Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Krankenversicherung der Studenten. Altersgrenze von 30 Jahren. Ausnahme aufgrund der Art der Ausbildung oder persönlichen oder familiären Gründen. Vorliegen von Hinderungs- und Nicht-Hinderungsgründen
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Mitgliedschaft einer 40-jährigen in der Krankenversicherung der Studenten und zum Vorliegen familiärer und persönlicher Gründe für den späten Studienbeginn
Normenkette
SGB V § 9 Abs. 1 Nr. 9
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 29.11.2004 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die 1962 geborene Klägerin, die seit April 1999 Mitglied der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der BKK Ba. (künftig: BKK), bzw. der Beklagten ist, für ihr im Jahr 2002 begonnenes Studium der Rechtswissenschaften Mitglied in der Krankenversicherung der Studenten (KVdS) oder freiwillig versichert ist.
Die Klägerin ist Mutter zweier Kinder, die im Jahr 1986 und 1993 geboren wurden. Sie erreichte 1980 den Abschluss der Fachhochschulreife aufgrund des Besuchs einer höheren Handelsschule und absolvierte anschließend bis 1982 eine Lehre zur Bankkauffrau. Bis 1990 arbeitete sie bei der Volksbank N., anschließend bis Juni 1993 selbstständig im Bereich der Vermögens-, Immobilien- und Versicherungsberatung. Während der anschließenden Erziehungszeit war sie in den Jahren 1994 und 1995 in Teilzeit als Büroangestellte und nebenher im Versicherungs- und Finanzierungsbereich tätig. In der Zeit von September 1996 bis Juni 2001 war sie neben Zeiten der Arbeitslosigkeit als Angestellte bei drei Firmen beschäftigt. Ab Juli 2001 ist sie selbstständige Mitarbeiterin einer Bausparkasse gewesen.
Aufgrund der Verordnung über die Studienberechtigung für die Hochschulen des Saarlandes durch besondere berufliche Qualifikation vom 28.4.1995 (Amtsbl. S. 514) bewarb sie sich im Februar 2002 um ein Eignungsgespräch zum Erwerb der fachgebundenen Studienberechtigung für das Fach Rechtswissenschaften. Nachdem das Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft mitgeteilt hatte, die Voraussetzung einer entsprechenden Weiterbildung sei bei ihr noch nicht erfüllt und sie müsse ein Studium als Gasthörer für zwei Semester mit Leistungsnachweisen belegen, nahm sie als Gasthörerin an der Universität des Saarlandes im Wintersemester 2001/2002 und im Sommersemester 2002 an den Abschlussklausuren der ersten beiden Semester im Studiengang Rechtswissenschaft mit Erfolg teil. Daraufhin erhielt sie von der Universität des Saarlandes am 11.10.2002 nach § 82 Abs. 5 des Universitätsgesetzes (UG) vom 23.6.1999 (Amtsbl. S. 982) die Berechtigung zum Studium der Rechtswissenschaft. Sie wurde aufgrund dieser fachgebundenen Hochschulreife im Wintersemester 2002/2003 unter Anrechnung der beiden Gastsemester für das dritte Fachsemester im Studienfach der Rechtswissenschaft an der Universität des Saarlandes eingeschrieben und erhält Leistungen nach § 10 Abs. 3 BAföG.
Zwischen den Beteiligten entstanden Meinungsverschiedenheiten darüber, ob die Klägerin Mitglied in der KVdS geworden ist. Durch Schreiben vom 28.8.2003 teilte die BKK der Klägerin mit, eine Krankenversicherung der Studenten sei nur bis zum 30. Lebensjahr möglich. Anschließend könne eine freiwillige Versicherung abgeschlossen werden, wie es im Fall der Klägerin geschehen sei. Mit Bescheid vom 16.10.2003 legte die BKK den Beitrag zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung auf 126,14 EUR monatlich fest. Ihr sei eine Regelung bezüglich der Krankenversicherung der Studenten, die ein Erststudium nach einem späteren Erwerb der Zugangsvoraussetzungen begonnen hätten, unbekannt.
Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein und berief sich auf eine Ausnahmeregelung für Studenten, die das Studium nach einem späteren Erwerb der Zugangsvoraussetzungen begonnen hätten.
Durch Widerspruchsbescheid vom 24.4.2004 wies die BKK den Widerspruch der Klägerin im Wesentlichen mit der Argumentation zurück, § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V greife zu Gunsten der Klägerin nicht ein. Bei der Altersgrenze und der Auswahl der Tatbestände für die Verlängerung der Mitgliedschaft in der KVdS habe sich der Gesetzgeber zwar am BAföG orientiert, die Weitergewährung solcher Leistungen über das 30. Lebensjahres hinaus führe jedoch nicht zwangsläufig zu einer Verlängerung der Versicherungspflicht. Die Klägerin habe das Studium erst nach dem 30. Lebensjahr aufgenommen und unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei ein Herausschieben der Altersgrenze nicht möglich, wenn zuvor eine Beschäftigung ausgeübt worden sei. Eine solche Konstellation sei bei der Klägerin aber gegeben.
Im anschließenden Klageverfahren verwies die Klägerin darauf, dass sie alleinstehend und Mutter zweier minderjähriger Kinder sei. Die persönliche familiäre Situation und die Schwierigkeiten mit der Unterbringung der Kinder hätten eine vorzeitige...