Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Genehmigungsfiktion. Versorgung mit orthopädischen Maßschuhen und diabetes-adaptierten Fußbettungen. Sicherung der Krankenbehandlung. Geltung der 3-Wochen-Frist
Orientierungssatz
1. Liegt der Schwerpunkt der Zielsetzung einer Versorgung mit orthopädischen Maßschuhen und diabetes-adaptierten Fußbettungen nur in der Sicherung der Krankenbehandlung, ist der Anwendungsbereich des § 13 Abs 3a SGB 5 eröffnet.
2. Hat eine Krankenkasse eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung eingeholt und den Versicherten darüber nicht unterrichtet, ist die 3-Wochen-Frist nach § 13 Abs 3a S 1 SGB 5 maßgeblich (vgl BSG vom 26.9.2017 - B 1 KR 6/17 R - juris RdNr 23).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 9.5.2018 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte den Kläger mit einem Paar orthopädischer Maßschuhe mit diabetes-adaptierten Fußbetteinlagen zu versorgen hat.
Auf die Klage des Klägers wird der Bescheid vom 20.12.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.2.2019 aufgehoben.
Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht die Versorgung mit orthopädischen Maßschuhen mit diabetischen Fußbetteinlagen.
Der im Jahr 1958 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Am 14.7.2015 wurden ihm vom behandelnden Orthopäden „1 Paar Sondereinlagen n. Gips Abdruck langsohlig mit diabetesadaptierter Weichbettung mit Supinationskeil, Außen. D: Senk-Spreizfuß bds./ Diabetes mellitus“ verordnet. Der Sozialmedizinische Dienst der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (SMD) gab die Einschätzung ab, dass die Versorgung notwendig sei, woraufhin die Beklagte die Versorgung bewilligte.
Am 15.5.2017 beantragte der Kläger unter Vorlage einer Verordnung des behandelnden Orthopäden die Versorgung mit „1 Paar Straßenschuhe nach Maß mit diabetischen Fußbett bds. D: Knick-Senk-Spreiz Fuß beiderseits“. Die Beklagte beauftragte den SMD B-Stadt (Dr. M.) mit der Prüfung, ob die beantragte Versorgung notwendig sei. Der Kläger wurde über die Einschaltung des SMD nicht informiert. Dr. M. äußerte in der Stellungnahme vom 29.5.2017, er gehe davon aus, dass die zurückliegende Hilfsmittelausstattung belastbar sei. Ein Knick-Senk-Spreizfuß stelle keine Indikation für eine Versorgung mit orthopädischen Maßschuhen dar. Der Kläger sei weiterhin mit konfektionierten Schutzschuhen für Diabetiker zu versorgen. In diese Schuhe seien dann, wie in der Vergangenheit, Diabetes-adaptierte Fußbettungen zu integrieren.
Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag mit Bescheid vom 8.6.2017 ab und berief sich auf die Stellungnahme von Dr. M. Der Kläger legte am 10.7.2017 Widerspruch ein. Die Beklagte holte eine weitere Stellungnahme bei Dr. M. ein; dieser hielt unter dem 30.6.2017 an seiner Auffassung fest. Der Widerspruchsausschuss III der Beklagten wies den Widerspruch am 16.8.2017 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) hätten Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich seien, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 SGB V ausgeschlossen seien. Im vorliegenden Fall bestehe auch nach Überprüfung im Widerspruchsverfahren keine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für das beantragte Hilfsmittel. Es gehöre zwar zu einer Produktgruppe, die Eingang in das von den Spitzenverbänden der Krankenkassen gemäß § 130 SGB V gemeinsam erstellte Hilfsmittelverzeichnis gefunden habe, jedoch sei die Zurverfügungstellung nach dem Beschluss der Spitzenverbände an medizinische Indikationen und sonstige Voraussetzungen gebunden. Der orthopädische Maßschuh sei nur indiziert, wenn der Fuß in seiner Form, Funktion und/oder Belastungsfähigkeit so verändert sei, dass weder Fuß- bzw. entsprechende Krankengymnastik, fußgerechtes Konfektionsschuhwerk, lose orthopädische Einlagen, Therapieschuhe, orthopädische Schuhzurichtungen noch sonstige orthopädietechnische Versorgungen in Verbindung mit Konfektionsschuhen ausreichten, um eine dem Krankheitsbild oder der Behinderung angemessene Gehfunktion aufrecht zu erhalten oder zu ermöglichen. Es sei nicht als ausreichende Indikation für orthopädische Maßschuhe anzusehen, dass (orthopädische) Einlagen, sog. Kleinorthesen, oder orthopädische Schuhzurichtungen wegen ungenügender Länge oder Weite der vorhandenen, gewohnheitsmäßig getragenen Schuhe nicht eingesetzt werden könnten. Nach dem derzeitigen medizinisch-wissenschaftlichen Kenntnisstand seien orthopädische Maßschuh...