Verfahrensgang

SG für das Saarland (Urteil vom 11.09.1984; Aktenzeichen S 5 KnU 164/82)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 20.08.1987; Aktenzeichen 5a RKnU 1/86)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 11. September 1984 sowie der Bescheid der Beklagten vom 03.03.1982 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.11.1982 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, Hinterbliebenenrente nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.

Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der am … 1954 geborene Ehemann der Klägerin, M. B., am 14.09.1981 bei einem versicherten Wegeunfall ums Leben gekommen ist. Der in R. wohnende B. fuhr nach Schichtende als Beifahrer im Wagen seines Arbeitskollegen … M. mit, der in H. wohnte. Auf der Straße zwischen D. und H. geriet das Fahrzeug kurz vor dem Ortseingang von H. in einer Kurve von der Fahrbahn ab und prallte gegen einen Baum; beide Insassen kamen ums Leben. Die Polizei nahm an, der Unfall habe sich um 17.20 ereignet.

Die Beklagte geht davon aus, B. und M. hätten sich vom versicherten Weg gelöst oder den versicherten Heimweg unterbrochen; die Zeitdauer zwischen dem Verlassen des Betriebsgeländes (14.30 Uhr bis 14.40 Uhr) und dem Zeitpunkt des Unfalles (17.20 Uhr) in Verbindung mit der von ihr ermittelten Fahrzeit von ca. 22 Minuten bis zur Unfallstelle lasse den Schluß zu, B. und M. seien bereits zur eigenwirtschaftlichen Gestaltung der Freizeit übergegangen.

B. und M. waren beide auf der Grube E. beschäftigt. Ihre Frühschicht am Unfalltag hatte um 14.00 Uhr geendet. Das Bad verließen sie gegen 14.30 Uhr (möglicherweise wenige Minuten früher) und begaben sich anschließend in die Werkskantine (Kaffeeküche). Dort traf sie der Zeuge G. um 14.30 Uhr bereits an. Dieser hatte als Letzter der Frühschicht das Bad verlassen.

Dem auch in H. wohnenden Zeugen G. machte M. in der Kantine sodann das Angebot, ihn ebenfalls in seinem Pkw mitzunehmen. G. lehnte dieses ab; er benutzte für die Heimfahrt einen Bus, der vom Grubengelände zwischen 14.40 Uhr und 14.45 Uhr abfuhr. G. hörte bei dieser Gelegenheit, daß B. seinen in H. lebenden Eltern einige Lebensmittel überbringen wollte, die er in der Werkskantine eingekauft hatte. Etwa gegen 14.35 Uhr verließen G., M. und B. die Kantine. Der an der Haltestelle auf den Bus wartende Zeuge G. sah noch, wie B. und M. im Pkw den Parkplatz verließen.

Es konnte nicht festgestellt werden, welchen Weg M. und B. bis zur Unfallstelle benutzt haben. Nach Feststellungen der Beklagten benötigt man auf der über S. und N. führenden Strecke bis zur Unfallstelle ca. 22 Minuten. Der Zeuge G. hat angegeben, er benutze, wenn er mit dem Pkw fahre, die Strecke über D., auf der man in ca. 30 Minuten zur Unfallstelle gelange. Unbekannt ist ferner, ob B. und M. den Heimweg unterbrochen hatten, an welchem Ort dies geschah und wie lange die Unterbrechung gedauert hat. Bei M. wurde nach dem Unfall eine Blutalkoholkonzentration von 1,82 ‰ GC bzw. 1,91 ‰ ADH festgestellt; von B. wurde keine Blutprobe entnommen.

Bei den Ermittlungen zum Unfallzeitpunkt hat sich ergeben, daß der Zeuge S. von D. aus fahrend die gleiche Strecke wie M. und B. benutzt hat und unmittelbar nach dem Unfall an die Unfallstelle gelangt ist. Er verließ nach seinen Angaben seinen Arbeitsplatz in D. einige Minuten nach 17.00 Uhr, begab sich sofort in seinen vor dem Eingang zum Betrieb geparkten Pkw und fuhr dort um 17.10 Uhr weg. Die Unfallstelle erreichte er nach seinen Angaben nach einer Fahrzeit von etwa 5 Minuten. Er stellte seinen Wagen etwa 50 Meter von der Unfallstelle entfernt ab, ging zur Unfallstelle zurück und informierte sodann den Fahrer eines mittlerweile aus Richtung H. gekommenen Fahrschulwagens, der sofort nach H. zurückfuhr und dort einen telefonischen Notruf veranlaßte. Bei der Rettungsleitstelle des Saarlandes ging der Notruf vom Polizeirevier M. kommend um 17.23 Uhr ein. Um 17.25 Uhr rückte der Notarztwagen von M. aus.

Die Beklagte hat durch Bescheid vom 03.03.1982 die Gewährung von Hinterbliebenenentschädigung abgelehnt mit der Begründung, die Zeitdauer von mehr als 2 Stunden zwischen dem Verlassen des Grubengeländes und dem Unfall rechtfertige den Schluß, der Verstorbene sei bereits zur Freizeitgestaltung übergegangen, der rechtliche Zusammenhang mit der versicherten Arbeit sei daher gelöst.

Nach erfolglosem Widerspruch (Bescheid vom 22.11.1982) hat das Sozialgericht nach Vernehmung des Zeugen S. durch Urteil vom 11.09.1984 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, im Zeitpunkt des Unfalls (ca. 17.15 Uhr bis 17.20 Uhr) sei der Heimweg von M. unter Berücksichtigung der Fahrzeit vom Werkstor bis zur Unfallstelle um mehr als zwei Stunden hinausgezögert gewesen. Besondere Umstände, die einer endgültigen Lösung von der versicherten Tätigkeit entgegenstünden, seien nicht erkennbar.

Ge...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge