Entscheidungsstichwort (Thema)

kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage. Erklärung zum Antragszeitpunkt. sozialrechtlicher Herstellungsanspruch. Leistungsantrag. Anspruchsvoraussetzung. Stichtag. Stammrechtsentstehung

 

Leitsatz (amtlich)

Ist Alhi nur bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts bewilligt worden und begehrt der Kläger über die von der Beklagten vorgenommene Rücknahme der Leistungsbewilligung hinaus die Fortzahlung von Alhi nach Ablauf des Bewilligungsabschnitts, ist die kombinierte Anfechtuns- und Leistungsklage die richtige Klageart. Erklärt der Antragsteller sowohl bei der Beantragung von Alg als auch bei der Einreichung eines Antrags auf Bewilligung von Anschluss-Alg nicht ausdrücklich, dass Alhi erst für einen bestimmten Zeitpunkt nach Beendigung des Alg-Bezuges begehrt werde, liegt keine “andere Erklärung” iSd § 323 I 2 Hs 2 SGB III vor mitder Folge, dass die Gewährung von Alhi als unmittelbar im Anschluss an die Beendigung des Alg-Bezuges beantragt gilt. Die Arbeitsargentur ist nicht verpflichtet, einen Arbeitslosen bei der Beantragung von Alg darüber zu informieren, dass er vor der Beantragung von Alhi sein Vermögen veräußern soll, um seine Bedürftigkeit herbeizuführen. Für die Beurteilung der Bedürftigkeit eines Arbeitslosen ist maßgeblich auf den Zeitpunkt der Entstehung des Stammrechts auf Alhi abzustellen.

 

Normenkette

SGG § 54 Abs. 1, 4; SGB III § 323 Abs. 1 S. 2 2. HS., § 190 Abs. 1 Nr. 5, § 193 Abs. 1

 

Verfahrensgang

SG für das Saarland (Urteil vom 24.10.2002)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 24.10.2002 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rücknahme der Bewilligung und Rückforderung von Arbeitslosenhilfe sowie von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung wegen unterlassener Vermögensanrechnung.

Die am 1975 geborene Klägerin erwarb am 03.07.1998 den Berufsabschluss als staatlich anerkannte Erzieherin. In der Zeit vom 21.08.1997 bis 20.08.1998 war sie als Praktikantin bei dem Verein “p.E.….” beschäftigt.

Am 14.08.1998 meldete sie sich arbeitslos und stellte mit Wirkung zum 21.08.1998 einen Antrag auf Bewilligung von Arbeitslosengeld. Diesem Antrag gab die Beklagte mit Bescheid vom 16.09.1998 statt und bewilligte Arbeitslosengeld auf der Grundlage eines gerundeten Bemessungsentgelts von 490 DM in Höhe von 212,24 DM/Woche in der Leistungsgruppe A/0.

In der Folge befand sich die Klägerin im laufenden Bezug von Arbeitslosengeld, unterbrochen durch zwei kurzfristige Beschäftigungen als Erzieherin in der Zeit vom 01.01.1999 bis 28.02.1999 und vom 15.03.1999 bis 31.05.1999.

Nach der Erschöpfung des Leistungsanspruchs am 07.07.1999 reichte die Klägerin am 31.08.1999 das ausgefüllte Antragsformular auf Bewilligung von Arbeitslosenhilfe bei der Beklagten ein. In diesem Antragsformular gab sie bei den Fragen zu vorhandenem Vermögen an, dass sie über eine Kapitallebensversicherung mit einer Versicherungssumme von 36.408 DM und einen Bausparvertrag mit einer Bausparsumme von 40.000 DM verfüge.

Mit Bescheid vom 30.09.1999 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosenhilfe ab dem 08.07.1999 auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts von 490 DM in Höhe von 190,05 DM/Woche.

Durch einen Datenabgleich zwischen dem Bundesamt für Finanzen und der Beklagten nach § 45d Einkommensteuergesetz (EStG) vom 17.05.2000 wurde bei der Beklagten bekannt, dass die Klägerin bei der S.…W.…V.… Kapitalerträge in Höhe von 792 DM erzielt hatte. Auf Anfrage der Beklagten legt die Klägerin in der Folge

– eine Erträgnisaufstellung 1998 der S.…W.…V.… (Kontonummern: 1., 2., 3., 4.),

– eine Abtretungserklärung zu dem Vario-Plus-Vertrag Nr. 3. vom 30.08.1999,

– einen Kontoauszug zu diesem Vario-Plus-Vertrag, und

– eine Bestätigung der S.…W.…V.… über die Guthabenstände für das Sparkonto Nr. 2. vor.

Sie gab an, ihr sei bekannt, dass man nur Arbeitslosenhilfe erhalte, wenn man bedürftig sei. Sie habe den Antrag daher erst zum 01.09.1999 gestellt, als sie bedürftig gewesen sei. In der Zeit vom 08.07.1999 bis 31.08.1999 sei sie nicht bedürftig gewesen und habe in dieser Zeit auch ihre Krankenkassenbeiträge selbst bezahlt. Sie habe nicht gewusst, dass die Arbeitslosenhilfe rückwirkend gezahlt werde. Im Juli/August 1999 habe sie sich mit mehreren Leuten ausgetauscht und sei zu dem Entschluss gekommen, ihr Geld in materielle Dinge zu investieren und die Leistung, die ihr zustehe, in Anspruch zu nehmen. Das Geld von ihrem Sparbuch Nr. 2. habe sie verwendet, um 3 Zimmer, Böden, Gardinen etc. neu einzurichten (20.000 DM). Belege habe sie keine mehr.

Nachdem eine der Beklagten mitgeteilte Arbeitsaufnahme als Erzieherin am 01.08.2000 nicht zustande gekommen war, stellte die Klägerin am 16.08.2000 erneut einen Antrag auf Bewilligung von Arbeitslosenhilfe. Hierbei gab sie an, dass sie über ein Bankguthaben in Höhe von 1.218,59 DM, einen Sparbrief über 5.420,86 DM sowie einen Ba...

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