Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Anerkennung von Ersatzzeiten durch Rechtsänderung aufgrund des Rü-ErgG
Orientierungssatz
Zur Rechtmäßigkeit der Aufhebung von Bescheiden über die Anerkennung von Ersatzzeiten aufgrund der durch das Rü-ErgG in § 250 Abs 2 Nr 3 SGB 6 erfolgten Rechtsänderung.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte zu Recht einen Bescheid über die Anerkennung einer Ersatzzeit aufgehoben hat.
Der 1943 geborene Kläger lebte seit 1944 in der ehemaligen CSSR. Seine Eltern waren mit ihm dorthin aus Bremen wegen der Luftangriffe verzogen. Nach einem Bescheid des damaligen Amtes für Vertriebene, Flüchtlinge und Evakuierte vom 28. März 1968 wurden die Eltern des Klägers nicht als Vertriebene anerkannt, da es sich bei ihrem Verzug in das Sudetenland (später CSSR) um eine Evakuierung gehandelt habe mit dem Ziel, nach Kriegsende wieder nach Bremen zurückzukehren. - Der Kläger war nach seinen Angaben in einem Fragebogen zur Herstellung von Versicherungsunterlagen vom 11. Juni 1982 in der CSSR vom 15. August 1957 bis 17. April 1982 als Elektriker beschäftigt, zunächst als Lehrling, dann als Monteur, Meister und Einkäufer für Elektromaterial. Am 5. Mai 1982 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein. In dem Registrierschein der Durchgangsstelle für Aussiedler, Nürnberg, ist angegeben, er sei Nichtvertriebener der Gruppe A. Einen Antrag auf Erteilung eines Ausweises für Vertriebene und Flüchtlinge B nach § 15 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) lehnte das Amt für Zuwanderer und Aussiedler, Bremen, mit Bescheid vom 14. Januar 1983 ab.
Die Beklagte lehnte einen Antrag des Klägers auf Herstellung einer Versicherungsunterlage nach Maßgabe des Fremdrentengesetzes (FRG) über die in der ehemaligen CSSR zurückgelegten Versicherungszeiten mit der Begründung ab, er sei nicht Vertriebener im Sinne des BVFG und gehöre auch nicht zum Personenkreis der heimatlosen Ausländer (Bescheid vom 21. Februar 1983). Mit Bescheid vom 7. März 1988 erkannte die Beklagte die Zeit vom 24. August 1957 bis 4. Mai 1982 als Ersatzzeit nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) an (Zeiten, in denen der Versicherte während oder nach Beendigung eines Krieges, ohne Kriegsteilnehmer zu sein, durch feindliche Maßnahmen an der Rückkehr aus dem Ausland oder aus den unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten verhindert gewesen oder dort festgehalten worden ist).
Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Ergänzung der Rentenüberleitung (RÜ-ErgG) vom 24. Juni 1993 (BGBl. I S. 1038) am 1. Juli 1993 beabsichtigte die Beklagte, den Bescheid vom 7. März 1988 über die Anerkennung der Ersatzzeit vom 24. August 1957 bis 4. Mai 1982 aufzuheben. Mit Anhörungsschreiben vom 3. April 1996 wies sie den Kläger darauf hin, nach § 250 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) i. d. F. des RÜ-ErgG seien Zeiten, in denen nach dem 31. Dezember 1956 die Voraussetzungen nach § 250 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 5 SGB VI vorlägen, keine Ersatzzeiten mehr für Personen, die eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt oder diese auch aus anderen als den dort genannten Gründen nicht ausgeübt hätten. Nach ihren Unterlagen müsse sie davon ausgehen, daß der Kläger eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt habe bzw. die Nichtausübung der Beschäftigung für die Zeit nach dem 31. Dezember 1956 andere Gründe gehabt habe. Sie beabsichtige daher, den Bescheid vom 7. März 1988 bezüglich der anerkannten Ersatzzeit aufzuheben.
Der Kläger teilte der Beklagten mit, bei seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland sei er als Nichtvertriebener der Gruppe A mit dem Vermerk "Härtefall" registriert worden. Damit sollten ihm alle Leistungen, die für Vertriebene üblich seien, sicher sein. Wenn er nun nach einem Aufenthalt hier von 14 Jahren erfahre, daß es zu einer Gesetzesänderung gekommen sei und ihm über 20 Jahre aus seinem Versicherungsverlauf gestrichen würden, bedeute dies eine soziale Härte für ihn, zumal er in seinem Alter diesen Wegfall mit einer anderen Versicherungsform nicht ausgleichen könne.
Mit Bescheid vom 28. Mai 1996 hob die Beklagte den Bescheid vom 7. März 1988 über die Anerkennung der Ersatzzeit vom 24. August 1957 bis 4. Mai 1982 mit Wirkung für die Zukunft nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Schutz der Sozialdaten, Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehungen zu Dritten - (SGB X) auf. Zur Begründung führte sie aus, während der anerkannten Ersatzzeit habe der Kläger eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt, so daß sie nach § 250 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI i. d. F. des RÜ-ErgG keine Ersatzzeit mehr sei. - Der Kläger legte gegen diesen Bescheid am 26. Juni 1996 Widerspruch ein und machte geltend, wegen der Anerkennung der Zeit vom 24. August 1957 bis 4. Mai 1982 als Ersatzzeit habe er darauf verzichtet, sich privat weiter zu versichern. Hätte die Beklagte die Zeit nicht als Ersatzzeit anerkannt, wäre er gezwungen gewesen, eine private Ve...