Entscheidungsstichwort (Thema)
Herabsetzung des GdB für eine Brustkrebserkrankung nach Ablauf der Heilungsbewährung. Wesentliche Änderung. Funktionseinschränkungen
Orientierungssatz
Der Ungewissheit des Heilungsverlaufs nach einer Krebserkrankung mit den damit verbundenen psychischen Belastungen wird im Schwerbehindertenrecht durch eine Höherbewertung des GdB Rechnung getragen. Der GdB ist daher nach rückfallfreiem Ablauf der Krebserkrankung herabzusetzen; mit Ablauf der Heilungsbewährung tritt eine objektive Besserung des Gesundheitszustandes ein (BSG Urteil vom 09. August 1995, 9 RVs 14/949). Nach VersMedV Teil B 14.1 beträgt die Zeit der Heilungsbewährung nach Entfernung eines Brustdrüsenkarzinoms zwei Jahre.
Normenkette
SGB IX § 2 Abs. 1 S. 1, § 69 Abs. 1; SGB X § 48 Abs. 1 S. 1
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Herabsetzung des bei der Klägerin zunächst anerkannten Grades der Behinderung (GdB).
Bei der 1954 geborenen Klägerin wurde im August 2009 ein duktales Carcinoma in situ (DCSI) der linken Brust festgestellt, welches am 3. September 2009 operativ entfernt wurde. Am 23. September 2009 stellte sie bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung einer Behinderung und des GdB. Die Beklagte forderte Befundberichte ihrer behandelnden Ärzte an und stellte nach deren Auswertung durch den versorgungsärztlichen Dienst mit Bescheid vom 1. Februar 2010 einen GdB von 60 fest. Hierbei berücksichtigte sie die Brustdrüsenerkrankung links in Heilungsbewährung mit einem Einzel-GdB von 50 und einen Knieknorpelschaden beidseits mit einem Einzel-GdB von 30. In der Begründung des Bescheides wies sie darauf hin, dass hinsichtlich der Brustdrüsenerkrankung links in Heilungsbewährung im September 2011 eine Nachprüfung vorgesehen sei. Die Gesundheitsstörung werde zunächst mit einem höheren GdB bewertet, nach Ablauf der Heilungsbewährung werde der GdB überprüft und entsprechend der dann vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen festgesetzt.
Das Überprüfungsverfahren wurde im Oktober 2012 eingeleitet. Nach der Einholung von aktuellen Befundberichten hörte die Beklagte die Klägerin zu der beabsichtigten Herabsetzung ihres GdB auf 30 an, worauf die Klägerin mitteilte, dass nach Auffassung ihres Gynäkologen Dr. K. eine Heilungsbewährung von fünf Jahren anzunehmen sei. Die Beklagte forderte daraufhin einen weiteren Befundbericht von Dr. K. an, in dem es heißt, dass nach der Brustoperation ein sehr gutes kosmetisches Ergebnis bestehe, die Wunde reizlos und der Palpationsbefund unauffällig sei. Das Auftreten eines Rezidivs wird nicht berichtet.
Die Beklagte holte des Weiteren zwei gutachtliche Stellungnahmen von Dr. K1 vom versorgungsärztlichen Dienst ein, in denen ein beidseitiger Knieknorpelschaden mit leichtgradigen Bewegungseinschränkungen geschildert und hierfür ein GdB von 30 empfohlen wurde.
Mit Neufeststellungsbescheid vom 7. März 2014 änderte die Beklagte den Bescheid vom 1. Februar 2010 dahingehend ab, dass ab dem 13. März 2014 nur noch ein GdB von 30 anerkannt wurde. Zur Begründung führte sie aus, dass die Heilungsbewährung für das DCIS zwei Jahre betragen habe. Nach Ablauf dieses Zeitraums werde der GdB für diese Gesundheitsstörung nur noch von dem verbliebenen Organschaden bzw. der verbliebenen Leistungsbeeinträchtigung bestimmt. Diese Gesundheitsstörung bedinge keinen GdB von mindestens 10. Es bestehe daher lediglich ein Einzel-GdB von 30 für den Knieknorpelschaden beidseits sowie ein Einzel-GdB von 10 für eine Funktionsstörung der Wirbelsäule. Da die Einzel-GdB-Werte nicht zu addieren seien, ergebe sich ein Gesamt-GdB von 30.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und machte geltend, von einer Heilungsbewährung könne nicht ausgegangen werden, da es sich um einen bösartigen Krebs gehandelt habe.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte einen Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. K2 sowie ein Gutachten der Fachärztin für Orthopädie Dr. F. ein. Diese kam nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 29. Januar 2015 in ihrem Gutachten vom 27. Februar 2015 zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin eine Funktionsstörung der Halswirbelsäule bei Spinalkanalstenosen ohne Wurzelreizerscheinungen oder neurologische Ausfälle leichten Grades bestehe, die mit einem Einzel-GdB von 10 angemessen bewertet sei. Die Beweglichkeit der Kniegelenke bei Arthrose und Zustand nach Arthroskopie links 2000 und rechts 2011 sei schmerzhaft eingeschränkt, rechts mit anhaltenden Reizerscheinungen, sodass der GdB hierfür höher als bisher mit 40 einzustufen sei. Die verschlechterte Funktion sei erst bei der Untersuchung festgestellt worden und lasse sich nach den vorliegenden Unterlagen zeitlich nicht zuordnen. Es werde ein Gesamt-GdB von 40 empfohlen.
Die Beklagte teilte daraufhin mit Bescheid vom 5. März 2015 mit, dass der GdB ab 29. Januar 2015 nur noch auf 40 herabgesetz...