Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Übergangsrecht. ehemalige DDR. anerkannter Arbeitsunfall. Fiktion. Ausschlussfrist. Kenntnis des zuständigen Unfallversicherungsträgers. Nichtanwendung des § 16 SGB 1
Orientierungssatz
Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (vgl zuletzt BSG vom 26.6.2001 - B 2 U 31/00 R = HVBG-INFO 2001, 2237) ist § 16 SGB 1, der den Eingang eines Leistungsantrags bei einem unzuständigen Leistungsträger regelt, auf die Vorschrift des § 1150 Abs 2 RVO nicht anwendbar, denn das Bekanntwerden iS des § 1150 Abs 2 S 2 Nr 1 RVO ist ein rein tatsächliches Geschehen und nicht identisch mit der Antragstellung iS des § 16 SGB 1. Die Bestimmung des § 1150 Abs 2 S 2 Nr 1 RVO ist keine Antrags-, sondern eine Ausschlußfrist.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Zahlung einer Verletztenrente.
Der ... 1944 geborene Kläger lebte bis Oktober 1989 in der ehemaligen DDR; am 7. Oktober 1989 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er bezog bis Oktober 1989 gemäß Unfall-Rentenbescheid des FDGB-Kreisvorstands W, Verwaltung der Sozialversicherung, eine Unfall-Teilrente nach einem Körperschaden von 20 v.H. wegen der Verschlimmerung eines Knieleidens rechts während seines militärischen Dienstes vom 1. November 1968 bis 30. April 1970 bei der Nationalen Volksarmee (NVA) der ehemaligen DDR. In der Dienstbeschädigungsliste vom 5. Februar 1970 heißt es hierzu, bei dem Kläger bestehe ein Zustand nach Kniegelenksoperation (1961) wegen Arthrosis deformans des rechten Knies; eine Verschlimmerung dieses Zustands könne durch die Dienstdurchführung hervorgerufen worden sein, so daß eine Dienstbeschädigung anzuerkennen sei.
Am 24. März 1992 beantragte der Kläger bei der mit Beschluß des Sozialgerichts (SG) Bremen vom 21. November 1996 beigeladenen Landesversicherungsanstalt (LVA) Oldenburg-Bremen eine Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit. In einem schriftlichen Vermerk der Auskunfts- und Beratungsstelle der Beigeladenen, Bremerhaven, vom 24. März 1992 heißt es, der Kläger habe in der ehemaligen DDR eine Rente aus gesundheitlichen Gründen bezogen; die Ursache sei eine Kniegelenksoperation des rechten Knies gewesen. Nach seinem Dienst in der NVA seien wieder Beschwerden aufgetreten und er habe aufgrund des festgestellten Körperschadens eine Unfall-Teilrente erhalten. Nach seinem Umzug nach B habe er bisher aus Unwissenheit bei der Beigeladenen keine Rente beantragt. Bei einer Vorsprache bei der LVA Sachsen in W sei ihm eine amtliche Aktenanforderung aus B nahegelegt worden. Er beantrage die Rente, damit über eine Rentenzahlung aufgrund seines Körperschadens entschieden werden könne.
Mit Bescheid vom 22. November 1993 lehnte die Beigeladene die Zahlung einer Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit mit der Begründung ab, der Kläger sei nach den gutachtlichen Feststellungen noch in der Lage, leichte Arbeiten wechselnd im Sitzen, Stehen und Gehen, ohne häufiges Knien, nicht im Akkord, ohne Gefährdung durch Kälte, Nässe und Allergenexposition vollschichtig und regelmäßig zu verrichten. -- Der Kläger legte gegen diesen Bescheid am 6. Dezember 1993 Widerspruch ein und machte geltend, er habe keinen Antrag auf Zahlung einer Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit gestellt, sondern lediglich die Weiterzahlung seiner Unfall-Teilrente beantragt, die er in der ehemaligen DDR bezogen habe.
Die Beigeladene teilte dem Kläger mit Schreiben vom 10. Februar 1994 mit, als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zahle sie keine Unfallrenten oder Renten aufgrund von Wehrdienstbeschädigungen. Für die Zahlung von Leistungen aufgrund von Wehrdienstbeschädigungen seien die Versorgungsämter zuständig, so daß sie ihm empfehle, einen Antrag auf Leistungen bei dem zuständigen Versorgungsamt B zu stellen.
Am 22. März 1994 bat der Kläger telefonisch die Beigeladene, ihm die für die Zahlung der Unfall-Teilrente zuständige Stelle zu nennen und einen Erörterungstermin durchzuführen. In einem Telefongespräch mit dem Gemeinde-Unfallversicherungsverband Oldenburg vom 29. März 1994 erfuhr die Sachbearbeiterin der Beigeladenen, daß die sogenannten Altfälle, für die in der ehemaligen DDR Unfallrenten gezahlt wurden, geburtsdatenmäßig auf die Berufsgenossenschaften aufgeteilt worden sind und für das Geburtsdatum des Klägers die Beklagte zuständig ist. In dem Erörterungstermin vom 5. Mai 1994 nahm der Kläger den Widerspruch gegen den Bescheid der Beigeladenen vom 22. November 1993 zurück.
Am 8. Juli 1994 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Zahlung der Unfall-Teilrente und wies auf seine Antragstellung bei der Beigeladenen im März 1992 hin.
Mit Bescheid vom 24. Mai 1995 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Entschädigung wegen der am 5. Februar 1970 anerkannten Dienstbeschädigung ab. Zur Begründung führte sie aus, nach § 1150 Abs. 2 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) gälten Unfäll...