Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwerbsunfähigkeitsrente. Erfüllung der Wartezeit durch türkische Versicherungszeiten
Orientierungssatz
Zeiten, für die Beiträge nach dem türkischen Gesetz Nr 2147 und Nr 3201 für eine Beschäftigung in Deutschland zur türkischen Versicherung nachentrichtet wurden, sind als Versicherungszeiten iS von Art 27 SozSichAbk TUR zum Erwerb eines Leistungsanspruchs (hier: Erwerbsunfähigkeitsrente) zu berücksichtigen.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Der 1933 geborene Kläger - wohnhaft in B - ist türkischer Staatsangehöriger. Er arbeitete versicherungspflichtig von 1966 bis 1980 in Deutschland und ließ sich die dafür geleisteten Rentenversicherungsbeiträge erstatten, als er in die Türkei zurückging. Im Februar 1981 reiste er wieder nach Deutschland und arbeitete mit Unterbrechungen von Juni 1981 bis Mai 1986 (59 Pflichtbeiträge). Wegen eines Karzinoms wurde er im März 1987 im Universitätsklinikum Steglitz am Darm operiert und bekam einen künstlichen Darmausgang. Der Kläger hielt sich danach für erwerbsunfähig und stellte im November 1987 einen Rentenantrag bei der Beklagten. Sie veranlaßte eine Begutachtung durch die Internistin Dr. Sch, die zu dem Ergebnis gelangte, er könne für zwei Jahre - bis Februar 1989 - keine regelmäßige Erwerbstätigkeit verrichten.
Mit Bescheid vom 15. März 1988 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab, da er nicht die erforderliche Wartezeit erfülle, denn sie setze eine Versicherungszeit von mindestens 60 Monaten voraus, während er nur 59 Beiträge in der deutschen Rentenversicherung zurückgelegt habe. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und überreichte die Kopie eines in Türkisch abgefaßten Vordrucks mit der Behauptung, die Eintragungen betreffend die Zeit von 1966 bis 1985 bezögen sich auf seine Beitragszahlungen an die türkische Rentenversicherung, und bat um Prüfung, ob eine "Übertragung" dieser freiwillig nachentrichteten Beiträge möglich sei. Die Beklagte schaltete die Landesversicherungsanstalt Oberfranken und Mittelfranken (als Verbindungsstelle für das deutsch-türkische Sozialversicherungsabkommen -DTSVA-) ein, die mit Schreiben vom 4. August 1988 mitteilte: Nach türkischem Recht sei für im Ausland zurückgelegte Beschäftigungen eine Nachentrichtung von Rentenversicherungsbeiträgen möglich. Die vom Kläger überreichte Aufstellung sei nur eine Vorausberechnung des türkischen Versicherungsträgers für einen eventuellen Nachentrichtungsbetrag. Würden nach dem DTSVA zur Erfüllung der Wartezeit die Beitragszeiten der beiden Vertragsstaaten zusammengerechnet, müßte im Hinblick auf einen beim Kläger bereits eingetretenen Versicherungsfall der Zeitpunkt der Nachentrichtung beachtet werden. Durch Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 1988 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit sei am 16. Februar 1987 eingetreten, eine tatsächliche Beitragsentrichtung beim türkischen Versicherungsträger sei bisher nicht erfolgt. Somit verbleibe es dabei, daß mit 59 Beiträgen zur deutschen Rentenversicherung die Wartezeit für eine Erwerbsunfähigkeitsrente nicht erfüllt sei.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger vor dem Sozialgericht Berlin Klage erhoben, das die Landesversicherungsanstalt Oberfranken und Mittelfranken beigeladen hat. Der Kläger hat vorgetragen, ihm stehe ein Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente zu, denn er habe am 14. Januar 1987 an die türkische Rentenversicherung freiwillige Beiträge in Höhe von 6.270,- DM überwiesen. Hierzu hat er die Kopie seines Überweisungsauftrages vom 14. Januar 1987 bei einer türkischen Bank in Berlin vorgelegt sowie die Kopie einer Eingangsbestätigung einer Bank in Istanbul für diesen Betrag am 22. Januar 1987. Aus diesen Beiträgen beziehe er vom türkischen Versicherungsträger eine Rente (unter Vorlage der Kopie seines türkischen Sozialversicherungsausweises, siehe Schriftsatz vom 24. Juni 1992). Die Beigeladene hat sich zwecks Aufklärung an den türkischen Versicherungsträger gewandt. Sie hat ein Schreiben des türkischen Versicherungsträgers vom 24. August 1989 überreicht, in welchem es heißt: Der Kläger habe für die in Deutschland vom 31. August 1966 bis 28. Februar 1985 zurückgelegten Versicherungszeiten nach dem Gesetz Nr. 2147 sowie für die Zeit vom 1. März 1985 bis 13. Mai 1987 zurückgelegten Versicherungszeiten nach dem Gesetz Nr. 3201 Beiträge nachentrichtet. Mit Schriftsatz vom 24. Juni 1992 hat die Beigeladene (in Erfüllung der ihr in der mündlichen Verhandlung vom 13. März 1992 gemachten gerichtlichen Auflage) erklärt, nachentrichtete türkische Beiträge für eine Beschäftigung in Deutschland seien zur Erfüllung der Wartezeit berücksichtigungsfähig, wenn diese Beiträge vor Eintritt des Versicherungsfalles (16. Februar 1987) nachentrichtet worden seien und nicht zeitgleich mit deutschen Beiträgen lägen. Die Beigeladene hat mit Schriftsatz vom...