11. Dezember 1995 hat das Sozialgericht den Sozialhilfeträger beigeladen.
Mit Teilabhilfebescheid vom 12. September 1995 bewilligte der Beklagte der Klägerin eine Rente nach einer MdE von 50 v.H. Damit ergab sich ein weiterer Nachzahlungsanspruch für die Zeit vom 1. Februar 1991 bis 31. Oktober 1995 in Höhe von 9.499,00 DM, den der Beklagte wegen möglicher Erstattungsansprüche des Beigeladenen erneut einbehielt. Wegen der Einzelheiten der Berechnung des Nachzahlungsanspruches wird auf die Berechnung im Bescheid vom 12. September 1995 Bezug genommen. Am 28. November 1995 meldete der Beigeladene einen weiteren Erstattungsanspruch in Höhe von 7.949,00 DM für die Zeit vom 1. ...