Verfahrensgang
SG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 07.08.2000; Aktenzeichen S 4 KR 159/99) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden dasUrteil desSozialgerichts Frankfurt (Oder) vom07. August 2000 sowie die Bescheide der Beklagten vom 01. Juni 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 1999 und vom 18. Oktober 1999 und 19. Januar 2000 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 08. April 1999 bis 31. März 2000 die Kosten für häusliche Krankenpflege zu erstatten.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf Leistungen der häuslichen Krankenpflege hat.
Der am … 1992 geborene Kläger leidet an einem Diabetes mellitus Typ I. Die behandelnde Fachärztin für Pädiatrie Diplommedizinerin A. K. in E. verordnete häusliche Krankenpflege für die Zeit vom 08. April bis zum 30. Juni 1999 (Injektion sc. Actrapid 1 × täglich / 5 × wöchentlich). Einen Antrag des Klägers, diese Leistungen in der Kindertagesstätte „S.” in F. (O). erbringen zu lassen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 01. Juni 1999 ab. Zur Begründung führte sie aus, häusliche Krankenpflege sei an die Häuslichkeit gebunden. Der Kläger legte am 23. Juni 1999 Widerspruch ein und führte aus, die Begründung, dass eine häusliche Krankenpflege an die Häuslichkeit gebunden sei, sei für ihn nicht nachvollziehbar. Am 30. August 1999 wurde der Kläger schulpflichtig. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 1999, zugestellt am 30. September 1999, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Am 07. Oktober 1999 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) Klage erhoben.
Er hat vorgetragen, beide Eltern seien berufstätig und könnten die Injektionen daher nicht selbst vornehmen.
Mit Bescheiden vom 18. Oktober 1999 und 19. Januar 2000 hat die Beklagte häusliche Krankenpflege auch für die Zeit vom 01. Oktober bis zum 31. Dezember 1999 und vom 01. Januar bis zum 31. März 2000 abgelehnt.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid vom 01. Juni 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 1999 und die danach ergangenen Bescheide über die Ablehnung der häuslichen Krankenpflege aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 08. April 1999 bis zum 31. März 2000 die Kosten für eine häusliche Krankenpflege zu erstatten.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Durch Urteil vom 07. April 2000 hat das Sozialgericht Frankfurt (Oder) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Gewährung der häuslichen Krankenpflege scheitere am Leistungsort, an dem diese habe erbracht werden sollen. Die Beklagte müsse jedenfalls derzeit nicht für Behandlungspflegemaßnahmen einstehen, die in Kindertagseinrichtungen bzw. dem Schulhort zu erbringen seien, denn eine solche Verpflichtung ergebe sich nicht aus § 37 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, fünftes Buch (SGB V).
Gegen das (nach einer Berichtigung erneut) am 23. Mai 2000 zur Post gegebene Urteil hat der Kläger am 20. Juni 2000 beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Der Begriff der „Häuslichkeit” sei im Sozialgesetzbuch nicht genau definiert, der Kläger sei ohne Unterstützung nicht in der Lage, die notwendigen Injektionen selbst vorzunehmen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) sowie den Bescheid der Beklagten vom 01. Juni 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 1999 und die danach ergangenen Bescheide über die Ablehnung der häuslichen Krankenpflege aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 03. April 1999 bis zum 31. März 2000 die Kosten für häusliche Krankenpflege zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Eine Ausweitung des Haushaltsbegriffs im Sinne einer „ausgelagerten” häuslichen Krankenpflege sei im Gesetz nicht vorgesehen. Auch das Bundesministerium für Gesundheit habe in einer Stellungnahme (vom 21. Februar 2001) gegenüber dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages geäußert, dass entsprechende Leistungen an Personen, die sich im „außerhäuslichen bzw. außerfamiliären Bereich” aufhielten, nach geltendem Recht nicht erbracht werden könnten.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze und wegen der weiteren Einzelheiten auf den Inhalt der Gerichtsakte und des den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist statthaft, denn der Beschwerdewert liegt nach den vom Kläger vorgelegten Rechnungen der F. Hauskrankenpflege allein für die Zeit von April 1999 bis September 1999 bei einem täglichen Einzelpreis von 12,70 DM und einem Gesamtpreis von 1 282,70 DM über 1 000...