Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Regelungsanordnung. Anordnungsgrund. Abwendung wesentlicher Nachteile. Asylbewerberleistungen. Grundleistungen. Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung. Erbringung der Leistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf in Form einer Bezahlkarte mit einer Bargeldbeschränkung in Höhe von 50 Euro pro Monat
Orientierungssatz
Ein wesentlicher Nachteil liegt nicht allein darin, dass ein Asylbewerber vorläufig für die Zeit seines Aufenthalts in einer Aufnahmeeinrichtung, in der der notwendige Bedarf durch Sachleistungen gewährt wird, längstens bis zur Entscheidung in der Hauptsache die ihm bewilligten Leistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf auf eine Bezahlkarte erhält, für die eine Bargeldbeschränkung in Höhe von 50 Euro gilt.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellers vom 14. Juni 2024 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Mai 2024 ist zulässig (§§ 172 ,173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Insbesondere ist die Beschwerde auch statthaft, weil der erforderliche Beschwerdewert von 750 Euro überschritten wird (vgl.§ 172 Abs. 3 Nr. 1 i. V. m.§ 144 Abs. 1 SGG ). Die Beschwerde ist erkennbar darauf gerichtet, dass der Antragsteller die ihm mit Bescheid vom 28. März 2024 bewilligten Leistungen in Höhe von 185 Euro in bar oder als Überweisung auf sein Konto erhält. Selbst bei Abzug von 50 Euro, die der Antragsteller mit der Bezahlkarte in bar abheben kann, verbleibt eine monatliche Beschwer in Höhe von 135 Euro. Das Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz ist bereits seit April anhängig und ein Zeitpunkt für den Umzug des Antragstellers aus der Aufnahmeeinrichtung in eine Folgeunterkunft, für die die Bezahlkarte bislang nicht verpflichtend ist, steht noch nicht konkret fest, so dass es der Senat für angemessen hält, für die Berechnung des Beschwerdewertes einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zugrunde zu legen.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch voraus, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu welcher der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2, § 294 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen.
Vorliegend fehlt es bereits an einem Anordnungsgrund. Der Senat hält es nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass dem Antragsteller wesentliche Nachteile drohen, wenn er vorläufig für die Zeit seines Aufenthalts in der Aufnahmeeinrichtung, in der der notwendige Bedarf durch Sachleistungen gewährt wird, längstens bis zur Entscheidung in der Hauptsache die ihm bewilligten Leistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) auf eine Bezahlkarte erhält, für die eine Bargeldbeschränkung in Höhe von 50 Euro gilt. Nach§ 3 Abs. 2 Satz 4 AsylbLG in der Fassung vom 8. Mai 2024 soll der notwendige persönliche Bedarf in Aufnahmeeinrichtungen durch Sachleistungen gedeckt werden, soweit dies mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich ist. Sind Sachleistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich, können nach Satz 5 Leistungen auch in Form von Bezahlkarten, Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen gewährt werden. Vor dem Hintergrund dieser einfachgesetzlichen Regelung vermag der Senat nicht zu erkennen, dass vorliegend bei Gewährung des persönlichen Bedarfs in Form einer Bezahlkarte ein so wesentlicher Nachteil droht, der den Erlass einer einstweiligen Anordnung erfordert. Verfassungsrechtlich ist es grundsätzlich zulässig, das Existenzminimum durch Geld- aber auch durch Sach- oder Dienstleistungen zu gewähren (BVerfG, Urteil vom 18.7.2012 - 1 BvL 10/10 ,1 BvL 2/11 ). Die Bezahlkarte ermöglicht es dem Antragsteller, einen Teil der Leistungen für den persönlichen Bedarf in bar abzuheben und mit dem restlichen Teil für Waren und Dienstleistungen überall dort zu bezahlen, wo eine Zahlung mit einer Visakreditkarte möglich ist. Damit verbleiben dem Antragsteller ausreichend Wahlmöglichkeiten, seinen notwendigen persönlichen Bedarf zu decken. Möchte der Antragsteller gerne, wie von ihm vorgetragen, seine Prepaidkarte für das Handy in einem bestimmten Kiosk statt bei R. kaufen, in Imbissen ohne Bezahlungsmöglichkeit per Kreditkarte essen, Fahrgeschäfte auf dem H. benutzen, Waren auf Flohmärkten erwerben und einem Sportverein beitreten, so stehen ihm diese Möglichkeiten, anders als bei der G...