Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallversicherung. wesentliche Verschlimmerung. Unfallfolgen
Leitsatz (amtlich)
Eine wesentliche Verschlimmerung von Unfallfolgen liegt vor, wenn sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25 vH auf 33 1/3 vH erhöht.
Orientierungssatz
1. In der gesetzlichen Unfallversicherung richtet sich nach § 581 Abs 1 Nr 2 RVO die Verletztenteilrente nach dem Grad der MdE, wobei die MdE - anders als der Grad der Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz (vgl § 3 Abs 2 SchwbG) - nicht nach Zehnergraden abgestuft sein muß.
2. Die Bemessung der unfallbedingten MdE richtet sich nach dem Ausmaß der körperlichen und geistigen Beeinträchtigung des Verletzten durch die Unfallfolgen und dem Umfang der dem Verletzten dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger wegen einer Verschlimmerung seiner Verletzungsfolgen eine höhere Verletztenrente zu zahlen ist.
Der 1948 geborene und als Glaser tätige Kläger erlitt am 14. Oktober 1980 einen Arbeitsunfall, indem ihm eine große Scherbe einer ca. 80 x 200 cm großen Glasscheibe auf den linken Fuß fiel und eine 10 cm große Schnittwunde mit Durchtrennung von Sehnen (sämtliche Fußstrecker) und Gefäßen hervorrief. Aufgrund dieses Arbeitsunfalls erhielt er nach dem Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 1981 eine vorläufige Verletztenrente in Höhe von 20 v.H. der Vollrente ab 7. Januar 1981. Mit Bescheid vom 24. Juni 1982 wurde die Rente ab 1. Juli 1982 in gleicher Höhe als Dauerrente gewährt, nachdem der Chirurg Dr. S. in einem Gutachten vom 3. Mai 1982 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H. angenommen hatte. Die gegen den Bescheid gerichtete Klage wurde vom Sozialgericht (SG) Bremen mit Urteil vom 8. März 1985 unter Hinweis auf ein durch das Gericht eingeholtes Gutachten des Chirurgen Dr. R. vom 17. August 1982 und ein im Auftrage der Beklagten erstattetes Rentengutachten des Chirurgen K. vom 23. Juni 1984 abgewiesen; beide Gutachter hatten die MdE mit 20 v.H. eingeschätzt. Während des sich anschließenden Berufungsverfahrens gab der Chirurg Dr. S. eine gutachtliche Stellungnahme (nach Aktenlage) vom 20. Juni 1985 ab. Er führte aus, daß die Hebefähigkeit des linken Fußes um 10 bis 15 Grad und das Senken des Fußes um gut 20 Grad gemindert sei, die Beweglichkeit im unteren Sprunggelenk sei hochgradig eingeschränkt; dieser Befund bedinge eine MdE von 20 v.H. Daneben liege eine Verwachsung der Strecksehnen des Fußrückens (der Zehen) und der Narbe vor. Eine Gangstörung sei ferner bewirkt durch eine Narbenbildung mit Gefühlsstörung. Außerdem müsse der Kläger ständig orthopädische Schuhe, orthopädische Arbeitsschuhe und orthopädische Hausschuhe tragen. Insgesamt sei die MdE ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit mit 25 v.H. zu beurteilen. Mit Schreiben vom 3. Juli 1985 an das Landessozialgericht (LSG) Bremen schlug die Beklagte daraufhin einen Vergleich dahingehend vor, daß ab 7. Januar 1981 die Verletztenrente nach einer MdE von 25 v.H. gezahlt wird. Der Kläger nahm diesen Vergleichsvorschlag an, und die Beklagte erteilte einen Ausführungsbescheid vom 11. Oktober 1985.
Am 14. März 1989 gab der Chirurg Dr. I. einen Bericht über eine Wiedererkrankung ab, im einzelnen führte er überwiegend belastungsabhängige zunehmende Beschwerden im Bereich des linken Fußgelenks und Fußes auf. Der Nervenarzt Dr. M. teilte in einem Bericht vom 17. März 1989 mit, daß seit einigen Wochen aufgetretene Schmerzen im seitlichen Bereich des Fußrückens mit Einstrahlung in das Narbengebiet neurologischerseits nicht erklärlich seien.
Am 8. Januar 1993 stellte der Kläger einen Verschlimmerungsantrag. Im Auftrage der Beklagten erstattete daraufhin der Chirurg Dr. H. ein Gutachten vom 11. Mai 1993. Er faßte die Unfallfolgen wie folgt zusammen: Geringe Muskelmassenminderungen im Wadenbereich, reizfreie Narbe am Übergang oberes Sprunggelenk-Fußrücken mit örtlichen Gefühlsminderungen im Narbenbereich und Gefühlsminderungen am hinteren Fußrückenbereich, ausstrahlend zu den Zehen; Minderung der Fußhebung und -senkung, nahezu vollständiger Verlust der Fußkantungen und erhebliche Minderung der Zehenbeweglichkeit bei Überstreckstellung aller Zehen, besonders der Großzehe; geringe Schrumpfungsvorgänge im Bereich des Fußgewölbes; Belastungsbeschwerden mit Stand- und Gangbehinderungen aufgrund des etwas kontrakten Mittelfußes mit Fehlbelastung bei Fehlstellung der Zehen 1 bis 5. Im Vergleich zu den Befunden nach der Stellungnahme des Chirurgen Dr. S. habe sich die Gesamtsituation nicht wesentlich geändert; zwar sei die Zehenbeweglichkeit insgesamt schlechter geworden, dafür sei aber jetzt eine Hebung des Fußes über die Nullstellung möglich.
Mit Bescheid vom 24. Mai 1993 lehnte die Beklagte eine Rentenerhöhung mit der Begründung ab, daß sich eine wesentliche Verschlimmerung, d.h. eine Erhöhung der MdE um mehr als 5 v.H., nicht ergeben habe.
Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte eine Stellungnahme vo...