Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Ausschluss des Anspruchs eines Zusammenschlusses von Heilmittelerbringern auf Zustimmung der Krankenkassen zu einem Schiedsverfahren zur Herbeiführung eines Vergütungsvertrags
Orientierungssatz
1. Nach dem Vertragsmodell des § 125 Abs 2 SGB 5 unterliegt die Vereinbarung von Leistungen und Preisen bei Leistungserbringern von Heilmitteln grundsätzlich der Ausgestaltung durch die Krankenkassen und Leistungserbringer bzw ihrer jeweiligen Verbände. Diese sind nach der Intention des Gesetzgebers frei auszuhandeln. Mit Wirkung zum 25.3.2009 wurden der Vorschrift die Sätze 4 bis 6 angefügt, in denen für den Fall der Nichteinigung unter bestimmten Voraussetzungen die Durchführung eines Schiedsverfahrens vorgesehen ist, vgl sowohl BSG Urteil vom 17.7.2008 - B 3 KR 23/07 R = BSGE 101, 142 = SozR 4-2500 § 69 Nr 4 als auch Urteil vom 10.3.2010 - B 3 KR 26/08 R = BSGE 106, 29 = SozR 4-2500 § 126 Nr 2.
2. § 125 Abs 2 S 4 SGB 5 bestimmt die Durchführung eines Schiedsverfahrens nur für den Fall, dass sich der Vertragspartner in den mit Verbänden der Leistungserbringer abgeschlossenen Verträgen nicht auf die Vertragspreise oder die Anpassung der Vertragspreise einigen. Damit gilt die Schiedsregelung nicht für die Ebene der Einzelvertragsschlüsse.
3. Hat der zuständige Berufsverband mit den Kassen entsprechende Vergütungsverträge abgeschlossen, so sind einzelne Leistungserbringer oder ein Zusammenschluss von solchen von einem Schiedsverfahren zur Herbeiführung einer gesonderten Vergütungsvereinbarung ausgeschlossen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 26. Januar 2010 aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten, mit der Klägerin einen Vergütungsvertrag zu schließen, beziehungsweise einem Schiedsverfahren zur Herbeiführung eines Vergütungsvertrages zuzustimmen.
Die Klägerin ist ein Zusammenschluss von 23 Ergotherapiepraxen aus H. in der Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Ihre Gesellschafter hatten in der Vergangenheit jeweils Einzelvergütungsverträge mit den Beklagten geschlossen, kündigten diese aber zum 30. September 2006. Die Beklagten schlossen im Oktober/November 2006 einen Rahmenvertrag mit integrierter Vergütungsvereinbarung mit dem Deutschen Verband der Ergotherapeuten (DVE), dem auch die meisten Gesellschafter der Klägerin angehören. Die Gesellschafter der Klägerin schlossen sich diesem Vertrag unter Vorbehalt an, führten jedoch daneben mit den Beklagten Verhandlungen über den Abschluss von gesonderten Vergütungsvereinbarungen, die in der Folgezeit scheiterten.
Am 14. Oktober 2006 hat die Klägerin Klage erhoben mit dem Ziel, die Verurteilung der Beklagten zum Abschluss einer im Einzelnen ausformulierten Vergütungsvereinbarung mit bestimmten Vergütungssätzen zu erreichen. Sie hat die Auffassung vertreten, die bestehenden Vergütungsverträge ermöglichten ihren Mitgliedern längst kein kostendeckendes Arbeiten mehr. Während in anderen Bundesländern angemessene Vergütungssätze vereinbart worden seien, habe es in H. nie ergebnisorientierte Gespräche gegeben, da die Mitglieder der Klägerin aufgrund ihrer unterlegenen Marktstellung keine Möglichkeit hätten, Anpassungen ihrer Vergütungen auf dem Verhandlungswege zu erreichen. Durch das Ausnutzen ihrer marktbeherrschenden Stellung verstießen die Beklagten gegen § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie gegen Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Auch die Grundrechte der Leistungserbringer aus Art. 3 und 12 des Grundgesetzes seien verletzt. Die Beklagten seien daher zu verurteilen, eine Vergütung zu zahlen, die wenigstens das arithmetische Mittel der in N. und S. geltenden Vergütungssätze darstelle. Hilfsweise seien sie zu verurteilen, für die Zeit ab 1. Januar 2006 einem Schiedsverfahren zur Herbeiführung einer Vergütungsvereinbarung zuzustimmen.
Das Sozialgericht hat die Beklagten mit Urteil vom 26. Januar 2010 - den ehemaligen Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 15. Februar 2010 - verurteilt, einem Schiedsverfahren zur Herbeiführung einer Vergütungsvereinbarung ab 25. März 2009 zuzustimmen, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Abschluss eines bestimmten Vertrages, da Krankenkassen und Heilmittelerbringer nach der gesetzlichen Konzeption ihre vertraglichen Beziehungen einvernehmlich zu regeln hätten und die Gerichte in diese Vertragshoheit grundsätzlich nicht eingreifen dürften. Allerdings sehe § 125 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) in seiner ab 25. März 2009 geltenden Fassung die Durchführung eines Schiedsverfahrens vor, soweit sich die Vertragspart...