Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückerstattungsanspruch. Ausschlußfrist. Leistungsanmeldung
Leitsatz (amtlich)
Eine rechtswirksame Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs gemäß § 105 SGB 10 liegt nur dann vor, wenn die Umstände, die im Einzelfall für die Entstehung des Anspruchs maßgeblich sind und der Zeitraum, für den die Sozialleistungen erbracht worden sind, hinreichend konkret mitgeteilt wurden (Abweichung von LSG Saarbrücken vom 24.3.1998 - L 2 U 86/97).
Orientierungssatz
1. Der Erstattungsanspruch entsteht in dem Zeitpunkt, in dem der unzuständige Leistungsträger die Sozialleistungen nach dem für ihn maßgeblichen Recht an den Versicherten bewirkt hat (vgl BSG vom 25.4.1989 - 4/11a RK 4/87 = SozR 1300 § 111 Nr 6 = BSGE 65, 31).
2. Die in § 111 S 1 SGB 10 verwendete Formulierung "für den die Leistung erbracht wurde" beinhaltet ein Mehr als nur die Leistungsanmeldung dem Grunde nach. Denn eine Leistung kann nur dann erbracht worden sein, wenn sie zuvor vom unzuständigen Leistungsträger hinsichtlich der Art, der Höhe als auch der Dauer nach bestimmt worden ist.
3. Bei der in § 111 SGB 10 genannten Frist handelt es sich um eine von Amts wegen zu beachtende gesetzliche Ausschlußfrist, die nicht zur Disposition der Versicherungsträger steht.
4. Der Umstand, daß der Leistungsträger zunächst irrtümlich den Erstattungsanspruch befriedigte und nach Kenntnis seines Irrtums den gezahlten Betrag von dem anderen Leistungsträger zurückfordert, kann schon deshalb nicht treuwidrig sein, weil § 112 SGB 10 gerade einen Erstattungsvorgang nach §§ 102 bis 105 voraussetzt, bei dem sich nachträglich herausstellt, daß dieser nicht hätte durchgeführt werden dürfen, weil eine Erstattungspflicht nicht bestanden hatte.
5. Eine Verpflichtung darauf hinzuweisen, daß der angemeldete Erstattungsanspruch nicht den Anforderungen entspricht läßt sich weder aus dem Amtsermittlungsgrundsatz (§ 20 SGB 10) noch aus dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 86 SGB 10) herleiten.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin einen Anspruch auf Rückerstattung von noch DM 9.881,64 gegen die Beklagte hat.
Aufgrund eines Arztberichtes von Dr. D leitete die Klägerin im Dezember 1992 Ermittlungen darüber ein, ob bei der Beigeladenen wegen einer Hauterkrankung (kontaktallergisches Ekzem der Hände) die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit vorlägen. Mit ihrer Unfallanzeige nach § 1503 Reichsversicherungsordnung (RVO) vom 10. Mai 1993 (Eingang bei der Klägerin am 17. Mai 1993) meldete die Beklagte, bezogen auf eine am 22. März 1993 festgestellte Arbeitsunfähigkeit der Beigeladenen, einen Erstattungsanspruch wegen einer Berufskrankheit dem Grunde nach an. Mit Schreiben vom 23. Juni 1993 bat sie die Klägerin um Mitteilung, ob die Erkrankung als Folge einer Berufskrankheit anerkannt würde und ggf. ab welchem Zeitpunkt. Die Klägerin antwortete daraufhin mit Schreiben vom 5. Juli 1993, dass "Ihr Schreiben und Erstattungsanspruch hier eingegangen, eine Erledigung noch nicht möglich" sei, weil die Ermittlungen noch nicht hätten abgeschlossen werden können. Die Beklagte übersandte an die Klägerin weiterhin Abrechnungen über Gesamt-Sozialversicherungs-Beiträge der Beigeladenen für die Zeit vom 20. April bis 30 Juni 1993, welche bei der Klägerin am 4. Juni, 7. Juli und 6. August 1993 eingingen.
Mit Bescheid vom 21. Juli 1994 erkannte die Klägerin die Hauterkrankung der Beigeladenen als Berufskrankheit gemäß Ziffer 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) an und setzte als Eintritt des Versicherungsfalls den 22. März 1993 fest. Eine Abschrift dieses Bescheides ging bei der Beklagten am 22 Juli 1994 ein.
Diese meldete mit Schreiben vom 16. Februar 1995, eingegangen bei der Klägerin am 22. Februar 1995, einen Erstattungsanspruch in Höhe von insgesamt DM 9.881,64 an, der sich aus Krankengeldzahlungen in der Zeit vom 20. bis 26. April sowie vom 29. April bis 30. September 1993 in Höhe von DM 8.822,91, Rentenversicherungsbeiträgen in Höhe von DM 772,00 und Beiträgen zur Bundesanstalt für Arbeit in Höhe von DM 286,73 zusammensetzte. Der Gesamtbetrag wurde am 13.03.1995 von der Klägerin an die Beklagte überwiesen.
Mit Schreiben vom 06.09.1995 forderte die Klägerin von der Beklagten die Rücküberweisung des gezahlten Betrages. Der Erstattungsanspruch sei versehentlich erfüllt worden. Dieser sei jedoch gemäß § 111 des 10. Sozialgesetzbuch (SGB X) ausgeschlossen. Die Beklagte habe den Anspruch nämlich "konkret" erst am 22. Februar 1995 und somit nach Ablauf der Ausschlussfirst geltend gemacht. Die Beklagte lehnte die Rückerstattung ab unter Hinweis auf ihre Unfallanzeige nach § 1503 RVO vom 10. Mai 1993, mit der sie ihre Erstattungsansprüche bereits angemeldet habe.
Daraufhin hat die Klägerin am 12. Juni 1997 Klage erhoben. Bereits am 23 April 1996 hatte sie eine weitere Klage beim Sozialgericht Hamburg (Az.: 25 U 168/96) gegen die Beklagte erhoben, mi...