Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung der notwendigen Unterkunftskosten bei einem selbst genutzten Hausgrundstück. Leistungen für Unterkunft und Heizung. Wohneigentum. Tilgung eines Darlehens. Vermögensbildung. Aktuelle Existenzsicherung
Orientierungssatz
1. Zu den Unterkunftskosten für ein selbst genutztes Hausgrundstück nach § 22 Abs. 1 SGB 2 zählen alle notwendigen Ausgaben, die bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen sind. Hierzu gehören insbesondere Darlehenszinsen und Nebenkosten, wie Beiträge zur Wohngebäudeversicherung, Grundsteuer, Wasser- und Abwassergebühren und ähnliche Aufwendungen im jeweils maßgeblichen Bewilligungszeitraum. Eine Privilegierung des Eigentümers gegenüber dem Mieter findet nicht statt, vgl. BSG, Urteile vom 23. August 2011 - B 14 AS 91/10 R und vom 16. Februar 2012 - B 4 AS 14/11 R.
2. Die Gleichstellung von Eigentümer und Mieter hat nicht zur Folge, dass Tilgungsleistungen eines Wohnungseigentümers als Kosten der Unterkunft so weit anzuerkennen wären, wie sie der Höhe nach auch im Verhältnis zu vergleichbarem Mietwohnraum angemessen wären. Die Leistungen des SGB 2 sind auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und dienen nicht der Vermögensbildung.
Normenkette
SGB II § 22 Abs. 1 S. 1
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob der Beklagte den Klägern höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu bewilligen hat.
Die Kläger beziehen seit 2005 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie bewohnen ein im Eigentum der Kläger zu 1 und 2 stehendes Einfamilienhaus. Diese hatten im Jahr 1991 einen durch Grundpfandrecht gesicherten Bankkredit aufgenommen und damit Baumaßnahmen an dem Haus finanziert. Mit mehrfach - zuletzt am 12. Mai 2011 - geänderten Bescheid vom 22. November 2010 bewilligte der Beklagte den Klägern am für die erste Jahreshälfte unter anderem Leistungen für Unterkunft und Heizung, allerdings ohne Berücksichtigung der von den Klägern zu erbringenden Kredittilgungszahlungen. Die Kläger erhoben Widerspruch, der mit Bescheid vom 12. Juli 2011 zurückgewiesen wurde.
Am 11. August 2011 haben die Kläger vor dem Sozialgericht Hamburg Klage erhoben mit dem Ziel, eine Anrechnung auch der Tilgungsleistungen für den Bankkredit zu erreichen: Der Kredit sei aufgenommen worden, um umfangreiche Reparaturen zu finanzieren, mit denen die Bewohnbarkeit des Hauses durch die Familie hergestellt worden sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 11. März 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Gründen heißt es, die Kläger hätten den Streitgegenstand zulässigerweise auf die Kosten der Unterkunft beschränkt, sie hätten jedoch keinen Anspruch auf die Erstattung höherer Kosten. Grundsätzlich gehörten zu den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung keine Tilgungsraten. Die Leistungen nach dem SGB II seien auf aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollten nicht der Vermögensbildung dienen. Eine solche träte aber durch Berücksichtigung der Tilgungsraten auch im vorliegenden Falle ein. Allerdings sei anerkannt, dass Tilgungsleistungen als Bestandteil der Finanzierungskosten selbst genutzten Wohneigentums ausnahmsweise bis zur Höhe der angemessenen Kosten einer Mietwohnung zu übernehmen sein könnten. Unabhängig davon, dass im vorliegenden Fall das durch Briefgrundschuld gesicherte Darlehen nicht für den Erwerb einer Immobilie aufgenommen worden sei, sondern um Reparaturmaßnahmen an dem selbst bewohnten Haus vorzunehmen, lägen die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung der Tilgungsleistungen hier schon deshalb nicht vor, weil nicht zu erkennen sei, dass ohne deren Übernahme der Verlust des selbstgenutzten Wohneigentums drohe. Die Kläger hätten diese seit dem Jahre 2005 stets aus eigenen Kräften übernommen. Eine abstrakte Gefährdung, die aus einer Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung abgeleitet werden könnte, genüge nicht. Auch eine Berücksichtigung der Tilgungsleistungen als unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur nach § 22 Abs. 2 S. 1 SGB II scheide aus, da die Aufwendungen nicht im Bedarfszeitraum, sondern viele Jahre vor dem Bezug von Leistungen nach dem SGB II getätigt worden seien.
Der Gerichtsbescheid ist den Klägern am 14. März 2013 zugestellt worden. Am 10. April 2013 haben sie Berufung eingelegt. Die Kläger argumentieren, der Einwand der Vermögensbildung widerspräche dem Gleichheitssatz, da im Falle einer Mietwohnung durch den Mieter nicht nur der steigende Vermögenswert, sondern darüber hinaus auch noch eine kalkulatorische Rendite gesichert werde. Hier werde also über die Existenzsicherung hinaus aktive Vermögensmehrung der Vermieter durch Zahlung der Mietkosten anerkannt. Da der Gesetzgeber selbstgenutzte Eigenheime bewusst im Sinne einer Existenzsicherung unter Schutz gestellt habe, könne eine Gleichstellung von Ha...