Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Angabe des falschen Kostenträgers. sachlich-rechnerische Richtigstellung. Kassenärztliche Vereinigung. Krankenkasse. Prüfkompetenz
Orientierungssatz
1. Die Fallgruppe der Angabe eines falschen Kostenträgers unterfällt der sachlich-rechnerischen Richtigstellung. Die Anwendung von § 48 Abs 3 BMV-Ä ist daneben ausgeschlossen (vgl BSG vom 23.3.2016 - B 6 KA 8/15 R = SozR 4-2500 § 106a Nr 15).
2. Eine Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) ist grundsätzlich nicht gehindert, sachlich fehlerhafte Abrechnungen von sich aus richtigzustellen, woraus folgt, dass eine solche Richtigstellung grundsätzlich auch aufgrund eines von der Krankenkasse gestellten Antrages erfolgen kann. Macht allerdings die Krankenkasse von der ihr durch § 106a Abs 3 SGB 5 aF bzw. § 106d Abs 3 SGB 5 nF in Verbindung mit den maßgeblichen Bestimmungen der Prüfrichtlinien Gebrauch, so muss eine KÄV die sich hieraus gebenden Beschränkungen ihrer Prüfkompetenz beachten (vgl BSG vom 23.3.2016 - B 6 KA 8/15 R aaO).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 29.05.2018 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beklagten, auf Antrag der Klägerin sachlich-rechnerische Richtigstellungen vorzunehmen.
Die Klägerin teilte der Beklagten mit Schreiben vom 10.06.2015 mit, dass sie gemäß ihrer gesetzlichen Verpflichtung aus § 106 a des 5. Buches des Sozialgesetzbuchs, Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) die Abrechnungsdaten für die Quartale 4/2012 bis 2/2014 überprüft und dabei festgestellt habe, dass die erbrachten extrabudgetären Leistungen in bestimmten Fällen nicht nach den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen bzw. nach den Regeln des einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) abgerechnet worden seien. Aus den festgestellten kritischen Abrechnungen ergebe sich eine Gesamtforderung in Höhe von 8.747,36 €. Es werde um eine schriftliche Bestätigung hinsichtlich der Korrektur der genannten Auffälligkeiten bis 10.09.2015 gebeten.
Mit Bescheid vom 03.09.2015 lehnte die Beklagte eine Überprüfung mit der Begründung ab, dass in Bezug auf „sonstige Kostenträger“ kein Antrag gemäß § 106 a SGB V auf Korrektur der Abrechnung gestellt werden könne.
Gegen den Bescheid wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 15.10.2015, das die Beklagte als Widerspruchseinlegung deutete; der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09.12.2015 als unbegründet zurückgewiesen.
In den Gründen des Widerspruchsbescheides wurde u.a. ausgeführt, „sonstige Kostenträger“ seien Kostenträger, die außerhalb der gesetzlichen Krankenkassen medizinische Leistungen bezahlten. Sie unterfielen nicht dem § 4 SGB V. Anträge gem. § 106 a SGB V könnten daher nicht in Bezug auf „sonstige Kostenträger“ gestellt werden. Soweit die Klägerin auf die Anlage 20 zum BMV-Ä verweise und die Auffassung vertrete, die Regelung(en) im BMV-Ä könnten sich nur auf die vertragsärztliche Versorgung beziehen, teile die Beklagte diese Rechtsauffassung nicht. Die Anlage 20 zum BMV-Ä definiere enumerativ und abschließend, welche Regelungen aus dem Normenregime der vertragsärztlichen Versorgung auf die Behandlung eines SVA-Versicherten anzuwenden seien. Würde die Auffassung der Klägerin zutreffen, wäre die Anlage 20 BMV-Ä mangels eigenen Regelungsgehaltes überflüssig, denn im Normenregime der vertragsärztlichen Versorgung seien diese Dinge ja alle geregelt. Die Anträge (der Klägerin) hätten nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn in der Anlage 20 BMV-Ä festgelegt wäre, dass § 106 a SGB V auf diese Fälle angewandt werde. Dies sei jedoch erkennbar nicht der Fall. Die Anlage 20 BMV-Ä regele lediglich den Abrechnungsweg, nicht aber die Abrechnungsprüfung.
Gegen den am 21.12.2015 per Einschreiben mit Rückschein zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 18.01.2016 Klage mit der Begründung (im Wesentlichen) erhoben, sie habe im Rahmen einer Prüfung der Abrechnungen betreffend die oben genannten Quartale festgestellt, dass Leistungen für im Ausland Versicherte im Rahmen des Sozialversicherungsabkommens (SVA) abgerechnet worden seien, obwohl diese Personen keinen Anspruch auf Leistungen aus dem SVA gehabt hätten, da für sie bei der Klägerin ein gewöhnliches Versicherungsverhältnis nach dem SGB V bestünde. Es seien für die erbrachten Leistungen mithin Honorare im Rahmen des SVA abgerechnet worden, obwohl diese Leistungen bereits im Rahmen der Gesamtvergütung berücksichtigt gewesen seien. Die entsprechenden Fälle hat die Klägerin in einer in der Klageschrift eingefügten Tabelle mit „Prüffrage SVA IX“ markiert.
Die Klägerin hat weiter vorgetragen, sie habe festgestellt, dass Leistungen für Personen im Rahmen des SVA in Rechnung gestellt worden seien, für die kein Behandlungsanspruch dokumentiert und ihr übersandt worden sei. Mangels Dokumentation sei ...