nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Hamburg (Entscheidung vom 21.10.2003; Aktenzeichen S 15 RJ 1082/01) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 21. Oktober 2003 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation streitig.
Die 1963 geborene Klägerin ist gelernte Schuhfachverkäuferin. Nach Zeiten der Arbeitslosigkeit war sie in diesem Beruf von 1984 bis 1886 auch versicherungspflichtig beschäftigt. Von 1987 bis 1993 arbeitete sie, unterbrochen durch eine Zeit der Arbeitsunfähigkeit, als ungelernte Lager- und Versandarbeiterin am Band. Nach der Geburt ihres Kindes im Februar 1993 war sie im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme von Dezember 1998 bis Dezember 2000 als Küchenhilfe beschäftigt. Ab April 2000 bezog die Klägerin Krankengeld. Zurzeit ist sie bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet.
In der Zeit vom 9. August bis 13. September 2000 gewährte die Beklagte der Klägerin eine stationäre Heilbehandlung als medizinische Rehabilitation. Anlässlich der in der Einrichtung durchgeführten Arbeitsberatung beantragte die Klägerin am 17. August 2000 die Gewährung berufsfördernder Leistungen zur Rehabilitation.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 25. Januar 2001 ab. Den hiergegen von der Klägerin erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 30. August 2001 zurück. Zur Begründung führte sie aus: Die Klägerin habe seit 1987 Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne wesentliche Qualifikation ausgeübt und sei in der Lage, derartige Tätigkeiten weiter zu verrichten. Nach Auswertung des Entlassungsberichts der Rehabilitationseinrichtung sei ihre Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weder erheblich gefährdet noch gemindert.
Das Sozialgericht hat die Beklagte nach Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens durch Urteil vom 21. Oktober 2003 zur Neubescheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt. Die Klägerin habe dem Grunde nach Anspruch auf berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation. Ihre Erwerbsfähigkeit sei krankheitsbedingt gemindert. Unter Erwerbsfähigkeit im Sinne von § 10 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 30. Juni 2001 geltenden Fassung sei die Fähigkeit des Versicherten zu verstehen, seine bisherige berufliche Tätigkeit - ggf. auch noch nicht weit zurückliegende Tätigkeiten der letzten Jahre - weiter auszuüben. Leistungen zur Rehabilitation könnten daher nicht mit der Begründung verweigert werden, die Erwerbsfähigkeit sei zwar für die bisherige Tätigkeit, aber nicht für Verweisungstätigkeiten im Sinne der Bestimmungen über die Berufsunfähigkeit gefährdet oder gemindert. Ihre letzte Tätigkeit könne die Klägerin auch nach Auffassung der Beklagten nicht mehr ausüben. Durch berufsfördernde Maßnahmen werde ihre Erwerbsfähigkeit voraussichtlich auch wesentlich gebessert oder wiederhergestellt. Wie der hierzu befragte Gutachter dargelegt habe, könne sich insbesondere die psychische Situation der Klägerin durch Eröffnung neuer beruflicher Möglichkeiten festigen.
Gegen das ihr am 6. März 2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 1. April 2004 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor:
Der Begriff der Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 10 SGB VI beinhalte die Fähigkeit des Versicherten, sich unter Ausnutzung der Arbeitsgelegenheiten, die sich ihm nach seinen Kenntnissen und körperlichen und geistigen Fähigkeiten im ganzen Bereich des wirtschaftlichen Lebens bieten, einen Erwerb zu verschaffen. Da die Klägerin seit 1987 Arbeiten verrichtet habe, die keine Ausbildung oder Anlernung erforderten, sei eine Beschränkung des Begriffs der Erwerbsfähigkeit auf die Ausübung der bisherigen Tätigkeiten als Küchenhilfe oder Lagerarbeiterin nicht gerechtfertigt. Die Klägerin könne jede andere ungelernte Tätigkeit verrichten, die ihrem Leistungsvermögen entspreche. Mit den vorhandenen Kenntnissen und Fähigkeiten sei sie geeignet, Tätigkeiten wie z.B. leichte Pack-, Sortier-, Etikettier- und Montagearbeiten auszuüben. Es würde der Gleichheitsgrundsatz verletzt, wenn einerseits einem ungelernten Versicherten, der noch leichtere ungelernte Tätigkeiten leisten könne, also auf der Ebene seiner Fähigkeiten und Kenntnisse erwerbsfähig sei, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gewährt würden, andererseits von einem gelernten Versicherten verlangt werde, in seinem Beruf in einem anderen Bereich mit leichteren Arbeiten tätig zu werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 21. Oktober 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und betont nochmals die Notwendigkeit einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird ...