nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Hamburg (Entscheidung vom 20.03.2003; Aktenzeichen S 32 KR 27/02)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 20. März 2003 geändert. Es wird festgestellt, dass der Kläger berechtigt ist, in Deutschland Sachleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung unter der Voraussetzung in Anspruch zu nehmen, dass kein Versicherungsschutz durch den belgischen Sozialversicherungsträger besteht. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Inanspruchnahme von Krankenversicherungsleistungen der Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland auf Versicherungskarte bei Wohnsitz des Klägers in Belgien streitig.

Der XXXX.XXXXXXX 1911 geborene Kläger bezieht eine Rente aus der Bundesrepublik Deutschland und ist als Rentner bei der Beklagten pflichtversichert. Er lebt (zusammen mit seiner Ehefrau) in Belgien. In dem Bescheid vom 10. August 2001 führte die Beklagte aus, wegen des Wohnsitzes in Belgien hätte die Ehefrau des Klägers keinen direkten Leistungsanspruch gegen sie. Dieser ruhe. Es könnten entsprechend dem europäischen Recht Sachleistungen nur vom Träger der Sozialversicherung am Wohnort gewährt werden. Hierzu müsse bei diesem eine Eintragung vorgenommen werden. Die erneute Ausstellung einer Chipkarte komme deswegen nicht in Betracht. Auf telefonische Aufforderung durch die Beklagte gab der Kläger die ihm ausgestellte neue Chipkarte an diese zurück. Unter dem 24. Januar 2002 erstreckte die Beklagte die Wirkung des Bescheides vom 10. August 2001 auch auf den Kläger und wies mit Widerspruchsbescheid vom 28. März 2002 seinen Widerspruch zurück.

Der ursprünglich als Untätigkeitsklage erhobenen, nach Erteilung des Widerspruchsbescheides innerhalb der Drei-Monats-Frist als Anfechtungs- und Feststellungsklage umgestellten Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 20. März 2003 stattgegeben. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16. Juni 1999 (B 1 KR 5/98 R, BSGE 84, 98) gestützt.

Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die in ihren Bescheiden geäußerte Rechtsauffassung sei zutreffend. Zu Unrecht habe das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 3. Juli 2003 (C-156/01-van der Duin/van Wegberg- van Brederorde, SozR 4-6050 Art 22) bestätige, dass Leistungen nur vom Krankenversicherungsträger des Wohnortes beansprucht werden könnten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 20. März 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt ausweislich seiner Schriftsätze sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, die erstinstanzliche Entscheidung sei zutreffend. Zwar hätte er auf Druck der Beklagten hin inzwischen eine Einschreibung beim belgischen Versicherungsträger vorgenommen. Dies dürfe ihm jedoch nicht zum Nachteil gereichen. Er wolle - wie auch schon in der Vergangenheit ausschließlich praktiziert - nur Krankenversicherungsleistungen (als Sachleistungen) in der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch nehmen.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die in der Sitzungsniederschrift vom 10. März 2004 aufgeführten Akten und Unterlagen verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Trotz des Nichterscheinens des Klägers und seines Bevollmächtigten zum Verhandlungstermin konnte der Senat den Rechtstreit entscheiden, weil der Bevollmächtigte des Klägers ausweislich des Zustellnachweises ordnungsgemäß vom Termin benachrichtigt und darauf hingewiesen worden ist, dass auch im Falle des Ausbleibens entschieden werden könne (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten (vgl. §§ 143, 144, 151 SGG) ist zum Teil begründet. Der Kläger hat trotz seines Wohnsitzes in Belgien grundsätzlich als Versicherter der Beklagten einen Anspruch auf Gewährung von Krankenversicherungsleistungen in der Bundesrepublik Deutschland auch als Sachleistung auf Versicherungskarte. Zu einer Eintragung beim belgischen Krankenversicherungsträger ist er nicht verpflichtet. Solange er jedoch bei diesem eingetragen ist, kann er Leistungen im Bundesgebiet nur nach Genehmigung dieses Leistungsträgers und im Umfang beschränkt auf die nach belgischem Recht zustehenden Leistungen in Anspruch nehmen.

Mit der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage begehrt der Kläger ausweislich seiner Schriftsätze sinngemäß festzustellen, dass er - entgegen der in den Bescheiden der Beklagten geäußerten Rechtsansicht - nicht auf Leistungen des belgischen Krankenversicherungsträgers verwiesen werden kann sowie weiter berechtigt ist, in der Bundesrepublik Deutschland Krankenversicherungsleistungen der Beklagten auch als Sachleistung auf Ver...

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