Leitsatz (amtlich)

Im Sozialrecht ist eine Anschlussberufung auch zum Zwecke der Klageerweiterung möglich. Ein Pflegeversicherungsvertrag kommt auch dann zustande, wenn der Versicherte auf die Mitteilung seines privaten Krankenversicherers über den Eintritt der Pflegepflichtversicherung und den Antrag zum Vertragsschluss durch Zahlung der Beiträge – auch im Wege des Einzugs – seine Zustimmung zum Vertragsabschluss zu erkennen gibt. Die Rechtmäßigkeit der Beitragshöhe für die private Pflegeversicherung kann nicht mit dem Einwand in Frage gestellt werden, die Dienst- oder Versorgungsbezüge des beamteten oder beamtet gewesenen Versicherten seien derart niedrig, dass er nach Zahlung der Versicherungsbeiträge keine genügende finanzielle Absicherung habe.

 

Verfahrensgang

SG für das Saarland (Gerichtsbescheid vom 13.03.2002; Aktenzeichen L 2 PB 5/02)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 13.03.2002 wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird der Beklagte verurteilt, der Klägerin 861,05 EURO zu zahlen. Die Anschlussberufung im Übrigen wird zurückgewiesen.

Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob und wenn ja in welcher Höhe der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Beiträge für eine private Pflegeversicherung zu zahlen.

Der 1934 geborene Beklagte ging in der ehemaligen DDR und später in der Bundesrepublik Deutschland einer versicherungspflichtigen Tätigkeit nach. Anschließend wurde er als Beamter in den öffentlichen Dienst übernommen und schloss bei der Klägerin im Jahr 1972 einen privaten Krankenversicherungsvertrag ab. Am 03.04.1987 wurde er in den (vorläufigen) Ruhestand versetzt. Er erhält eine Altersrente von der LVA sowie beamtenrechtliche Versorgungsbezüge vom Saarland. Die Ehescheidung erfolgte am 15.06.1989 mit der Übertragung von monatlichen Rentenanwartschaften an die Ehefrau in Höhe von 624,03 DM, beginnend ab 30.04.1988. Nachdem der Ehefrau ab 01.12.1998 die Altersrente gezahlt worden war, wurden die Versorgungsbezüge des Klägers gem. § 57 des Beamtenversorgungsgesetzes (BVG) gekürzt.

In Folge des Inkrafttretens des Pflegeversicherungsgesetzes zum 01.01.1995 übersandte die Klägerin dem Beklagten unter dem Datum vom 20.11.1994 einen Versicherungsschein über eine Pflegeversicherung mit einem Begleitschreiben, dass der Beklagte bis 30.6.1995 die Möglichkeit habe, eine private Pflegepflichtversicherung auch bei jedem anderen Unternehmen abzuschließen. Der Beklagte reagierte auf dieses Schreiben nicht. In Folge einer Einzugsermächtigung für die Beiträge der privaten Krankenversicherung zog die Klägerin auch die Beiträge für die Pflegeversicherung des Klägers ab 01.01.1995 bis Dezember 1998 ein. Im Jahr 1995 betrug der Beitrag monatlich 24,28 DM, ab 01.07.1996 40,80 DM, ab 01.01.1997 41,82 DM, ab 01.01.1998 42,84 DM, ab 01.01.1999 43,35 DM und ab 01.01.2000 43,86 DM. Nachdem der Beklagte ab Januar 1999 die Einzugsermächtigung für die Beiträge aus der Pflegeversicherung widerrufen hatte, konnte die Klägerin keinen Zahlungseingang für diese Beiträge mehr feststellen. Die Beiträge zur privaten Krankenversicherung wurden demgegenüber weiterhin per Bankeinzug geleistet. Die Klägerin verrechnete im Juni 1999 eine Beitragsrückerstattung für die Krankenversicherung in Höhe von 260,10 DM auf die Forderungen aus Beiträgen für die Pflegeversicherung, was zum Ausgleich des Beitragskontos bis einschließlich Juni 1999 führte.

Mit Schreiben vom 21.01.1999 gab der Beklagte für die Pflegeversicherung rückwirkend zum 31.12.1998 wegen der Kürzung seines Ruhegehalts auf 1.411,60 DM eine Kündigungserklärung ab.

Dieser Kündigung widersprach die Klägerin mit Schreiben vom 26.01.1999, weil es sich bei der privaten Pflegeversicherung um eine Pflichtversicherung handele, die nicht wegen schlechter finanzieller Situation gekündigt werden könne. Auf Grund einer Kündigung des Beklagten durch Schreiben vom 30.12.1999 endete die Krankenversicherung am 01.01.2000. Die Klägerin verwies den Beklagten durch Schreiben vom 10.01.2000 aber darauf, dass die Kündigung für die Pflegepflichtversicherung nicht gelte. Der Beklagte müsse, um diesbezüglich wirksam kündigen zu können, eine anderweitige Pflegepflichtversicherung nachweisen. Einen solchen Nachweis verweigerte der Beklagte mit Schreiben vom 18.01.2000 mit der Begründung, er habe bei der Klägerin keine Pflichtversicherung abgeschlossen. Dieser Ansicht widersprach die Klägerin mit Schreiben vom 10.03.2000. Der Versicherungsvertrag sei zum 01.01.1995 durch konkludentes Handeln zustande gekommen und im Übrigen seien die Beiträge bis Mitte 1999 monatlich vom Konto abgebucht worden, ohne dass der Beklagte widersprochen habe.

Auf Antrag der Klägerin erließ das Amtsgericht Hagen gegen den Beklagten am 07.12.1999 einen Mahnbescheid über 260,10 DM für die Beiträge zur Pflegeversicherung von Juli 1999 bis Dezember 1999 zuzüglich 25...

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