Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Höhe des Zuschusses zum Versicherungsbeitrag zur privaten Krankenversicherung. Rechtsanalogie. verfassungskonforme Auslegung
Leitsatz (amtlich)
Im Wege verfassungskonformer Auslegung von § 26 Abs 2 SGB 2 ist bei Beziehern von Arbeitslosengeld II, die privat krankenversichert sind und aufgrund der Neuregelung in § 5 Abs 5a S 1 SGB 5 ab dem 1.1.2009 auch nicht mehr durch den Bezug von Arbeitslosengeld II versicherungspflichtig werden, der Beitrag zur privaten Krankenversicherung in voller Höhe zu übernehmen.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 20. Juli 2009 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat auch die dem Kläger im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch um den Anspruch des Klägers auf Übernahme der von ihm aufzubringenden Beiträge zur privaten Krankenversicherung in voller Höhe.
Der 1974 geborene Kläger ist von Beruf Volljurist und war nach Beendigung seiner Referendarzeit zunächst als selbstständiger Rechtsanwalt tätig.
Erstmals am 29. Juni 2006 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Seit der Zeit als Referendar, während der er Beamter auf Widerruf war, ist er durchgängig privat krankenversichert. Die ihm im Jahr 2003 erteilte Anwaltszulassung ruht seit Februar 2009. Zum Zeitpunkt der Antragstellung betrug der monatliche Gesamtbeitrag des Klägers für seine private Versicherung 217,75 Euro, wobei davon ein Betrag von 16,82 Euro auf die private Pflegeversicherung entfiel.
Mit Bescheid vom 28. Juli 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 29. Juni 2006 bis zum 30. Juni 2006 Leistungen in Höhe von 33,50 Euro und für die Zeit vom 01. Juli 2006 bis zum 31. Dezember 2006 in Höhe von monatlich 497,04 Euro. Dabei war der Bewilligung ein monatlicher Zuschuss in Höhe von 112,20 Euro zur Krankenversicherung, 14,45 Euro zur Pflegeversicherung und 78,00 Euro zur Rentenversicherung zu Grunde gelegt worden. Mit Schreiben vom 01. Juni 2007, eingegangen bei der Beklagten am 04. Juni 2007, teilte der Kläger in der Folge mit, dass er für die Zeit nach dem 30. Juni 2007 keinen weiteren Antrag auf Leistungen nach dem SGB II stellen wolle.
Erst am 26. Januar 2009 beantragte der Kläger erneut bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Ausweislich der Bescheinigung der privaten Krankenversicherung vom 05. November 2008 beträgt der Gesamtbeitrag seit dem 01. Januar 2009 225,28 Euro. Davon entfällt ein Betrag von 17,89 Euro auf die private Pflegeversicherung. Eine Versicherung im Basistarif der privaten Krankenversicherung würde demgegenüber einen monatlichen Betrag von 569,63 Euro ergeben. Hinzu kämen Aufwendungen für die Pflegeversicherung in Höhe von 71,66 Euro im Monat. Die von dem Kläger aufzubringenden Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung belaufen sich insgesamt auf pauschal 250,00 Euro im Monat.
Mit Bescheid vom 16. März 2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger sodann vorläufig für die Zeit vom 26. Januar 2009 bis 31. Januar 2009 Leistungen in Höhe von 90,85 Euro sowie in Höhe von jeweils 724,21 Euro monatlich für den Zeitraum vom 01. Februar 2009 bis zum 30. Juni 2009. Dabei rechnete die Beklagte im Januar 2009 ein noch zu erwartendes Einkommen aus der selbstständigen Tätigkeit in Höhe von 54,00 Euro an. Insgesamt wurde bei der Berechnung ein Zuschuss zur Krankenversicherung in Höhe von 129,54 Euro und zur Pflegeversicherung in Höhe von 17,79 Euro, jeweils monatlich, berücksichtigt. Die tatsächlich anfallenden Kosten für Unterkunft und Heizung wurden nur bis zu dem Betrag von 225,88 Euro im Monat übernommen.
Dagegen legte der Kläger am 28. März 2009 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass die von ihm eigentlich beabsichtigte Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung seit dem 01. Januar 2009 aufgrund § 5 Abs. 5a des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) nicht mehr möglich sei, so dass eine Kostensenkung in diesem Bereich ausgeschlossen sei. Er habe bei der Krankenversicherung den günstigsten Tarif gewählt. Es entstehe eine monatliche Deckungslücke von 77,95 Euro, die er aus einem Regelsatz von 351,00 Euro bestreiten müsse. Dies bedeute, dass 22,21 % des Regelsatzes für die Zahlung von Krankenversicherungsbeiträgen aufgewendet werden müssten. Dadurch sei sein Existenzminimum nicht mehr gewährleistet. Auch liege ein Verstoß gegen das Bedarfsdeckungsprinzip vor. Es sei gerade die Absicht des Gesetzgebers gewesen, jedem Bezieher von Arbeitslosengeld II einen kostenfreien Zugang zur Krankenversicherung zu gewähren. Bei Einführung von § 5 Abs. 5a SGB V habe der Gesetzgeber offensichtlich vergessen, § 2...