Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosen- und Rentenversicherung. Versicherungsfreiheit. Vorstandsmitglied. ausländische Aktiengesellschaft mit Zweigniederlassung in der Bundesrepublik Deutschland
Orientierungssatz
Die Vorschriften über die Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosen- und Rentenversicherung von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft sind auch auf ein Vorstandsmitglied einer ausländischen Aktiengesellschaft, das in einer Zweigniederlassung in der Bundesrepublik Deutschland arbeitet, analog anzuwenden.
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Versicherungspflicht des Klägers in der Arbeitslosen- und Rentenversicherung seit dem 29. Dezember 2003 im Streit.
Der Kläger ist seit dem 26. September 1996 als Leiter der Zweigniederlassung Hamburg der BGI B. G. AG Insurance Brokers (G. AG) beschäftigt. Ihm ist hierfür Prokura gemeinsam mit einem anderen Prokuristen erteilt. Die G. AG ist eine Aktiengesellschaft nach schweizerischem Recht mit Sitz in Z./Schweiz. Seit dem 29. Dezember 2003 ist der Kläger als Mitglied des Verwaltungsrates der G. AG im Handelsregister Z. eingetragen.
Unter dem 17. Juni 2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten die versicherungsrechtliche Beurteilung seiner Tätigkeit bei der Zweigniederlassung Hamburg. Er wies auf seinen Prokuristen-Anstellungsvertrag vom 22. September 1996 hin sowie darauf, dass er ein von der Ertragslage des Unternehmens abhängiges Gehalt von derzeit monatlich 8.300 EUR erhalte, welches im Falle der Arbeitsunfähigkeit auf die Dauer von sechs Wochen weitergezahlt werde. Ferner erhalte er eine Gewinnbeteiligung.
Mit Bescheid vom 7. August 2003 stellte die Beklagte fest, dass er Kläger seit dem 26. September 1996 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis als Arbeitnehmer stehe und deshalb der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliege, während er auf Grund seines monatlichen Einkommens in der Kranken- und Pflegeversicherung von der Versicherungspflicht befreit sei. Den hiergegen fristgerecht erhobenen Widerspruch, mit dem der Kläger auf seine Mitgliedschaft im Verwaltungsgrat der G. AG hingewiesen und die Auffassung vertreten hatte, der Verwaltungsrat der Aktiengesellschaft nach schweizerischem Recht stehe dem Vorstand einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht gleich, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. September 2004 zurück. Der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen der Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung nach § 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 27 Abs. 1 Nr. 5 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III), weil er nicht Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft sei. Die seit dem 29. Dezember 2003 bestehende Verwaltungsratsmitgliedschaft bei der G. AG stehe einer Vorstandsmitgliedschaft im Sinne des Aktiengesetzes nicht gleich.
Das Sozialgericht hat der daraufhin fristgerecht erhobenen Klage durch Urteil vom 1. November 2005 stattgegeben und den angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids antragsgemäß insoweit aufgehoben, als dort festgestellt wurde, das der Kläger auch im Zeitraum ab 29. Dezember 2003 der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliege. Mitglieder des Verwaltungsrates einer Aktiengesellschaft nach schweizerischem Rechts stünden den Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht rechtlich gleich. Die Regelungen des § 1 Satz 4 SGB VI und § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III seien deshalb auf den Fall des Klägers analog anzuwenden.
Mit ihrer fristgerecht eingelegten Berufung trägt die Beigeladene zu 1 vor, § 1 Satz 4 SGB VI erfasse nur inländische Aktiengesellschaften. Organmitglieder eines ausländischen Unternehmens, das nicht als Aktiengesellschaft im Sinne des deutschen Aktienrechts in das inländische Handelsregister eingetragen sei, seien Mitgliedern des Vorstandes einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht nicht gleichgestellt. Zwar werde die Vorschrift nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts über ihren Wortlaut hinaus noch auf die Vorstandsmitglieder großer Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit angewendet. Dies habe das Bundessozialgericht aber nur deshalb für geboten erachtet, weil solche Vorstandsmitglieder durch eine Reihe von Vorschriften des (deutschen) Versicherungsaufsichtsgesetzes den Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften rechtlich gleichgestellt seien. Das sei bei Organmitgliedern eines ausländischen Unternehmens nicht der Fall. Auch unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks des § 1 Satz 4 SGB VI werde deutlich, dass ausländische Aktiengesellschaften von dieser Regelung nicht erfasst würden. Das Schutzbedürfnis der Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften werde verneint, weil diese zu den "großen" Gesellschaften gehörten und ihre Vors...