Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermittlungsgutschein. Rechtsnatur. Vergütungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers. keine nachträgliche Unwirksamkeit wegen Nichtvorliegens einer Anspruchsvoraussetzung. Aufhebungs- bzw Rücknahmeentscheidung
Orientierungssatz
1. Bei dem Vermittlungsgutschein gem § 421g SGB 3 handelt es sich um einen Verwaltungsakt iS von § 31 SGB 10, auf dessen Erlass der Arbeitnehmer bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Rechtsanspruch hat.
2. Von den Wirkungen des bestandskräftigen Vermittlungsgutscheins als begünstigendem Verwaltungsakt kann sich die ausstellende Behörde nur unter den Voraussetzungen der §§ 45 ff SGB 10 lösen, soweit er sich nicht anderweitig, zB durch Zeitablauf, erledigt.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Klage- und des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist ein Anspruch auf Auszahlung der 1. Rate aus einem Vermittlungsgutschein.
Am 27.5.2010 stellte die Beklagte für die zu diesem Zeitpunkt arbeitslos gemeldete und Arbeitslosengeld beziehende Beigeladene einen Vermittlungsgutschein über 2000 EUR nach § 421g SGB III des Sozialgesetzbuchs Drittes Buch (SGB III) in der damals geltenden Fassung mit einem Gültigkeitszeitraum vom 27.5. bis 25.8.2010 aus. Hierin hieß es u.a.:
Der oben angegebene Betrag wird an einen von Ihnen eingeschalteten privaten Vermittler gezahlt, wenn Sie von ihm in ein Beschäftigungsverhältnis vermittelt wurden. Die Zahlung erfolgt in Höhe von 1000 Euro nach einer sechswöchigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses. Der Restbetrag wird gezahlt, wenn das Beschäftigungsverhältnis mindestens sechs Monate gedauert hat.
Die Vergütung wird nur gezahlt, wenn - es sich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich handelt, - von vornherein eine Beschäftigungsdauer von mindestens drei Monaten vereinbart wurde, - Sie bei demselben Arbeitgeber während der letzten vier Jahre vor der Arbeitslosmeldung nicht oder nicht länger als drei Monate versicherungspflichtig beschäftigt waren, - der von Ihnen eingeschaltete Vermittler nicht bereits von der Agentur für Arbeit mit ihrer Vermittlung beauftragt ist, - Sie vor der Vermittlung mit dem Vermittler einen schriftlichen Vermittlungsvertrag geschlossen haben, - der Vermittler aufgrund dieses Vertrages gegen Sie einen Anspruch auf eine Vermittlungsvergütung hat und - der Vermittler nachweist, dass er die Arbeitsvermittlung als Gegenstand seines Gewerbes angemeldet hat.
Am 30.6.2010 schloss die Beigeladene mit der Klägerin, die ein Unternehmen der privaten Arbeitsvermittlung betreibt und dies als Gegenstand ihres Gewerbes angezeigt hat, einen schriftlichen Vermittlungsvertrag nach § 296 i.V.m. 297 SGB III in den damals geltenden Fassungen (a.F.), mit dem die Klägerin mit der Vermittlung einer Arbeitsstelle als Produktionshelferin, Kommissioniererin oder Lagerhelferin beauftragt wurde.
Auf Vermittlung der Klägerin schloss die Beigeladene am 14.7.2010 für die Zeit vom 19.7. bis 17.12.2010 einen Arbeitsvertrag mit der K. GmbH & Co. OHG, bei der sie vorher nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen war.
Nachdem die Beigeladene am 19.7.2010 die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufgenommen hatte, beantragte die Klägerin bei der Beklagten am 7.9.2010 die Auszahlung der ersten Rate des Vermittlungsgutscheins vom 27.5.2010. Neben dem Antragsformular, mit dem sie erklärte, dass sie von der Beklagten nicht mit der Vermittlung der Beigeladenen beauftragt worden sei und sie und ihre Vertreter, Mitarbeiter etc. in keiner Weise wirtschaftlich oder personell mit dem Arbeitgeber verflochten seien, legte sie den Vermittlungsgutschein, den Vermittlungsvertrag mit der Beigeladenen, die Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung des Arbeitgebers sowie die am Tag der Vermittlung gültige Gewerbeanmeldung für eine Tätigkeit als Arbeitsvermittler vor.
Nachdem die Beklagte festgestellt hatte, dass die Beigeladene vom 25.4. bis 28.5.2010 in einer nicht angezeigten versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden hatte, und sie deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit deren Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung für die Vergangenheit ab 26.4.2010 aufgehoben hatte, lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, dass kein gültiger Vermittlungsgutschein vorliege; die Beigeladene habe keinen Anspruch auf Ausstellung des Vermittlungsgutscheins gehabt, da sie zum Zeitpunkt der Ausstellung nicht arbeitslos gewesen sei und somit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt habe (Bescheid vom 9.9.2010, Widerspruchsbescheid vom 27.9.2010). Der Beigeladenen teilte die Beklagte mit, sie müsse damit rechnen, dass die Klägerin die Zahlung der Vergütung von ihr verlange.
Am 13....