Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Vermögenseinsatz. Vorhandensein von zwei Kraftfahrzeugen. Schwerbehinderung. Merkzeichen G. keine Härte. Wertermittlung
Orientierungssatz
1. Sind in einer Einsatzgemeinschaft zwei Kraftfahrzeuge vorhanden, deren Wert den Schonbetrag übersteigt, so liegt mit der Verwertung zumindest eines Pkws kein Härtefall gemäß § 90 Abs 3 S 1 SGB 12 vor. Es ist den Antragstellern zumutbar, ein Fahrzeug gemeinsam zu nutzen und Arzttermine und Einkäufe so zu legen, dass ihr Alltag mit einem Fahrzeug zu bewältigen ist. Dies gilt auch, wenn beide Antragsteller schwerbehindert sind und ihnen das Merkzeichen G zuerkannt ist.
2. Die Bewertung von Kraftfahrzeugen mittels "Listen" ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl BSG vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R = BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5) zulässig und anerkanntes Mittel zur Ermittlung des Wertes eines Pkw.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
Die Kläger sind verheiratet und beide schwerbehindert. Die 1942 geborene Klägerin zu 1. hat einen Grad der Behinderung von 50 und trägt das Merkzeichen G. Der 1940 geborene Kläger zu 2. - ihr Ehemann - hat einen Grad der Behinderung von 90. Er trägt die Merkzeichen G und RF. Beide Kläger leiden an einer Reihe von Erkrankungen. Die Kläger beziehen Altersrenten in Höhe von insgesamt 973,71 Euro monatlich. Sie leben in einem unbelasteten Eigenheim und haben zwei Kraftfahrzeuge: einen im März 2009 erstmals zugelassenen Mercedes-Benz CLK 200 Kompressor Cabriolet mit einer Laufleistung von ca. 60.000 km und einen im Juli 2010 erstmals zugelassenen Mercedes-Benz A 160 mit einer Laufleistung von ca. 50.000 km.
Im März 2017 beantragten die Kläger bei der Beklagten die Gewährung ergänzender Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem SGB XII. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 21. April 2017 mit der Begründung ab, die Kläger seien nicht bedürftig. Sie würden über vorrangig einzusetzendes Vermögen verfügen. Dabei verwies die Beklagte vor allem auf die beiden Fahrzeuge, die nach ihren Ermittlungen einen Wert von 20.200 Euro bzw. 11.600 Euro hätten.
Die Kläger widersprachen dem Ablehnungsbescheid mit Schreiben vom 10. Mai 2017 und führten aus, dass sie aus gesundheitlichen Gründen, vor allem wegen ihrer Gehbehinderungen, auf zwei Fahrzeuge angewiesen seien. Sie dürften nicht auf Billigfahrzeuge verwiesen werden, weil diese reparaturanfälliger seien und deshalb aus Kostengründen nicht geeignet seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2017 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie war der Auffassung, dass die Verwertung der Pkws nicht nach § 90 Abs. 2 SGB XII grundsätzlich ausgeschlossen sei und auch keinen Härtefall vorliege.
Die Kläger erhoben am 22. November 2017 Klage beim Sozialgericht, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgen. Zur Begründung vertieften sie die Ausführungen aus dem Widerspruchsschreiben. Ein am gleichen Tag anhängig gemachtes Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes war erfolglos. Das Sozialgericht lehnte den Antrag mit Beschluss vom 27. Dezember 2017 (S 52 SO 556/17 ER) ab. Die dagegen eingelegte Beschwerde zum Landessozialgericht blieb erfolglos (LSG Hamburg, Beschluss vom 15. Februar 2017, L 4 SO 5/18 B ER).
Mit Gerichtsbescheid vom 26. April 2018 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, einem Anspruch der Kläger auf Grundsicherungsleistungen stünden die §§ 41 Abs. 2, 19 SGB XII entgegen. Nach § 19 Abs. 2 SGB XII sei Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung jenen Personen zu leisten, die - was auf die Kläger zutreffe - die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 SGB XII erreicht hätten und ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften oder Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten könnten. Nach § 90 SGB XII sei grundsätzlich das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Vermögen seien alle beweglichen und unbeweglichen Güter und Rechte in Geld oder Geldeswert; umfasst würden auch Forderungen bzw. Ansprüche gegen Dritte, soweit sie nicht normativ dem Einkommen zuzurechnen seien. Die Kläger hätten Vermögen, das sie vorrangig zur Bedarfsdeckung einsetzen könnten und müssten. Bei den beiden Kraftfahrzeugen der Kläger handelte es sich um Vermögensgegenstände im Sinne von § 90 Abs. 1 SGB XII, die von den Klägern durch einen Verkauf verwertet werden könnten. Die Kraftfahrzeuge seien nicht nach § 90 Abs. 2 SGB XII von der Verwertung ausgenommen. Die Kläger könnten sich nicht auf § 90 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII berufen. Bei den beiden Autos handelte es sich nicht um „angemessenen Hausrat“ im Sin...