Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufskrankheit Nr. 2108. Merkblatt für die ärztliche Untersuchung. Mainz-Dortmunder-Dosismodell. Feststellungsklage. Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Mainz-Dortmunder-Dosismodell ist ein zur Ermittlung der arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit Nr. 2108 der Berufskrankheitenverordnung geeignetes Modell, das dem derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entspricht (Anschluss an Urteile des BSG vom 19.08.2003, B 2 U 1/02 R und vom 18.03.2003, B 2 U 13/02 R).

2. Das Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zu der Berufskrankheit Nr. 2108 der Berufskrankheitenverordnung ist als Hilfsmittel für die ärztliche Untersuchung gedacht. Es beansprucht weder eine rechtliche Verbindlichkeit noch gibt es zwingend den neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Forschungsstand wieder (Anschluss an Urteil des BSG vom 22.06.2004, B 2 U 22/03 R).

3. Lehnt eine Berufsgenossenschaft jede Art von Entschädigung ab, weil sie davon ausgeht, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nicht gegeben sind, so ist die Feststellungsklage die statthafte Klageart, weil das Klagebegehren bei einer solchen Fallgestaltung in der Regel dahingehend auszulegen ist, dass der Kläger zunächst nur die Anerkennung seiner Erkrankung als Berufskrankheit begehrt.

4. Aufgrund der Fusion der sieben regionalen Bau-Berufsgenossenschaften und der Tiefbau-BG tritt ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes ein.

 

Normenkette

SGB VII § 9; Anlage zur BKV Nr. 2108; SGG §§ 54, 94

 

Verfahrensgang

SG für das Saarland (Urteil vom 05.06.2003)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts für das S…. vom 05.06.2003 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung seiner Wirbelsäulenbeschwerden als Berufskrankheit nach der Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).

Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der Südwestlichen Bau-Berufsgenossenschaft (im Folgenden: BG).

Der 1960 geborene Kläger ist gelernter Fliesenleger und war als solcher von 1976 bis Mai 1999 tätig. Eine Berufskrankheitenanzeige erfolgte im Februar 1999 durch die AOK S…. und im September 1999 durch Dr. Sch….. Die BG holte eine Stellungnahme vom 19.11.1999 des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) sowie ein gewerbeärztliches Gutachten vom 19.09.2000 beim Gewerbearzt K…. ein.

Mit Bescheid vom 17.10.2000 lehnte sie die Anerkennung der Wirbelsäulenbeschwerden als Berufskrankheit ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, nach der Beurteilung des TAD sei der Kläger infolge seiner beruflichen Tätigkeit keinen umfänglich und zeitlich ausreichenden Belastungen ausgesetzt gewesen, die geeignet gewesen seien, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Hals- und Lendenwirbelsäule zu verursachen.

Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die BG mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2000 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Anerkennung einer Berufskrankheit nach den Nummern 2108 und 2109 der Anlage zur BKV sei zu Recht abgelehnt worden.

Auf die am 12.12.2000 erhobene Klage hin hat das Sozialgericht für das S…. (SG) ein orthopädisches Gutachten vom 30.11.2001 nebst einer ergänzenden Stellungnahme vom 02.05.2002 bei dem Orthopäden J…. R…. sowie vom TAD der BG eine Berechnung der beruflichen Belastung des Klägers nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) eingeholt. Mit Urteil vom 05.06.2003 hat es die Klage abgewiesen mit der Begründung, der Kläger erfülle die arbeitstechnischen Voraussetzungen bezüglich der Anerkennung einer Berufskrankheit nach der Nr. 2108 der Anlage zur BKV nicht.

Gegen das ihm am 26.06.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.07.2003, einem Montag, Berufung eingelegt.

Er trägt vor, dass das MDD allenfalls geeignet sei, die Art der Belastung zu erfassen, es sei sicherlich auch geeignet, die unterschiedliche Intensität der Belastung zu ermitteln. Eine hierauf basierende Wertung verkenne allerdings zum einen, dass die nach dem MDD zu Grunde gelegten Dosen noch nicht empirisch gesichert seien, zum anderen verkenne es auch, dass es gerade nicht ausschließlich auf den Grad und die Intensität der Einwirkung auf die Wirbelsäule ankomme, sondern darüber hinaus die altersbedingte und auch die individuelle Disposition ursächlich für den Zustand der Wirbelsäule seien. Je günstiger beispielsweise die individuelle Disposition im Belastungsbeleg angelegt sei, um so höhere Dosen würden erforderlich sein, um Schädigungen herbeizuführen, umgekehrt wäre bei ungünstiger körperlicher Disposition ein geringeres Maß an Einwirkung ausreichend um Schäden herbeizuführen. Nach dem MDD würde das Risiko einer günstigen individuellen Disposition oder stärkerer altersbedingter Degeneration zu Lasten des Geschädigten gehen, was nach dem Prinzip der wesentlichen Mitursache gerade nicht gewollt sei. Es müsse die “individuelle” Dosis bestimmt werden, bei deren Überschreitung Schädigungen in ...

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