Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Höhe der Regelleistung. zwei volljährige Partner in Bedarfsgemeinschaft. gemischte Bedarfsgemeinschaft mit Bezieher von Grundleistungen nach AsylbLG
Orientierungssatz
Lebt eine volljährige Hilfebedürftige mit einem volljährigen Partner in Bedarfsgemeinschaft, der Grundleistungen nach § 3 AsylbLG bezieht und vom Leistungsausschluss gem § 7 Abs 1 S 2 SGB 2 betroffen ist, so hat sie aufgrund Anspruch auf die Regelleistung für Alleinstehende gem § 20 Abs 2 S 1 SGB 2.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 5. Februar 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, den Klägerinnen unter Abänderung des Bescheides vom 15. Mai 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2006 für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2006 monatliche Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 34,00 EUR nachzuzahlen, wobei auf die Klägerin zu 1. 33,12 EUR und auf die Klägerinnen zu 2. und 3. jeweils 0,44 EUR entfallen. Die Beklagte hat den Klägerinnen ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerinnen begehren höhere als die bewilligten Leistungen. Dabei geht es um die Verpflichtung der Beklagten zur Erbringung der ungekürzten Regelleistung für die Klägerin zu 1.
Die im Jahr 1983 geborene Klägerin zu 1, erwerbsfähig und hilfebedürftig im Sinne des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB II), sowie ihre 2000 und 2001 geborenen, mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Töchter, die Klägerinnen zu 2 und 3, lebten im streitbefangenen Zeitraum gemeinsam mit dem geduldeten Staatenlosen A. H., dem Ehegatten der Klägerin zu 1 und Vater der Klägerinnen zu 2 und 3, in einem Haushalt.
Die Klägerin zu 1 erzielte ab dem 1. März 2006 ein monatliches Erwerbseinkommen in Höhe von 165,- EUR. Die Klägerinnen bezogen von der Beklagten zudem Leistungen nach dem SGB II. Der Ehemann der Klägerin zu 1 und Vater der Klägerinnen zu 2 und 3 erhielt Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in Höhe von 199,40 EUR zuzüglich anteiliger Unterkunftskosten.
Mit Bescheid vom 15. Mai 2006 bewilligte die Beklagte den Klägerinnen für den Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis zum 30. November 2006 Leistungen in Höhe von 890,36 EUR. Dabei errechnete die Beklagte einen Gesamtbedarf in Höhe von 1.250,36 EUR, der sich aus dem Unterkunftsbedarf in Höhe von jeweils 175,12 EUR (insgesamt 525,36 EUR) sowie der Regelleistung (90 %) für die Klägerin zu 1 in Höhe von 311,- EUR und den Sozialgeldansprüchen der Klägerinnen zu 2 und 3 in Höhe von jeweils 207,- EUR zusammensetzte. Davon setzte die Beklagte als zu berücksichtigendes Erwerbseinkommen 52,- EUR ab sowie die Kindergeldansprüche in Höhe von jeweils 154,- EUR. Für die Klägerin zu 1 ergab sich danach ein Individualanspruch in Höhe von 459,30 EUR, für die Klägerinnen zu 2 und 3 in Höhe von jeweils 215,53 EUR.
Hiergegen legten die Klägerinnen mit Schreiben vom 19. Juni 2006 Widerspruch ein und machten in Bezug auf die Klägerin zu 1 einen Anspruch auf ungekürzte Regelleistung geltend. Eine zudem erhobene Rüge hinsichtlich der Kosten von Unterkunft und Heizung verfolgen die Klägerinnen nicht mehr weiter.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Da zwei Angehörige der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet hätten, sei nach § 20 Abs. 3 SGB II deren Regelleistung auf 90 % zu kürzen.
Die Klägerinnen haben am 15. November 2006 Klage erhoben. Die Regelung nach § 20 Abs. 3 SGB II setze voraus, dass beide volljährige Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft jeweils 90 % der Regelleistung erhielten und könne nicht auf eine gemischte Bedarfsgemeinschaft angewendet werden, deren einer Partner lediglich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalte.
Mit Urteil vom 5. Februar 2008 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Es könne offen bleiben, ob die Kürzungsregelung in § 20 Abs. 3 SGB II voraussetze, dass beide Partner der Bedarfsgemeinschaft die gekürzte Regelleistung erhielten, weil anderenfalls der Bedarf nicht gedeckt werden könne. Denn jedenfalls gelte dies, wenn der Aufenthalt desjenigen Partners, der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz empfange, nicht nur als vorläufig anzusehen sei - so liege es hier, da der Ehemann der Klägerin wegen seiner Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen und der deutschen Staatsangehörigkeit der gemeinsamen Töchter nicht in absehbarer Zeit werde ausreisen müssen.
Gegen das ihr am 12. Februar 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 10. März 2008 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, dass der Wortlaut des § 20 Abs. 3 SGB II eine Kürzung der Regelleistung unabhängig davon anordne, welche Leistungen die Partner einer Bedarfsgemeinschaft erhielten. Auch der Wille des Gesetzgebers weiche davon nicht ab; insbesondere könne nicht angenommen werden, ...