Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen dem Träger der Grundsicherung und dem der Arbeitsförderung für Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung
Orientierungssatz
1. Nach § 81 Abs. 1 S. 1 SGB 3 können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung nach den dort benannten Voraussetzungen durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden.
2. Steht der Antragsteller nicht mehr im Leistungsbezug der Agentur für Arbeit und hat er auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, so ist die sachliche Zuständigkeit des Trägers der Arbeitslosenversicherung für Leistungen der Weiterbildung nach § 81 SGB 3 gemäß § 22 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 SGB 3 ausgeschlossen.
3. Für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit ist seit 14.08.2020 der Grundsicherungsträger gemäß §§ 14 ff. SGB 2 zuständig. Ein tatsächlicher Leistungsbezug nach dem SGB 2 ist nach § 22 Abs. 4 SGB 3 nicht erforderlich. Eine nachrangige Zuständigkeit der Agentur für Arbeit besteht nicht. Vielmehr tritt nach § 22 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 SGB 3 eine Sperrwirkung für Leistungen zur beruflichen Weiterbildung nach dem Vierten Abschnitt des SGB 3 ein.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Förderung einer Weiterbildung zur Gesundheits- und Pflegeassistentin.
Die Klägerin stand im Leistungsbezug bei der Beklagten. Mit Änderungsbescheid vom 26. April 2016 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 12. März 2016 bis zum 10. November 2016 Arbeitslosengeld mit einem täglichen Leistungssatz i.H.v. 39,80 €.
Mit Aufhebungsbescheid vom 28. September 2016 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 8. September 2016 auf. Grund war das Ende der Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall. Vom 8. September 2016 bis 30. September 2016 bezog die Klägerin von der zuständigen Krankenkasse Krankengeld. Nach Mitteilung der DAK-Gesundheit vom 4. Mai 2020 ruhte das Krankengeld in der Zeit vom 1. Oktober 2016 bis zum 4. Dezember 2016 wegen verspäteter Meldung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Vom 5. Dezember 2016 bis zum 24. Januar 2018 bezog die Klägerin wiederum Krankengeld.
Am 24. Januar 2018 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten persönlich arbeitslos. Mit Schreiben vom 4. Mai 2018 machte sie geltend, dass für den Fall, dass eine Arbeitslosmeldung am 24. Januar 2018 erfolgt sei, diese gelöscht werden solle. Sie habe sich wegen Erkrankung nicht arbeitslos gemeldet. Gegen ihren Willen dürfe ein Mitarbeiter der Beklagten sie nicht arbeitslos melden.
Seit dem 26. Februar 2018 bezog die Klägerin Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom zuständigen Jobcenter.
In der Folgezeit begehrte die Klägerin von der Beklagten Beratung, ob ein neuer Anspruch auf Arbeitslosengeld entstanden sei und sie von ihrem Dispositionsrecht Gebrauch machen und den Anspruch zu einem späteren Zeitpunkt geltend machen könne. Mit Schreiben vom 27. Februar 2020 erklärte die Beklagte der Klägerin die Leistungsangelegenheit. Sie bot an, dass die persönliche Vorsprache zum 25. Januar 2018 rückwirkend als Arbeitslosmeldung mit Antragstellung gewertet werden könne. Sollte die Klägerin keine rückwirkende Antragstellung zum 25. Januar 2018 wünschen, sei zu beachten, dass der Restanspruch auf Arbeitslosengeld von 63 Tagen nur noch bis 12. März 2020 geltend gemacht werden könne.
Mit Schreiben vom 30. April 2020 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie gerne eine Berufsqualifikation in der Pflege erwerben würde. Die G.-Schule führe eine Umschulung zur Gesundheits- und Pflegeassistenz im Rahmen einer verkürzten Ausbildung durch. Sie sei bereit, sich sowohl testen als auch medizinisch untersuchen zu lassen.
Die Beklagte nahm Kontakt mit der G.-Altenpflegeschule auf. Dies ergab, dass zwei laufende Kurse angeboten würden (Ende Dezember 2020 oder Mai 2021). Es müsse geprüft werden, welche Abschnitte der Ausbildung die Klägerin noch durchlaufen müsse. Wegen des Einstiegs in eine laufende Maßnahme bedürfe es des Nachweises der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz H., um abzustimmen, welche Vorerfahrungen aus früheren berufliche Tätigkeiten bzw. Studium anerkannt werden könnten. Es folgte sodann diverser E-Mail-Austausch zwischen der Klägerin und der Beklagten. Mit Schreiben vom 11. Mai 2020 beantragte die Klägerin erneut einen Bildungsgutschein, um in der Pflege den Berufsabschluss nachholen zu können. Sie stelle sich allen Testungen zur Verfügung, aber solche fänden nicht statt. Auch erhalte sie keine Beratung.
Mit Schreiben 11. Mai 2020 hat die Klägerin einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht auf Bewilligung einer Umschulung zur Gesundheits- und Pflegeassistentin (S 14 AL 193/20 ER) und Klage beim Sozialgericht erhoben (S 14 AL 196/20)...