Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt für die Entscheidung über Prozeßkostenhilfe

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es ist verfassungsrechtlich geboten, über einen frühzeitig gestellten PKH-Antrag bei Vorliegen der PKH-Unterlagen, der Klagebegründung und der Verwaltungsakte des Leistungsträgers vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme zu entscheiden.

2. Bei ungerechtfertigter Verzögerung der richterlichen Entscheidung über den PKH-Antrag haben nicht nur im Verzögerungszeitraum zum Nachteil des Antragstellers eingetretene Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse unberücksichtigt zu bleiben, sondern auch bis zum Abschluß des Hauptsacheverfahrens heilbare Rechtsmängel (hier: Umstellung von der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf die Fortsetzungsfeststellungsklage).

 

Tatbestand

Die Beschwerde des Klägers richtet sich gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH) zur Durchführung des Klageverfahrens.

Der Kläger ist Kosovo-Albaner und 1989 mit seiner Familie aus Jugoslawien in die Bundesrepublik Deutschland geflüchtet. Vom 1.12.1992 bis 31.5.1993 absolvierte er in der laborärztlichen Gemeinschaftspraxis. /Dr. (Bremen) ein Praktikum im bakteriologischen und hämatologischen Laborbereich zur Erlangung der Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung "medizinisch-technischer Laboratoriumsassistent". Er war bei den Laborärzten bis zum 7.8.1993 bzw. 7.9.1993 als MTA beschäftigt. Im August 1993 beantragte der Kläger, der zum damaligen Zeitpunkt eine bis zum 7.2.1994 gültige Aufenthaltserlaubnis besaß, beim Arbeitsamt Bremen Erteilung einer Arbeitserlaubnis für die Fortsetzung der Beschäftigung bei. /Dr.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 28.9.1993 ab. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und beantragte am 27.10.1993 bei dem Sozialgericht (SG) Bremen, die Bundesanstalt für Arbeit im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm bis zur Entscheidung über den Widerspruch eine Arbeitserlaubnis für die Beschäftigung als medizinisch-technischer Assistent in der laborärztlichen Gemeinschaftspraxis /Dr. zu erteilen, und ihm zur Durchführung des Anordnungsverfahrens PKH zu bewilligen.

Nach Erlaß des Widerspruchsbescheides vom 25.10.1993 hat der Kläger am 9.11.1993 bei dem SG Bremen Klage auf Erteilung der beantragten Arbeitserlaubnis erhoben und Bewilligung von PKH auch zur Durchführung des Klageverfahrens beantragt. Ebenfalls am 9.11.1993 ist die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beim SG eingegangen, der der Bewilligungsbescheid vom 8.10.1993 über Arbeitslosengeld und der Bescheid des Amtes für Soziale Dienste vom 28.10.1993 über die Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt beigefügt waren. Zur Begründung der Klage hat der Bevollmächtigte vorläufig auf die Antragsschrift im einstweiligen Rechtsschutzverfahren Bezug genommen und gegen den Widerspruchsbescheid eingewandt, es handele sich vorliegend um Spezialkenntnisse, für die keine anderen bevorrechtigten Arbeitnehmer zur Verfügung stünden. Darüber hinaus hat er Stellung genommen zur von der Beklagten beanstandeten Höhe des vorgesehenen Arbeitsentgelts. In der Antragsschrift hatte der Bevollmächtigte des Klägers erklärt, für den fraglichen Arbeitsplatz kämen keine anderen bevorrechtigten Arbeitnehmer in Betracht, und dabei hingewiesen auf ein dem Widerspruch beigefügt gewesenes Schreiben der Laborgemeinschaft /Dr. vom 4.10.1993, in dem das Anforderungsprofil des Arbeitsplatzes beschrieben und erklärt worden war, daß er schnellstens mit dem Kläger zu besetzen sei. Der Kläger habe sich aufgrund seiner Vorbildung während des Praktikums außerordentlich schnell und gut eingearbeitet. Das Arbeitsamt habe keine MTA mit entsprechender Berufserfahrung vorschlagen und vermitteln können.

Mit Beschluß vom 23.11.1993 hat das SG den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung abgewiesen. Es bestehe zwar ein Anordnungsgrund, aber kein Anordnungsanspruch. Es habe eine größere Anzahl bevorrechtigter Arbeitnehmer für die zu besetzende Stelle zur Verfügung gestanden, bei denen innerhalb kurzer Zeit eine Einarbeitung möglich gewesen wäre. Eine Härte im Sinne von § 2 Abs. 7 Arbeitserlaubnisverordnung (AEVO) müsse ebenfalls verneint werden.

Diesen Beschluß hat der Kläger nicht angefochten.

Am 6.12.1993 ist die Klageerwiderung der Bundesanstalt für Arbeit beim SG eingegangen und dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers zur Kenntnis übersandt worden. Zu diesem Zeitpunkt hat der Verwaltungsvorgang der Beklagten vorgelegen. Im weiteren Verlauf sind in der Gerichtsakte verschiedene Wiedervorlagefristen notiert und schließlich am 23.3.1994 der Rechtsstreit "zur Sitzung" geschrieben worden. Am 6.5.1994 hat der Kammervorsitzende Termin zur mündlichen Verhandlung für den 13.6.1994 bestimmt und das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet.

Am 26.5.1994 hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers bei dem SG vorsorglich beantragt, den Termin aufzuheben und neuen Termin nach Bewilligung der PKH anzuberaumen. Der Kläger sei in se...

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