Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. nephrologischer Versorgungsauftrag. keine Klagebefugnis eines anderen niedergelassenen Vertragsarztes bei Mitnahme des Versorgungsauftrages wegen Praxisverlegung. keine Bindungswirkung von bloßen Hinweisen und Erläuterung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit. Auslegung des § 4 Abs 1b der Anlage 9.1 des BMV-Ä/EKV-Ä

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Klagebefugnis eines niedergelassenen Konkurrenten ist zu verneinen, wenn ein Nephrologe, dem ein Versorgungsauftrag zur Erbringung von Dialyseleistungen "in eigener Dialysepraxis" im Jahr 2003 erteilt worden ist, seinen Praxissitz im Jahr 2011 verlegt und ihm ein neuer Versorgungsauftrag für den neuen Praxissitz erteilt wird. Unerheblich ist hierbei, ob die ursprüngliche Genehmigung den Zusatz enthielt, dass die Genehmigung "mit Datum der Beendigung der Niederlassung am Praxisort" erlösche.

 

Orientierungssatz

1. In den Fällen, in denen eine Genehmigung vor Inkrafttreten des § 4 Abs 1a der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä mit Wirkung zum 1.7.2005 nicht der Gemeinschaftspraxis, sondern dem Arzt selbst "in eigener Dialysepraxis" erteilt worden ist, ist davon auszugehen, dass das Ausscheiden dieses Arztes aus der Gemeinschaftspraxis bzw Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) nicht dazu führen kann, dass der ausgeschiedene Arzt seine bisherige Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrages für das Blutreinigungsverfahren verliert (vgl LSG Saarbrücken vom 5.9.2013 - L 3 KA 6/13 B ER).

2. Bloße "Hinweise und Erläuterungen" der Kassenärztlichen Bundesvereinigung können keine Bindungswirkung gegenüber den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit entfalten.

3. Die Regelung des § 4 Abs 1b der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä ist so zu verstehen, dass ein "Ausscheiden eines Arztes aus einer Dialysepraxis" auch in Fällen, in denen die Genehmigung zur Erbringung von Dialyseleistungen ab dem 1.7.2005 erteilt worden ist, überhaupt nur dann zu bejahen ist, wenn der aus einer BAG ausscheidende Arzt keinen Antrag auf Verlegung seines Praxissitzes und Mitnahme seines Versorgungsauftrages stellt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 15.03.2017; Aktenzeichen B 6 KA 20/16 R)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 12.12.2012 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1) als Gesamtschuldner.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger wenden sich im Rahmen einer Konkurrentenklage gegen den dem Beigeladenen zu 1) erteilten nephrologischen Versorgungsauftrag.

Die Dres. G., D. und He. sind als Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie zur vertragsärztlichen Versorgung in N. zu- und niedergelassen und haben sich zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in einer Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes - der Klägerin zu 1) - zusammengeschlossen. Der Kläger zu 2) ist bei der Klägerin zu 1) im Anstellungsverhältnis beschäftigt. Die Dres. G., D. und He. verfügen über drei Versorgungsaufträge nach der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV. Auch dem Kläger zu 2) ist von der Beklagten am 27.06.2011 ein solcher Versorgungsauftrag erteilt worden, der allerdings mit mehreren Drittwidersprüchen angegriffen wurde.

Der Beigeladene zu 1) ist ebenfalls als fachärztlicher Internist mit dem Schwerpunkt Nephrologie tätig. Mit Bescheid vom 23.10.2003 erteilte ihm die Beklagte die Genehmigung zur Durchführung besonderer Versorgungsaufträge in eigener Dialysepraxis - und in gemeinschaftlicher Berufsausübung mit Dr. med. Reiner Bo. - gem. § 8 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV für den Praxissitz “Ho.„ sowie gem. Abs. 3 erster Abschnitt (Anforderung an die Genehmigung für eine ausgelagerte Praxisstätte in der Versorgungsregion) der Anlage 9.1.5 BMV-Ä/EKV ab dem Inkrafttreten dieser Vereinbarung zum 09.05.2003 für die ausgelagerte Praxisstätte “LC-Einheit N., , ... N.„. Der Bescheid enthielt den Zusatz, dass die Genehmigung an den derzeitigen Praxissitz und die beiden genannten Praxisstätten gebunden sei; bei Ausscheiden aus der Dialysepraxis erlösche diese Genehmigung zur Durchführung besonderer Versorgungsaufträge mit Datum der Beendigung der Niederlassung am Praxisort.

Am 28.03.2011 bzw. 18.04.2011 teilte der Beigeladene zu 1) der Beklagten mit, dass er die Gemeinschaftspraxis mit Dr. Bo. zum 01.10.2011 beenden werde, und beantragte die Verlegung seines Vertragsarztsitzes in die “St. I.„. Weiter stellte er den Antrag auf Erteilung eines nephrologischen Versorgungsauftrages nach der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV für den neuen Praxissitz in St. I..

Daraufhin teilte die Beklagte mit Schreiben vom 26.04.2011 den Beigeladenen zu 2) bis 7) mit, dass die projektierte Dialysepraxis des Beigeladenen zu 1) voraussichtlich hinreichend ausgelastet sein werde und auch die weiteren in der Versorgungsregion liegenden Dialysepraxen zu mehr als 90% ausgelastet seien.

Mit Bescheid vom 31.05.2011 erteilte die Beklagte dem Beig...

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