Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an ein verwertbares Gutachten zur Beurteilung bestehender Erwerbsfähigkeit des Versicherten
Orientierungssatz
1. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 S. 2 SGB 6 Versicherte, wenn sie auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
2. Ist durch zwei vom Sozialgericht eingeholte Sachverständigengutachten eine regelmäßige arbeitstägliche Leistungsfähigkeit von sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgewiesen, so kommt demgegenüber ein vom Medizinischen Dienst erstelltes Pflegegutachten kein entscheidungserheblicher Beweiswert zu. Das gilt erst recht, wenn es auf eigenen bzw. Angehörigen-Angaben des Klägers gegenüber der das Gutachten erstellenden Pflegefachkraft beruht.
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob die Klägerin noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen verfügt.
Die am ... 1962 geborene Klägerin zog mit ihren Eltern im Alter von sechs Jahren aus der T. nach Deutschland, wo sie die Hauptschule ohne Abschluss verließ. Sie war anschließend bis zum Jahr 2008 als Raumpflegerin tätig. Die Klägerin ist verheiratet und hat sechs Kinder.
Am 12. August 2013 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung und begründete den Antrag dahingehend, dass sie sich seit dem Jahr 2008 für erwerbsgemindert halte aufgrund eines Bandscheibenvorfalles, Knieoperationen, seelischer Beschwerden, körperlicher Leiden und Lungenproblemen.
Mit Bescheid vom 25. April 2014 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Klägerin leide zwar unter einer Minderbelastbarkeit der Lendenwirbelsäule bei Bandscheibenerkrankung mit geringen funktionellen Störungen, einer Minderbelastbarkeit der Kniegelenke bei Meniskuserkrankung und Zustand nach Operation des rechten Kniegelenkes und angegebenen Schmerzen im linken Knie, sowie unter dem Zustand nach Operation eines Karpaltunnelsyndroms beidseits ohne funktionelle Störung. Damit sei die Klägerin aber noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten, überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen, in Tagesschicht auszuüben. Vermieden werden sollten Arbeiten gebückt und in Zwangshaltung, schweres Heben und Tragen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten mit ständigem Knien, zudem könnten nur Arbeiten ohne besonderes Stressaufkommen von ihr ausgeübt werden. So könne die Klägerin noch mindestens sechs Stunden arbeitstäglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein.
Grundlage dieses Bescheides war ein von der Beklagten eingeholtes Gutachten des Facharztes für Innere Medizin/Sozialmedizin Dr. J. mit Untersuchung vom 26. März 2014, der zur diagnostischen Auffassung einer leichtgradigen chronischen Verstimmung mit Somatisierungsstörung sowie Rücken- und Gelenkschmerzen kam, sowie ein weiteres von der Beklagten eingeholtes Gutachten der Fachärztin für Orthopädie Dr. M.. Diese diagnostizierte nach Untersuchung am 16. April 2014 eine Minderbelastbarkeit der Lendenwirbelsäule bei Bandscheibenerkrankung mit geringen funktionellen Störungen, eine Minderbelastbarkeit der Kniegelenke bei Meniskuserkrankung und Zustand nach Operation des rechten Kniegelenkes und angegebene Schmerzen im linken Knie sowie den Zustand nach Operation eines Karpaltunnelsyndroms beidseits ohne funktionelle Störung.
Am 15. Mai 2014 legte die Klägerin gegen den Bescheid der Beklagten Widerspruch ein. Sie halte sich aufgrund des eigenen Befindens und aus Sicht des Hausarztes für vermindert erwerbsfähig. Aufgrund der Ausprägung des chronischen Schmerzsyndroms in Verbindung mit psychischen Beschwerden dürfte ein aufgehobenes Leistungsvermögen vorliegen. Es beständen starke Ganzkörperschmerzen, die vorrangig den Rücken und die Kniegelenke beträfen und auch in Ruhe vorlägen. Schmerzbedingt seien arbeitsunübliche, frei wählbare Pausen nötig und nur ein unzureichendes Arbeitstempo möglich. Überdies zermürbe sie die Schmerzsymptomatik psychisch dermaßen, dass selbst geringste Belastungen Überforderung und Erschöpfung bedingten. Das internistische sowie das orthopädische Gutachten würden die Schmerzsymptomatik und die psychische Erkrankung unzureichend erfassen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2015 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Ihre dem Ablehnungsbescheid zugrundeliegende sozialmedizinische Leistungsbeurteilung bestätige, dass eine Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichtet werden könne. Auch aus den im Widerspruchsverfahren zusätzlich vorliegenden Unterlagen hätten sich keine weiteren Befunde ergeben, die zu einer Änderung der im Rentenverfahren bereits getroffenen sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung führten.
Die Klägerin hat dagegen am 13. März 20...