Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücküberweisung von für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf ein Konto bei einem Geldinstitut überwiesenen Rente bei durchgehend im Soll befindlichem Konto. Forderung des Rentenversicherungsträgers gegenüber dem Geldinstitut
Orientierungssatz
1. Das Geldinstitut ist nicht immer zur Rücküberweisung an den auszahlenden Rentenversicherungsträger verpflichtet, wenn die Rentenzahlung auf ein im Soll stehendes Konto erfolgt ist und das Vermögen des Inhabers bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nur derart vermehrt wird, dass seine Schulden gegenüber dem Geldinstitut vermindert werden (entgegen BSG vom 20.12.2001 - B 4 RA 126/00 R = SozR 3-2600 § 118 Nr 8, BSG vom 9.4.2002 - B 4 RA 64/01 R = SozR 3-2600 § 118 Nr 10 und BSG vom 8.6.2004 - B 4 RA 42/03 R).
2. Die Bank soll keine wirtschaftlichen Nachteile erleiden, wenn sie bis zum Eingang der Rückforderung noch die Verfügungen berechtigter Personen bis zur Höhe der eingegangen Geldleistungen ausführt. Als berücksichtigungsfähige Verfügung ist jedes abgeschlossene bankübliche Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos anzusehen, durch welches sich eine kontoverfügungsberechtigte Person des Kontos zur Bewirkung einer Zahlung oder Auszahlung bedient. Solche Verfügungen sind insbesondere nicht deswegen ungeeignet, den Rücküberweisungsbetrag zu mindern bzw aufzuzehren, weil die Überweisung auf ein Konto erfolgt war, welches einen höheren Sollstand aufwies, als er dem gutgeschriebenen Geldbetrag entsprach (vgl BSG vom 9.12.1998 - B 9 V 48/97 R = BSGE 83, 176 = SozR 3-2600 § 118 Nr 4).
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 14. Oktober 2004 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte an die Klägerin überzahlte Rentenleistungen in Höhe von 959,79 € zurück zu überweisen hat.
Die Klägerin zahlte dem bei ihr versicherten R S, der am 31. August 2002 verstarb, zuletzt eine monatliche Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von 959,79 €. Der Versicherte unterhielt ein Konto bei der Beklagten. Die Rentenzahlung für den Monat September 2002 ging noch auf dieses Konto ein.
Am 4. September 2002 forderte der Rentenservice der D P AG die für September 2002 überzahlte Rente von der Beklagten zurück. Die Beklagte teilte ihm mit Schreiben vom 10. September 2002 mit, sie könne den Rentenrückruf nicht ausführen, da über den Betrag bereits verfügt worden sei. Von dem Sterbefall habe sie erst durch den Rückruf erfahren.
Mit Schreiben vom 18. September 2002 wandte sich die Klägerin selbst an die Beklagte und forderte Rücküberweisung der Überzahlung vom 1. bis 30. September 2002 in Höhe von 959,79 €. Die Beklagte erwiderte, sie könne den Rückruf nicht berücksichtigen, da sich das Konto zum Zeitpunkt der Gutschrift der Rentenzahlung nach dem Tode des Versicherten Ende August 2002 mit über 4.600 € im Soll befunden habe. Über den Rentenzahlbetrag sei vor Eingang der Rückforderung bereits berechtigt verfügt worden. Zum Nachweis legte die Beklagte eine Aufstellung der Kontenbewegungen zwischen dem 16. August und 5. September 2002 vor. Weitere Versuche der Klägerin, die Beklagte zur Zahlung zu bewegen, scheiterten.
Am 28. August 2003 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Hamburg Leistungsklage erhoben mit dem Begehren, die Beklagte zu verurteilen, an sie 959,79 € zu zahlen: Die Beklagte habe den fraglichen Betrag nach § 118 Abs. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) zu erstatten. Da sich das Konto des Versicherten zum Zeitpunkt der Überweisung der Rente mit über 4.600 € im Soll befunden habe, habe die Beklagte mit Gutschrift der Rentenzahlung unzulässigerweise eigene Forderungen befriedigt.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat vorgetragen, aus der Aufstellung der Kontobewegungen ergebe sich, dass es nach Gutschrift der Rentenzahlung von 959,79 € unter dem 29. August 2003 zu Verfügungen zu Lasten des Kontos im Umfang von mehr als 1.500 € gekommen sei. Bei den Begünstigten handele es sich um Gläubiger des Kontoinhabers bzw. des Nachlasses. Wäre die Rentenzahlung ausgeblieben, hätte sie, die Beklagte, in Anbetracht des bereits am 29. August 2003 bestehenden Negativsaldos weitere Verfügungen nicht zugelassen. Eigene Forderungen habe sie nicht befriedigt. Ein Kontoguthaben sei nicht verblieben. Vom Ableben des Kontoinhabers habe sie erst am 10. September 2002 erfahren.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 14. Oktober 2004 die Beklagte kostenpflichtig verurteilt, an die Klägerin 959,79 € zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin fordere von der Beklagten den überzahlten Rentenbetrag zu Recht gemäß § 118 Abs. 3 SGB VI zurück. Die Klägerin habe die Rente für den Monat September 2002 zu Unrecht auf das Konto des Versicherten überwiesen. Ein Rentenanspruch habe aufgrund des ...