Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Anrechnung von Nebeneinkommen. Verlängerung der Anspruchsdauer. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Da das SGB 3 keine dem § 110 S 1 Nr 1 Halbs 2 AFG entsprechende Regelung mehr enthält, führt die Anrechnung von Nebeneinkommen gem § 141 Abs 1 S 1 SGB 3 nicht zu einer Verlängerung der Anspruchsdauer.
2. Diese Regelung verstößt nicht gegen Art 14 Abs 1 GG.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgericht Potsdam vom 19. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die teilweise Aufhebung der Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) wegen Anrechnung von Nebeneinkommen und dessen Rechtsfolgen.
Die 1960 geborene, verheiratete Klägerin, die bis zum 21. Februar 1999 Unterhaltsgeld (Uhg) bezogen hatte, meldete sie sich mit Wirkung zum 22. Februar 1999 arbeitslos und beantragte Alg. Sie gab an, zu Beginn des Jahres sei auf ihrer Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse IV eingetragen gewesen. Für ihren jüngsten Sohn (geboren: 1989) werde Kindergeld bezogen.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin Alg ab 22. Februar 1999 nach einem wöchentlichen gerundeten Bemessungsentgelt von 670 DM mit einer noch bestehenden Anspruchsdauer von 184 Tagen mit einem wöchentlichen Leistungssatz von 294,35 DM (42,05 DM täglich) (Leistungsgruppe A/67 Prozent/SGB III LeistungsentgeltVO 1999 - Bewilligungsbescheid vom 03. März 1999). Dieser Bescheid wurde nicht mit einem Rechtsbehelf angefochten. Diesem Leistungsbezug ab 22. Februar 1999 war ein Alg-Anspruch der Klägerin ab 22. Dezember 1997 bzw. 01. Januar 1998 (Bewilligungsbescheid vom 09. Januar 1998 bzw. Alg-Bewilligungsverfügung vom 09. Januar 1998) vorausgegangen.
Die Klägerin legte der Beklagten eine Bescheinigung vom 30. Juni 1999 über Nebeneinkommen aus einer weniger als 15 Stunden in der Woche ausgeübten Beschäftigung für den Monat Juni 1999 vor, nach der sie als Familienhelferin insgesamt 324,00 DM verdient hatte. Für 92 km an Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit dem eigenen Pkw waren der Klägerin nach eigenen Angaben 34,96 DM durch die Arbeitgeberin erstattet worden. Wegen der Einzelheiten der Bescheinigung über Nebeneinkommen vom 30. Juni 1999 wird auf Blatt 257 der Leistungsakten der Beklagten verwiesen. Ohne der Klägerin zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Alg für den Monat Juni 1999 wegen Berücksichtigung eines Nebenverdienstes u.a. ohne Anrechnung von Werbungskosten teilweise auf, rechnete 59,00 DM auf das Alg an, verfügte die Erstattung und die Aufrechnung dieses Betrages in voller Höhe gegen die laufende Leistung; Bescheid vom 23. Juli 1999.
Im Monat Juli 1999 erzielte die Klägerin nach einer weiteren Bescheinigung vom 30. Juli 1999 über Nebeneinkommen aus derselben weniger als 15 Stunden in der Woche ausgeübten Beschäftigung 1.044,00 DM. Wegen der Einzelheiten der Bescheinigung über Nebeneinkommen vom 30. Juni 1999 wird auf Blatt 264 der Leistungsakten der Beklagten verwiesen. Wiederum hob die Beklagte, ohne der Klägerin zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, die Entscheidung über die Bewilligung von Alg für den Monat Juli 1999 wegen Berücksichtigung des Nebeneinkommens teilweise auf, rechnete 779,00 DM auf das Alg an, verfügte die Erstattung und die Aufrechnung dieses Betrages in voller Höhe gegen die laufende Leistung; Bescheid vom 11. August 1999.
Die Klägerin legte am 19. August 1999 gegen die Bescheide vom 23. Juli 1999 und 11. August 1999 Widersprüche ein: Die Bescheide enthielten keine Regelungen zu der über den 24. August 1999 hinausgehenden Dauer ihres Anspruchs auf Alg. Nach § 128 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) mindere sich die Dauer des Anspruchs auf Alg nur um die Tage, für die der Anspruch auf Alg erfüllt worden sei. Eine nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) i.V.m. § 141 SGB III aufgehobene Leistungsbewilligung und damit einhergehende Leistungsrückforderung stelle keine Anspruchserfüllung dar. Die Anspruchsdauer mindere sich nicht. Die Beklagte möge entweder die angefochtenen Bescheide um eine Entscheidung zur Anspruchsdauer von Alg über den 24. August 1999 hinaus ergänzen oder mit gesondertem Bescheid hierzu eine Entscheidung herbeiführen.
Durch Leistungsnachweis/Entgeltbescheinigung der Beklagten vom 25. August 1999 teilte sie der Klägerin mit, der Alg-Anspruch sei mit Ablauf des 24. August 1999 erschöpft und die Leistung dementsprechend einzustellen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04. November 1999 wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück. Sie habe die Anrechnungen von Nebeneinkommen nach den gesetzlichen Vorschriften vorzunehmen gehabt, wie sie aus den angefochtenen Bescheiden zu entnehmen seien. Eine Erhöhung der Anspruchsdauer s...