Entscheidungsstichwort (Thema)
Begrenzte Verpflichtung des Sozialgerichts zu weiterer Beweiserhebung im Verfahren des Schwerbehindertenrechts
Orientierungssatz
1. Bei einer Krebserkrankung ist nach Ablauf einer regelmäßig fünf Jahre umfassenden Heilungsbewährung eine Neubewertung der verbliebenen Folgen der Krebserkrankung unter Berücksichtigung der gesamten bei dem Betroffenen bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen nach § 48 SGB 10 vorzunehmen, weil durch die Heilungsbewährung eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten ist.
2. Liegen insoweit bereits Gutachten zur Höhe des GdB vor, so ist das Gericht nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche im Bereich der Befunderhebung enthalten, von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben (BSG Beschluss vom 8. 12. 2009, B 5 R 148/09 B).
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 3. September 2013 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Herabsetzung des bei der Klägerin festgestellten Grades der Behinderung (GdB) nach Heilungsbewährung.
Bei der am … 1955 geborenen Klägerin, die als Lehrerin tätig ist, wurde nach wiederholten Geschwürsblutungen im Zwölffingerdarm und einer Teilentfernung des Magens mit Bescheid vom 20. Oktober 1993 ein GdB von 30 festgesetzt. Diesen erhöhte die Beklagte mit Bescheid vom 17. März 2004 auf 60, nachdem die Klägerin im Jahre 2004 rechtsseitig an Brustkrebs erkrankt war (Behandlung durch Entfernung des Tumors mit Umgebung brusterhaltend und anschließender Bestrahlung). Ausweislich der Stellungnahme ihres ärztlichen Dienstes vom 3. März 2004 (Dr. S.) ging die Beklagte bei dieser Entscheidung von einem Teil-GdB von 50 für den Teilverlust der rechten Brust und die Brustdrüsenerkrankung rechts in Heilungsbewährung und von einem Teil-GdB von 30 für den Teilverlust des Magens bei Geschwürsleiden und Verdauungsstörungen aus.
Im Rahmen der im Jahre 2009 von Amts wegen erfolgten Überprüfung wertete die Beklagte Berichte der behandelnden Ärzte aus und der Chirurg Dr. K. kam in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 26. Mai 2009 zu der Einschätzung, dass zwar der Teilverlust des Magens weiter mit einem Teil-GdB von 30, aber der Teilverlust der Brust nach zwischenzeitlich abgelaufener Heilungsbewährung nur noch mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten sei, so dass der Gesamt-GdB noch 40 betrage. Eine weiter vorliegende Depression und ein Schilddrüsenleiden erreichten keinen Teil-GdB von 10. Die Beklagte hörte die Klägerin daraufhin zur geplanten Herabsetzung des GdB an. Die Klägerin schilderte verschiedene gesundheitliche Belastungen und legte dar, dass sie der aufgrund der Schwerbehinderteneigenschaft gewährten Stundenermäßigung (und weiteren Vergünstigungen) zur Ausübung ihrer Tätigkeit als Lehrerin bedürfe, um den beruflichen Anforderungen gewachsen zu sein. Nach Auswertung weiterer ärztlicher Berichte nahm der Neurologe Dr. St. unter dem 4. Dezember 2009 gutachtlich Stellung. Bei der Klägerin liege eine psychische Minderbelastbarkeit vor, die mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten sei. Eine Nahrungsmittelunverträglichkeit, eine Allergie und das Schilddrüsenleiden erreichten keinen Teil-GdB von 10. Darüber hinaus sei der durch Dr. K. erfolgten Einschätzung zu folgen und der Gesamt-GdB mit 40 zutreffend bewertet. Mit Neufeststellungsbescheid vom 22. Dezember 2009 setzte die Beklagte den GdB auf 40 herab. Sie begründete ihre nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ergangene Entscheidung mit der Neueinschätzung der nach Ablauf der Heilungsbewährung der Krebserkrankung verbliebenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Den dagegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. November 2010 zurück, nachdem unter Auswertung aktueller ärztlicher Berichte Dr. G. in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 30. Juni 2010 (bei Annahme eines Teil-GdB von 20 für die psychische Minderbelastbarkeit, eines Teil-GdB von 20 für die Verdauungsstörungen, die Allergien und den Teilverlaust des Magens, eines Teil-GdB von 10 für den Teilverlust der rechten Brust und eines Teil-GdB von 20 für die Lymphschwellung des rechten Armes) sowie die Sozialmedizinerin H. in ihrer gutachtlichen Stellungnahme vom 27. Oktober 2010 (bei identischen Annahmen der Teil-GdB) den GdB von 40 als zutreffend bestätigt hatten.
Mit ihrer am 23. November 2010 erhobenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Herabsetzung des GdB auf weniger als 50 gewandt. Im erstinstanzlichen Verfahren hat die Neurologin/Psychiaterin Dr. L. nach Auswertung der Berichte aller die Klägerin behandelnden Ärzte und persönlicher Untersuchung der Klägerin im Gutachten vom 24. März 2012 und ihre...