Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss eines Anspruchs auf Mehrbedarf bei Laktoseintoleranz
Orientierungssatz
1. Voraussetzung für einen Rechtsanspruch auf Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB 2 ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine besondere Ernährungsform erforderlich macht, deren Kosten höher sind als dies bei Personen ohne eine solche Einschränkung der Fall ist.
2. Durch eine Laktoseintoleranz entsteht kein ernährungsbedingter Mehrbedarf in finanzieller Hinsicht.
3. Selbst bei einer absoluten Laktoseunverträglichkeit ist eine Vollkosternährung ausreichend.
4. Die Mehrbedarfsempfehlungen 2014 sehen bei Laktoseintoleranz keine spezielle Diät vor. Nach allen vorhandenen wissenschaftlichen Untersuchungen führt das Vorliegen einer Laktoseintoleranz nicht zu einem ernährungsbedingten Mehrbedarf.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 7. April 2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Berücksichtigung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfes im Zeitraum von Oktober 2013 bis November 2015 in Höhe von mindestens 30,42 EUR monatlich wegen einer Laktoseintoleranz.
Die 1985 geborene Klägerin bezog seit April 2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Beklagten.
Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin vom 3. September 2013 hin bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 4. September 2013 Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. Oktober 2013 bis 31. März 2014 in Höhe von 515,70 EUR ohne Berücksichtigung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfes. Mit Änderungsbescheid vom 27. September 2013 bewilligte der Beklagte Leistungen für den Zeitraum von Oktober 2013 bis März 2014 unter Wegfall des Mehrbedarfes zur Teilhabe am Arbeitsleben wegen Behinderung, aber weiter ohne Berücksichtigung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfes. Gegen diese Bescheide erhob die Klägerin keinen Widerspruch. Mit weiteren Änderungsbescheiden vom 1. November 2013, 7. November 2013 und 23. November 2013 erfolgte jeweils eine Neuberechnung des Leistungsanspruches der Klägerin für die Zeit ab 1. November 2013. Ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung wurde weiterhin nicht berücksichtigt.
Am 25. November 2013 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten unter Einreichung der "Anlage MEB" die Gewährung eines Mehrbedarfes für kostenaufwändige Ernährung. Dazu legte sie eine Bescheinigung der Fachärztin für Allgemeinmedizin Frau Dr. E. vom 4. November 2013 vor, nach welcher die Klägerin an einer "sonstigen Erkrankung" in Form einer Laktoseintoleranz leide, weshalb für die Zeit vom 4. November 2013 bis 4. November 2014 eine Krankenkost erforderlich sei.
In einer von dem Beklagten eingeholten gutachterlichen Stellungnahme des Gesundheitsamtes des Bezirksamtes Hamburg W. vom 6. Januar 2014 bestätigte die dortige Amtsärztin H. dass Patienten mit einer Milchzuckerunverträglichkeit (Laktoseintoleranz) zwar die Nahrungsmittel meiden müssten, die sie erfahrungsgemäß nicht vertragen. Teure Diätnahrungsmittel seien aus ernährungsmedizinischer Sicht aber nicht erforderlich. Der beantragte Mehrbedarf könne von daher nicht bestätigt werden.
Mit Bescheid vom 16. Januar 2014 lehnte daraufhin der Beklagte die Gewährung eines Mehrbedarfes für Ernährung ab.
Hiergegen erhob die Klägerin am 20. Januar 2014 Widerspruch. Mit diesem verwies sie auf sozialgerichtliche Rechtsprechung, in der ein monatlicher Mehrbedarf von 53,00 EUR befürwortet werde.
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 2014 zurück. Zur Begründung führte er aus, die Ernährung infolge der Laktoseintoleranz sei nicht mit wesentlichen Mehrkosten verbunden und könne von der Regelleistung bestritten werden. Es fehle auch an Ausführungen hinsichtlich des tatsächlichen von der Klägerin behaupteten Kostenaufwands.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 2014 hat die Klägerin durch ihre Bevollmächtigte am 24. Juni 2014 Klage zum Sozialgericht Hamburg erhoben (Az. S 61 AS 2247/14). Zur Begründung führt sie aus, die Klägerin leide seit November 2013 unter einer festgestellten Laktoseintoleranz. Hierbei handele es sich um eine gesundheitliche Beeinträchtigung im Sinne des § 21 Abs. 5 SGB II. Die Beklagte habe eine Prüfung des erforderlichen krankheitsbedingten Mehrbedarfes im Einzelfall der Klägerin nicht festgestellt. Es bedürfe jedenfalls Ersatznahrungsmittel, welche teurer seien als die üblichen Nahrungsmittel. Die Klägerin esse viel Joghurt und Quark sowie Cornflakes mit Buttermilch. Diese müssten durch laktosefreie Produkte ersetzt werden. Die Ersatznahrungsmittel seien um ein Vielfaches teurer als die üblichen Nahrungsmittel. Preisunterschiede von bis zu 50 % oder mehr seien möglich. Bei...